reviews 27 - 6-7 06 - world music

    world music :

    Südamerika dominiert das Feld...

    * soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz *
    * electronica * world music * classical * audiobook * football special *


    Marisa Monte - Universo Ao Meu Redor / Infinito Particular
    Phonomotor - EMI

    Seit dem letzten Album des brasilianischen Stars sind schon ein paar Jahre vergangen, nun gibt es deren gleich zwei: "Universo Ao Meu Redor" und "Infinito Particular". Die sich ergänzenden Alben bieten im Verlauf einer auf der Rückseite der ersten Cd beschriebenen Spurensuche zunächst Samba in immergleichen und doch nie langweiligen Konstellationen. Dabei ist ersteres das offizielle neue Studioalbum. Aus dessen routiniert-luftigem Basis-Sound sticht nur das mit David Byrne gemeinsam komponierte und gesungene Songfragment "Statue Of Liberty" heraus, das in der Mitte des mit Mario Caldato gemeinsam produzierten Albums aber eher einen Fremdkörper darstellt.


    "Infinito Particular" dagegen entstand erklärtermassen, als Marisa Monte ursprünglich ihre Demo-Kassettensammlung digitalisieren wollte und dabei auf genügend interessantes Material aus verschiedenen Schaffensphasen stieß, das sich zu einer Art Best-Of unveröffentlichter Songs mauserte und daher flugs mitveröffentlicht wurde. Beide Alben sind durchweg gelungen, im Moment nimmt uns das zweite, von Ale Siqueira co-produzierte, etwas elegischere Werk noch mehr für sich ein.
    In der Ausstattung nehmen sich beide Cds nichts: Portugiesische Texte, englische Übersetzungen und sogar die Gitarrengriffe der Songs aus dem Marisa Monte umgebenden unendlichen Samba-Universum sind jeweils im Booklet enthalten.


    Ivete Sangalo - Ivete Sangalo
    Phonomotor - EM

    Eine Nummer vordergründiger geht es bei der brasilianischen Künstlerin des Jahres 2004 zu. Die bei uns bisher wenig bekannte und gerade mit dieser ersten, etwas zu balladesk geratenen CD-Veröffentlichung für die enormen Verkaufszahlen von schon 12 Alben in ihrer Heimat gewürdigte Attraktion des Karnevals von Bahia sprang unlängst im Rahmen des brasilianischen Kulturprogrammes zur Fussball-WM in die Lücke, die ausgefallene Konzerte des Superstars Daniela Mercury gerissen hatten und bespielte im Anschluss an Tv-Übertragungen der amtierenden Weltmeister-Elf ausverkaufte Häuser mit ihrer vor 15-köpfiger Begleitband professionell durchgeturnten Show- Choreographie. Nun kennt Deutschland also die „Rainha do Axé“ - die Königin der Axé-Musik. Play Tracks 1, 3, 5, 12, 14.
    www.ivetesangalo.com.br www.ivetesangalo.art.br
     

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    Zona Sul - Beira
    Nagel Heyer Records / EMI


    Beira, portugiesisch für Strand, das ist der projizierte Ort für die eher melancholische als sonnendurchflutete Musik des Ensembles Zona Sul : die deutsch-französische Sängerin & Frontfrau Sophie Wegener, Tizian Jost (p), Pedro Tagliani (g), Matthias Engelhardt (b), Hajo von Hadeln (dr). "Dans mon île" von deren erster Cd landete auf einigen Compilations. Auf der vorliegenden zweiten dominiert trendgemäß Brasilianisches: Bossa Nova, MPB aber auch Eigenkompositionen und eine Version des Francoise Hardy-60´s-Klassikers "Tous les garcons et les filles de mon age". Mit dem Beatles-Track "And I Love Her" wird auch mal eine sichere Karte gespielt. Angenehme, wenn auch etwas spannungsarme Musik für stille Momente.
     

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    Forro In The Dark - Forro In The Dark
    Nublu Records / Edel

    Forro in the Dark führen den Namen der ungeschliffenen, kantigen Volkstanzmusik aus dem Nordosten Brasiliens bereits im Namen: "forro", eine im Laufe der Zeit entstandene Verballhornung von "for all", auch verschiedentlich als "baião" bekannt. Rob Curtos Akkordeon bzw Sanfona, Jorginho Amorims Triangel und Mauro Refoscos Zabumba, eine kleine Basstrommel, reichen schon aus für die Instrumentierung einer erstaunlichen rhythmischen und melodischen Vielfalt, zu der (im Dunkeln) dann entfesselt und mit viel Körperkontakt getanzt wird. Kombiniert mit Gitarrenakzenten von Smokey Hormel und gelegentlichen Vocals, u.a. von Gast Seu Jorge, ergibt sich eine ursprünglich-heimelige Atmosphäre, der man sich gern mal für einen Abend überlässt.
    www.forrointhedark.com "forro"-tanzschritte auf www.terra.com.br

