Reviews 10-11-10 World

 

* soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *

 Gilles Peterson - Worldwide  
 Various Artists - BBE / Groove Attack  
 

Gilles Peterson, weltbekannter britischer DJ, Talkin´ Loud-Gründer & Acid Jazz-Godfather, war an dieser Stelle zuletzt mit seinen Exkursionen nach Kuba ein Thema. Seit 1998 präsentiert Peterson auch die Radiosendung `Worldwide´ auf BBC Radio 1, sowie mittlerweile für verschiedene Radiostationen in 15 Ländern, darunter Radio Multikulti (RBB) und FM4 (ORF) eine internationale Version der Show. Das auch auf der vorliegenden Doppel-CD angerissene Genrespektrum umfasst moderne Weltmusik, also Dub, Reggae, Nu Jazz bis hin zu Broken Beats, House, Drum n Bass und Hip-Hop. Peterson nutzt das Format vor allem im Dienst seiner Vorliebe für Neuentdeckungen, denen er auch im Internetzeitalter über den Äther immer noch ein enormes Podium bieten kann - "Worldwide" nämlich. www.gillespetersonworldwide.com/

AfroCubism

Various Artists - World Circuit - Indigo

Wegen fehlenden Einreisegenehmigungen nach Kuba kam es wohl nie zum Zusammentreffen einheimischer und malischer Musiker, das Nick Gold eigentlich geplant hatte, anstelle des Buena Vista Social Club... 13 Jahre später nimmt Gold das Projekt wieder auf: Buena Vista-Sonero Eliades Ochoa und seine Band Patria treffen auf eine Auswahl der virtuosesten Musiker Malis, wie Kora-Meister Toumani Diabaté und Bassekou Kouyaté an der N´goni. Weitere Besetzung: Kassé Mady Diabaté (voc), Djelimady Tounkara (git), Baba Sissoko (tamani), Lassana Diabaté (balafon), Eglis Ochoa Hidalgo (maracas), Alain A. Dragonit, Lennis Lara (trumpet); Osnel Odit (git, trés), Jose A. Martinez (b); Jorge Maturell Romero (congas). Auf Konserve klingt das schon recht vielversprechend, auf den 14 Tracks bis zum Abschluß (natürlich) mit "Guantanamera". Und live steht am 28.11. im Berliner Haus der Kulturen der Welt das bisher einzige Konzert in Deutschland an

 






LIVE-TIPP!


 
 
 Panteón Rococo - Ejército De Paz
Los De Abajo - Actitud Calle
 
 Unter Schafen - Alive Wrasse Records / Harmonia Mundi  
 

Panteón Rococó feiern ihr 15-jähriges Bestehen. Das exzessive Touren über den ganzen Planeten hat der Band aus Mexico City in dieser Zeit nur Zeit für 5 reguläre Alben gelassen. Mit diesem Selbstverständnis stiegen PR auch daheim vor 11.000 Fans in ihr Jubiläumsjahr ein. "Ejército De Paz" fasst thematisch noch einmal zusammen, was die Musik-Aktivisten weiterhin bewegt, denn Ungerechtigkeit, Drogen & Gewalt beherrschen bekanntermaßen nach wie vor Politik und Alltag in weiten Teilen Mexikos, auch im Jahr der 200-Jahr Feier der Unabhängigkeit. Die PR-"Unten & Links"-Friedensarmee ihrer Fans wächst derweil immer weiter und hüpft im friedlichen Cumbia-, Reggae- und Rock-Protest der Band gegen Präsident Felipe Calderóns spezielle "Democracia Fecal".... Wieder einmal ausgedehnte PR-Deutschland-Tour - in München am 27.11. in der Muffathalle.

Auch die Kolleg/inn/en von Los de Abajo („Die von unten“) engagieren sich politisch, schon der Bandname stammt aus einem Buchklassiker der mexikanischen Revolution von Mariano Azuela. Die mittlerweile zehn "Chilangos" (Slang-Ausdruck für Bewohner von Mexiko City) zeigen sich nach vier Jahren Studiopause wieder in ansprechender "Salsa-Punk"-Form. Gastmusiker wie Bocafloja, Edy Vega, Rafael Herrera , Malena vom argentinischen Hiphop-Trio Actitud María Marta, UK-Princess Julianna oder DJ Chikk unterstützen das Kollektiv diesmal zusätzlich. Los de Abajos Uptempo-Stilmix umarmt auch Ska, Cumbia, Merengue, Rock, Funk und Hiphop-Elemente wieder stürmisch und flicht bei "Amor que Mata" gar Orientalisches ein. Auch zum Zustand ihres gegenwärtig das Unabhängigkeitsjubiläum begehenden Landes gibt es den einen oder anderen deutlichen Kommentar "von der Straße".
www.losdeabajo.tv www.myspace/abajotheband
 LIVE-TIPP!



