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Endspurt & Finale beim Filmfest München 2015

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Beim Empfang der Bozner Filmtage drängten sich die aktuellen (und ehemaligen) Leiter der Film-Festivals im alpinen Raum.

Spotlight- & Independents-Zwischenstand beim Filmfest München ´15
Der Sommer zeigt sich endlich von seiner besten Seite – inclusive voller Kinos. Echte Filmfans, und davon hat München reichlich, lassen sich von Badewetter, Biergarten & lauen Nächten offenbar nicht davon abbringen, Filme aus aller Welt zu sehen und dabei einen Blick auf fremde Kulturen zu riskieren. Zum Beispiel nach Argentinien, das neben Brasilien die mächtigste Filmindustrie Südamerikas hat und das in diesem Jahr gleich mit vier Filmen & internationalen Koproduktionen auf dem Münchner Filmfest vertreten ist. In den 90er Jahren trat in Argentinien ein Filmfördergesetz in Kraft, das die Einspielerlöse kommerzieller Produktionen – insbesondere aus dem Verleih von Hollywood-Filmen – zur Förderung des künstlerischen Films besteuerte: ein System mit durchschlagendem Erfolg. So kehrt Regisseur Martìn Rejtman wiederholt nach München zurück, dieses Jahr mit seinem neuesten Werk "Dos Disparos – Zwei Schüsse", ein Porträt der argentinischen Mittelschicht auf dem Grad zwischen Drama und Komödie. Poetisch in Bild und Ton erzählt "Una Noche sin Luna" drei Episoden um Einsamkeit & verlorene Illusionen an einem Silvestertag in der uruguayischen Provinz, ist tatsächlich jedoch großteils in der argentinischen Filmstadt Còrdoba gedreht
worden. Angemessen `downbeat´ & damit wunderbar passend zum melancholischen Grundton des Films klingt der Score von Bruno Boselli und Gaston Otero, während eine Szene mit Tom Waits' Ballade "Lullaby" unterlegt ist. „Wir hätten nie gedacht, dass wir wirklich die Rechte für diese Ballade bekommen würden, aber Tom Waits gefiel unser Film – er wollte ihn vorab sehen – und so kam "Lullaby" in unseren kleinen Film”, erzählt Regisseur Germàn Tejeira beim abschließenden Q&A.

Spotlight Frauen-Power
Außergewöhnliche Geschichten aus eher unbekannten Filmländern gab es in der Reihe Spotlights zu entdecken. In "Alias Maria" streifen vier Guerilleros durch den kolumbianischen Dschungel. Sie sollen das Baby des Kommandanten in die nächste Siedlung in Sicherheit bringen. Doch Maria ist selbst schwanger, was unter den Kämpferinnen streng verboten ist.
Um der obligatorischen Abtreibung zu entgehen, setzt sie sich von der Truppe ab und kämpft sich allein durch. Eine Urwald-Odyssee vor ungewohntem sozialem Hintergrund. In den Bergen Nordpakistans drehte Afia Nathaniel mit "Dukhtar - Daughter" ein menschliches Drama in Bollywood-Bildern: Im Mädchenalter wurde Aliah Rakhi die Ehefrau eines Clanchefs. Nun soll
ihre zehnjährige Tochter als Friedenspfand zwischen zwei verfeindeten Clans dasselbe Schicksal erleiden. Die Mutter flieht mit ihrer Tochter in die Berge. Eine Verfolgungsjagd auf Leben und Tod beginnt. In einer bewegenden Videobotschaft widmet die Regisseurin, die in New York gerade selbst eine Tochter bekommen hat & deshalb nicht persönlich anwesend
sein konnte, das Screening auf dem Münchner Filmfest Sabeen Mahmud, einer pakistanischen Menschenrechts-Aktivistin, die am 24. April 2015 erschossen wurde.

Arm , aber sexy - U.S. Indie-Spirit meets Berlin
Lässt sich die Lebensuhr einfach so zurückdrehen? Dieser Frage gehen gleich mehrere romantische Komödien nach, die neben der Gefühlslage ihrer Protagonisten auch die Atmosphäre der jeweiligen Location gekonnt einfangen – zum Beispiel Brooklyn in "While We Are Young" von Noah Baumbach: Josh und Cornelia sind glücklich in ihren Vierzigern,
werden aber irgendwie das Gefühl nicht los, dass das wahre Leben an ihnen vorbeizieht. Da lernen sie Jamie und Darby kennen, ein junges Hipster-Paar von dem sie sich so einiges abschauen... In "Meet me in Montenegro" treffen sich der amerikanische Filmemacher Anderson und die norwegische Tänzerin Lina Jahre nach ihrer Affäre zufällig in Berlin wieder.
Haben die Liebenden diesmal eine Chance? Im wahren Leben schon – inspiriert von ihrer eigenen Liebesgeschichte schrieben & inszenierten Alex Holdridge & Linnea Saasen – und spielen selbst die Hauptrollen. „Natürlich haben wir die Story aus dramaturgischen Gründen etwas verdichtet. Und ja, wir sind immer noch ein Paar”, sagt der Filmemacher beim anschließenden Q&A – an seinem Geburtstag –, „aber das wollten wir euch vor dem Film nicht verraten, um die Spannung nicht zu zerstören.“ Acht Jahre haben die beiden in Berlin an dem Film gearbeitet, mit `low low budget´ und Unterstützung von Freunden & Kollegen – schon allein für dieses Engagement allein wünscht man ihnen den Publikumspreis.
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Text: Gabriela Beck Bilder © cinesoundz / Filmfest München