    La Chicana - Tango Agazapado
    Galileo Music

    "Tango Agazapado", also geduckter Tango wird hier geboten, wie man den Übersetzungen zu den Texten Text (Themen: Dekadenz, Unglück, Liebe und Nostalgie) der 17 Songs im Booklet des dritten Albums der argentinischen Nuevo-Tango-Formation La Chicana entnehmen kann. Dabei geht es aber erfrischend unterschiedlich zu, da außerdem auch noch portugisischer Fado, spanische Tango-Elemente, französischer Chanson und Balkanklänge in Ansätzen stattfinden. Das im Mutterland mehrfach preisgekrönte Album wird in Österreich und Deutschland im Spätsommer live vorgestellt. Tourdaten: 10.08. Bregenz/A, Seelax ; 11.08. Fürth, Schloss Burgfarnbach ; Frankfurt/Main, Brotfabrik www.lachicanatango.com

     

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    Tango Crash - Otra Sanata
    Galileo Music


    Experimenteller Instrumental-Tango in einem bisweilen anstrengenden Stilmix übernimmt nach einer starken ersten Hälfte dieses Albums die Führung. Wurden die Einzelelemente bei den ersten fünf, sechs Tracks noch auf recht interessante Weise auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt, dominiert fortan eine Art jazzig-elektronisch-intellektueller Diskussion über die Zukunft dieser traditionellen Musik, der sicher nicht alle Hörer bis in den letzten Sprachsample-Fetzen folgen werden. Insofern ein entschieden künstlerisches Album - nichts für Traditionalisten. Auch so klingt argentinischer Tango(crash) im Jahr 2006.

    www.tangocrash.com



    Darko Rundek/Cargo Orkestar - Mhm A-Ha Oh Yeah Da Da
    Piranha / Indigo

    Wieder eine sehr empfehlenswerte Piranha-Produktion : Der Kroate Darko Rundek, Ex-New Waver aus Zagreb, seit den 90ern in Paris ansässig, und aktuell dem multinational zusammengesetzten Cargo Orkestar vorstehend, kommt uns mit einer eigenständigen, angenehmen mehrsprachigen Schmelztiegel-Mischung, die weit über Balkan-Folklore hinausgeht. Migration Stories & Love Songs - Orientalisches, Jazziges, Samples, Genrewechsel bei ruhigem Grundton. Im Booklet die Musikerbiographien, sowie englische & französische Liner Notes von taz-Autor Daniel Bax. Enhanced CD : das Video zu "Svitanje" von Biljana Tutorov ist als Bonusprogramm mit enthalten.

     

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    Derya - Sana Bana
    Derya Music / Galileo


    Und noch eine bemerkenswerte "Exil"-Produktion aus Berlin, wo diesmal sogar aufgenommen und abgemischt wurde : Derya Takkali führt die türkische Tradition der "Asik"-Wandersänger weiter und übersetzt sie mit moderner Studiotechnik & entsprechender Pop-Instrumentierung ins Heute, Elekro-, Flamenco- & Latin-Elemente werden in die sehr schönen Arrangements eingewoben. Gedichte seines Vaters Bahtiyar bilden dabei die Grundlage für Deryas Lyrik. Der Mann mit dem exzentrischen Dali-Bärtchen ist dabei kein Traditionalist und lässt schon mal einen Disco-Bass das Tempo angeben, bevor er die Stimme erhebt. Unser Anspieltip aus einem Album ohne Ausfälle : der Titeltrack (Nr.3), eine Perle.
     

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    Dip & Fall Back - Classic Jamaican Mento
    Various Artists - Trojan / Sanctuary
    Sensationeller Einstieg mit Lord Lebbys Kommentar zum Kinsey Report, wohlgemerkt von 1955. Mit "Dip & Fall Back" veröffentlicht Trojan seine erste Compilation zum Thema Mento, ein noch wenig ausgewerteter und ausgeweideter Musikstil, nah am Calypso, Wegbereiter der späteren Reggae-Revolution. Mento, die ursprüngliche Volksmusik Jamaikas, wurde mit Instrumenten wie Banjo, Akustische Gitarre, Bambusklarinette und -flöte, und selbstgemachtem Saxophon gespielt, später kamen Bläser und elektrische Instrumente dazu. CD1 enthält 50er Jahre Aufnahmen, die ursprünglich auf alten jamaikanischen 78rpm erschienen, während sich CD2 mehr auf späteres Material konzentriert, wenn mit der Konkurrenz von Ska und Rocksteady sich der Tenor der bisher explizit humorigen Texte änderte. Gut gemachte, prima ausgestattete und komplett willkommene Ausgrabungs-Packung. Value for money.
     