 
 
 
 

Asmara Allstars - Eritrea´s Got Soul

OutHere Rec / Indigo

Viel war aus Eritrea nicht zu vernehmen in den letzten 40 Jahren, schon gar nicht in Sachen Kultur. Seit 1993, nach 30 Jahren Bürgerkrieg ,wieder von Äthiopien unabhängig, bestimmten danach weiter Negativmeldungen über Grenzkonflikte und Diktatur das Image des kleinen, isolierten Vielvölkerstaates. Das 70er-Jazz-Erbe des großen Nachbarn Äthiopien erfreut sich heute insbesondere dank Mulatu Astatke einiger Beliebtheit im Westen. Was kaum jemand weiß: viele damalige "Abyssinian Jazz"-Musiker stammten aus Eritrea. Die "All Stars" aus Eritreas Hauptstadt Asmara reichern diesen Bigband-Sound individuell mit weiteren Jazz-, Soul-, Roots-Reggae-Elementen und sogar Hip Hop an. Unter der Ägide des französischen Produzenten Bruno Blum konzentrierte man sich dabei ganz auf die Musik, denn von freier Meinungsäußerung kann in Eritrea auch heute noch nur geträumt werden. Empfehlung, auch für das ausführliche Booklet mit Blums Aufzeichnungen zu den beteiligten Musikern. www.myspace.com/asmaraallstars
 


TIPP!
 
 
 
 Buju Banton - Before The Dawn
The Jolly Boys feat. Albert Minott - Great Expectation
 
 Gargamel Music/Groove Atack * Gee Jam - Wall of Sound - PIAS / Rough Trade  
 
 
"There ain´t no place that Rasta can´t go..." Das hatte sich "Brotfrucht" Banton wohl doch anders vorgestellt mit seiner US-Tournee. Wegen flankierendem Kokain-Shopping, bzw Verdacht auf Dealerei größerer Kilomengen, sitzt BB seit Dezember letzten Jahres in Florida ein. "My current situation brings the full perspektive of what bondage really means", schreibt er denn auch im Klappentext seines neuen, offenbar zu Teilen aus dem Knast heraus eingesungenen Albums. Erklärtermaßen im eigenen Gargamel-Studio von Kingston aufgenommen, sind die Text-Bezüge der meisten von Producer Mark Myrie ganz auf Bantons derzeitiges Roots-Profil zugefeilten Tracks zu direkt, als dass alles schon im letzen Herbst in der Schublade gelegen haben könnte. Serienweise gibt es eingängig verpacktes Sloganfutter für seine auf der Insel weiter enorme Gefolgschaft: "We´re in this struggle together, my back´s against the wall" etc. Und Banton plädiert im endgültig expliziten, letzten Track natürlich auf "Innocent"... letzter Stand: im "Gleaner" oder hier.
The Jolly Boys kann man als Jamaikas, vielleicht sogar als Amerikas dienstälteste Band bezeichnen, spielte die Urbesetzung doch schon in den 50er Jahren für Errol Flynns ausschweifende Parties auf, dem damals wesentliche Teile von Port Antonio im Osten der Insel gehörten. Das Durchschnittsalter der Jolly Boys liegt bei 78 Jahren , ihr Leadsänger Albert Minott (68) entstammt damit schon der zweiten Generation. Minott führte unlängst zwei rivalisierende Fraktionen wieder zusammen, um westliche Chartserfolge & Pop-Klassiker im Mento Style einzuspielen. "Passenger", "Perfect Day", "Nightclubbing" und "Rehab" - alles produziert vom umtriebigen Jon Baker (Stereo MCs, PM Dawn) der damit einen weiteren Pfeil aus seinem GeeJam-Venture (Studio, Musik- und Filmproduktion, Boutique-Hotel)-Köcher in Richtung Übersee abschießt.
www.jollyboysmusic.com www.myspace.com/geejam

 


 

 
 
 Seu Jorge & Almaz
Vinicius Cantuaria - Samba Carioca
Paula Morelenbaum - Telecoteco
 
 Now Again / Groove Attack - Naive / Indigo - Skip / Soulfood LIVE-TIPP  
 

Seu Jorge hat sich für sein neustes Album mit der Band Almaz (Drummer Pupillo, Gitarrist Lucio Maia und Bassist Antonio Pinto) zusammen getan. Ursprünglich fand man sich nur zusammen, um einen Song für einen weiteren Walter Salles Film aufzunehmen. Das nun aus dieser Zusammnekunft resultierende Album zeigt, dass sich Jorge den Spaß am Covern westlichen Liedguts seit "Tiefseetaucher"-Tagen bewahrt hat, denn jetzt bekommen Klassiker von Kraftwerk, Michael Jackson oder Roy Ayers das Psychedelic-Samba-Treatment, neben Interpretationen brasilianischer Autoren. Produziert wurde das Album vom Beastie Boys- und Jack Johnson- Produzenten Mario C. Die EU-Version des Albums erscheint mit einem Bonus-Track als Digipak. Im Oktober dreimal live in Germany, weitere EU-Tourdaten sind in Vorbereitung.

