Aufzeichnungen aus Jerusalem Guy Delisle - Reprodukt Die -erst recht nach der Prämierung beim diesjährigen
Comic-Festival von Angoulême- mit Spannung erwartete deutsche Ausgabe der neuen Chronik von Guy Delisle. Der 46-jährige frankokanadische Comic-Reporter folgt weiter seiner für "Ärzte ohne Grenzen" tätigen Frau an deren Einsatzorte. Nach Pjöngjang und Birma führt er diesmal Tagebuch über ein Jahr Siedelei in Israel. Unbescholtene erfahren so Einiges über das Leben im einzigen jüdischen Staat der Welt, das nicht aus den Nachrichten ins Auge springt. Und wer schon in Jerusalem - und auch in den östlichen, bis zu einem gewissen Grad unter palästinensischer Aufsicht stehenden Teilen der Stadt war, für den erzeugen die zwischen alltäglichen Spaziergängen und den Besonderheiten der NGO-Szene im umkämpften Heiligen Land wechselnden Beobachtungen ein mehrfaches Déjà-Vu. Dennoch bleibt es großteils kurzweilig, denn obwohl auch den "Aufzeichnungen aus Jerusalem" vielleicht ein paar weniger als die 334 Seiten bekommen wären, vermeidet Delisle allzu ermüdende Investigativ-Wiederholungen und vermerkt einmal sogar augenzwinkernd, "Hat man mich etwa mit Joe Sacco verwechselt?". Dennoch scheint das Nah-Ost-Feld, nach "Gaza", "Waltz With Bashir" und "Israel Verstehen" nun thematisch gut bestellt. Wieviele Ägypten-, Libyen- oder Syrien-Comic-Projekte werden wohl derzeit gezeichnet? Und der Künstler Delisle wird sich überlegen müssen, ob trotz der vielen Fans seines stets um die eigene Figur kreisenden Stils das nächste Projekt nicht einmal aus diesem Rahmen ausbrechen sollte. www.reprodukt.com
Koma - Band 1 & 2 Pierre Wazem / Frederik Peeters - Reprodukt Schmutzig-grüne Rauchschwaden schlängeln sich aus den
Schloten einer Industriestadt - irgendwann in der Zukunft oder Vergangenheit. Addidas
ist klein und ihrem Vater, einem Schornsteinfeger, damit unentbehrlich, denn
nur sie gelangt in die schmalsten Röhren. Das Geld ist knapp, der Vater ob des
mysteriösen Verschwindens seiner Frau depressiv und Addidas hat mit plötzlich
auftretenden Ohnmachtsanfällen zu kämpfen, während derer ihr schwarze Ungeheuer
erscheinen, die tief unter der Erde an bizarren Maschinen arbeiten... Viel mehr
passiert zumindest im Band 1 – „Die Stimme der Schlote“ - eigentlich nicht.
Aber das macht gar nichts, denn Autor Pierre Wazem und Zeichner Frederik
Peeters schaffen es, mit charmantem Zeichenstil, genau beobachteten Szenen und
nuancierten Texten Interesse an ihren Figuren zu wecken. Gerne lässt man sich
auf ihre Milieustudie in dieser eigentümlich poetischen, von Albertine Ralenti
braun-grün kolorierten Welt ein. Eine Ahnung, was es mit Addidas' Aussetzern
und den alptraumhaften Erscheinungen auf sich haben könnte, bekommt man in Band
2, „Das große Loch“. Eines sei vorweg verraten: zwischen Menschen, Monstern und
Maschinen besteht eine lebenswichtige Verbindung... Wir sind gespannt, wie es
in Band drei bis sechs weitergeht, die Reprodukt auf Deutsch im dreimonatlichen
Rhythmus vorlegt. Das französische Original erschien bei Les Humanoïdes
Associés.
www.reprodukt.com Text © Gabriela Beck
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