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    Let Me Tell You, Boy -
    Various Artists - Trojan / Sanctuary

    Soulful Sounds from Reggae´s Greatest Female Talents - so steht es geschrieben und so ward es in die Rille gepresst vom Reissue-Master Trojan. „Let Me Tell You, Boy!” versammelt 26 Rocksteady- und Reggae-Titel, eine großartige Zusammenstellung von Tracks maßgeblicher Reggae-Künstlerinnen und One Hit Wonders aus den 60s & 70s, manche seitdem schon mehrfach von diversen Dancehall-Fingern recycled, but nothing beats the original. Tolle Stimmen, coole Retro-Sounds, ein Volltreffer. Hortense Ellis, die umwerfende Susan Cadogan, Judy Mowatt, Marcia Griffiths oder Girl Groups wie die Ebony Sisters oder The Gaylettes zeigen den Boys hier, was ne Harke ist, auch Dawn Penn (die auf dem Chiemsee Reggae Festival doch einigermaßen enttäuschte) darf einmal ran. Liner Notes von Special AKA Member Rhoda Dakar & Lois Wilson (Mojo Magazine).

     

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    Trojan Selecta - Volume 1 & 2
    Dub Rarities
    Various Artists - Trojan / Sanctuary


    Gerade erscheint die zweite Folge der von Trojan als "cool-priced" bezeichneten Budget-Reihe, gespickt mit Appetizern aus dem Katalog-Spektrum von Roots-Reggae, über Ska & Dub bis Dancehall, mit Künstlern wie Dennis Brown, Garnet Silk, Phyllis Dillon und den Heptones. Derrick Harriotts "Loser" wurde gerade breit im ARTE´-Magazin Tracks eingesetzt. Die Originalcover und Querverweise auf andere aktuelle Compilations sind im Booklet abgebildet, so gehört sich das. Well done, selecta. www.trojan-records.com



    Einige der freundlich gepreisten Trojan Box Sets bekommen in der Szene ja mitunter ganz schön ihr Fett weg. Die vorliegende Dub Rarities Box mit 70er Stoff dürfte nicht dazugehören, sind hier doch fast ausschließlich Produktionen renommierter Roots-Leute wie Lee Perry, Bunny Lee, Tapper Zukie, Blackbeard, Linval Thompson und Augustus Pablo enthalten. Punktabzug lediglich für die manchmal etwas bescheidene Klangqualität, aber man weiss ja, wo das (Vinyl-)Ausgangsmaterial teilweise herkommt. Die dritte Cd wird sehr schön mit "Effortless Dub" betitelt. Jamaica, ein offenbar unerschöpflicher Quell, mögen die Dubplates nie versiegen. 50 Tracks, Liner Notes von Stephen Nye.

     

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    Merengue / Bachata / Planet Rock
    Various Artists - Rough Guides / World Music Network / Edel

    Die Rough Guide Serie vom World Music Network mit weiteren drei Folgen: "Merengue", "Bachata" und "Planet Rock".
    Während erstere beide jeweils von der Dominikanischen Republikausgehend länderübergreifend Titel zweier populärer lateinamerikanischer Tänze präsentieren, und ihnen dabei aufgrund des immergleichen Rhythmus etwas die Luft ausgeht, widmet sich die dritte interessanten World Music-Klängen mit Rockeinschalg von der Sahara über Israel & Indien bis nach Reunion Island (Tuva-Rocker Kuvezin & Yat-Ka dürfen da natürlich nicht fehlen). Wie immer sind die Cds nicht nur mit kenntnisreichen Liner-Notes zu jedem einzelnen Track, sondern als Enhanced Cds auch mit Text-Infos aus den jeweiligen Rough Guides & Interviews mit den Compilern als Bonus-Material ausgestattet. www.worldmusic.net/radio ist das hier wie stets empfohlene (Internet-)Radioprogramm, das monatlich neu die Rough Guides Radio Show mit Interviews, regionalen Specials und natürlich ähnlich exquisit ausgesuchter Musik wie auf den
    Cds der Serie bietet. Rough it one more time...
    Play tracks 2, 8, 10, 14 (Merengue) 1, 2, 5, 6, 14 (Bachata) 1, 3, 9, 13, (Planet Rock)

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