Der seit den 90ern in New York lebende Sänger, Gitarrist und Komponist, Schlagzeuger und Perkussionist Vinicius Cantuaria braucht hier wohl kaum vorgestellt zu werden. Sein Stellenwert als Wanderer zwischen den Welten von Bossa Nova und Jazz, zwischen Rio de Janeiro und dem Big Apple, kann u.a. daran bemessen werden, dass er für sein neues Album "Samba Carioca" ohne weiteres mit Joao Donato, Marcos Valle, Brad Mehldau und Bill Frisell rechnen konnte. Arto Lindsay ist diesmal "nur" als Produzent mit von der Partie. Wie schon auf "Silva" oder dem Vorgänger "Cymbals" von 2007 gibt Cantuaria sich nach dem lebhafteren Einstieg mit "Praia Grande" von seiner ruhigen, entspannten Seite.

www.vinicius.com

Paula Morelenbaum ist seit "Casa", der Zusammenarbeit des Jobim Morelenbaum Quartets mit Ryuichi Sakamoto, auch außerhalb Brasiliens ein Begriff. Auf "Telecoteco" wird Paula Morelenbaum erneut von ihrem Mann Jacques begleitet und neben Sänger Marcos Valle, Saxofonist & Arrangeur Leo Gandelman, Pianist Joao Donato schaut auch Sakamoto für zwei Stücke wieder an den Tasten vorbei. `Musica Popular do Brasil´ in sachte aktualisierter Form: Kompositionen von Luiz Bonfa, A.C. Jobim oder Dori Caymmi, aber auch "Love Is Here To Stay" der Gershwins ."O Samba e o Tango", eine Bajofondo-Remix - Version bringt auch noch ein weiteres südamerikanisches Genre ins Spiel und beweist, dass PM nicht notwendigerweise allen am Bossa klebt. Im Oktober und November auf Deutschland-Tour, in München am 1.11. im Bayrischen Hof (tbc). www.paulamorelenbaum.com.br
 


 

 
 
 The Taal Tantra Experience - Sixth Sense
Natasha Atlas - Moungaliba
 
 Ozella Music - Galileo MC World Village / Harmonia Mundi  
 

Zwei musikalische Grenzgänger-Projekte zwischen Ost und West.

The Taal Tantra Experience ist das Ergebnis einer mehrjährigen deutsch-indischen Zusammenarbeit. Vier Berliner Jazzmusiker aus dem Umfeld von u.a. Lisa Bassenge und Nils Wülker treffen auf den Tabla-Virtuosen Tanmoy Bose, der sonst z.B. mit Anoushka Shankar und Amjad Ali Khan weltweit tourt. Die Musiker vereinen nach ausgiebigem, gemeinsamem Touren in Indien auf dem vorliegenden Album Raga, Pop, Feldaufnahmen und Jazz, bengalischen "Baul"-Gesang, europäische und indische Rhythmen zu ihrem ganz eigenen transkontinentalen Sound.
Im Oktober auch einige Live-Daten in Deutschland.
Check out www.myspace.com/taaltantra www.tanmoybose.com


Natacha Atlas arbeitet wie beim letzten Album Ana Hina auch in der Zusammenarbeit mit dem neuen britisch-ägyptischen Produzenten & Co-Autoren Samy Bishai weiter ambitioniert an der Fusion arabischer und westlicher Musik. Es gibt eine Coverversion von Nick Drakes "Riverman", eine Francoise Hardy-Interpretation, Tim Whelan von Transglobal Underground steuert eine Komposition bei, an west-östlichen Streichern und Pianosequenzen wird nicht gespart. Die sechs cinematisch angelegten Interludes nehmen neben Field Work-Aufnahmen leider auch die moralinsauer daherkommenden Statements des Zeitgeist-Aktivisten Peter Joseph auf, die den Flow des Albums immer wieder stören. Dieser Eindruck eines einerseits etwas überfrachteten, andererseits nicht ganz zuende gedachten Konzeptalbums wird von der seltsam unentschieden und künstlich wirkenden Bookletgestaltung verstärkt.
 

 

 
 
Manana, El Tango
 
 Various Artists - Naive / Indigo  
 

Gleich beim Öffnen des aufwendigen Pop-Up-DigiPaks von "El Tango" entfaltet sich erst eine Pampa-Szenerie mit Gauchos & Rindern und dann -mutmaßlich- der Innenhof einer Villa in Buenos Aires, samt Jugenstilbrunnen und dösender Katze. Atmosphärisch soll es sein, was auf dem neuen Manana Label von Eduardo Makaroff (1/3 Gotan Project) erscheint. Argentinischen Volksmusiken wie Tango, Milonga und Candombe soll zu weiterer Popularität verholfen werden. Dabei ist der Name Programm: Musik, die auch in Zukunft Bestand hat. Den Anfang macht die bekannteste Spielform zwischen Montevideo & Buenos Aires. Tango für morgen, sämtlichst aus den Manana-Stallungen: Einzelinterpreten wie Gustavo Beytelmann und Horacio Molina, Ensembles wie Melingo und Cáceres. Und auch 2/3 des GP mischen mit: Müller & Makaroff steuern 2 Tracks bei. www.mananamusic.com
 

 

 
 
 

 
 

Tokyo Ska Paradise Orchestra - Paradise Blue

Module / Groove Attack

Schon seit 1988 steht das neunköpfige Tokyo Ska Paradise Orchestra für einen in Richtung Jazz, Funk, Bossa, Easy Listening und Schlager offenen Ska-Show-Sound. Inzwischen hat die Band 14 Alben veröffentlicht und über 2000 Gigs in Japan und Übersee gespielt, darunter auch größere Festivals. "Paradise Blue" ist da nicht wirklich die erste Europa-Veröffentlichung der Band, man gibt sich aber durchaus Mühe, die Band ins rechte Licht zu setzen. Die reguläre CD erscheint zum Normalpreis inklusive einer Bonus-CD von 11 Songs (u.a. das "Godfather"-Thema), während der Rezensent mit der einfachen Promopappe abgespeist wird.
 

 
 
 

 
 

Kobo Town - Independence

Skycap / Rough Trade

Während das zweite Album der Formation Kobo Town um den in Trinidad aufgewachsenen Songwriter Drew Gonsalves schon kurz vor der Fertigstellung steht, veröffentlicht man vorab schnell noch das Debüt "Independence" von 2007 mit dem Singalong-Hit "At The Edge Of The City". Das Ensemble aus Toronto mischt Calypso mit etwas Roots-Reggae und Mento. Ganz in der Tradition der populärsten Musik Trinidads sind vor einem recht gleichförmigen Rhythmusgeflecht für Eingeweihte die Texte zu aktuellen oder historischen Politthemen das Salz in der Suppe.
www.kobotown.com
 


 
 
 Nice Up The Dance
Gappy Ranks - Put The Stereo On
Reggae Legends: Johnny Osbourne / Josey Wales -
 
 Various Artists - alle: Greensleeves / Groove Attack  
 
 1 Amtlicher Überblick der Reggae & Dancehall-Szene von London & Birmingham Mitte der 80er Jahre. 36 rare und teils vergriffene Tracks des Greensleeves-Sublabels UK Bubblers auf einem freundlich gepreisten 2Disc-Set, inkl. illustriertem Booklet und Linernotes von Reggae-Experte Noel Hawkes. Vor allem DJs wie Tippa Irie und Pato Banton toasten was das Zeug hält. Patois meets Cockney - Bubble up the dance...
2 Modernes Rocksteady-Album aus der Londoner Peckings-Schmiede (u.a. Bitty McLean). Rudeboy Gappy Ranks hat auf seinem Debut nach 3 Singles nicht nur romantische Lovers Rock-Balladen, sondern auch erstaunlich vielschichtige Texte zu Obdachlosigkeit, Polizeibrutalität, Gewalt oder self-respect im Repertoire. Als Abschluß dekliniert er auf seine Art mit "Rude Boy" und "Soul Rebel" das Marley-Repertoire durch.
3 Vorbildliche Roots-Katalogauswertung bei Greensleeves: Von Johnny Osbourne gibt es jetzt vier Originalalben für die Produzenten Henry 'Junjo' Lawes ("Fally Lover", 1980 & "Never Stop Fighting",1982), Prince Jammy ("Water Pumping",1983) und Linval Thompson ("Nightfall",1981) in Originalcover und dicker Card-Box. Als Backing Bands für Osbourne fungierten die Roots Radics sowie die High Times Band. In gleicher Box-Set-Ausstattung liegten vier MIttachtziger-Alben von Josey Wales vor.
www.greensleeves.net www.planetreggae.com
 
 
   

 
 Previous Issue: 8/9 - 2010 © cinesoundz 2010
* soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *