reviews 35 10-07 world music



    * soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *


    Simphiwe Dana - The One Love Movement on Bantu Biko Street Skip Records

    Simphiwe Dana ist als neuer Stern am Himmel der afrikanischen Musik anlässlich ihres Debutalbums "Zandisile" an dieser Stelle bereits gewürdigt worden. Das in Südafrika 2006 erschienene noch geschlossenere zweite Album "The One Love Movement On Bantu Biko Street" wurde bei den South African Music Awards im April diesen Jahres folgerichtig gleich vierfach ausgezeichnet:„Best Album Of The Year“, „Best Female Solo Artist“, „Best Contemporary Jazz“, „Best Jazz Vocal Album“. Best Styling hätte man noch anfügen mögen, erneut tritt uns die junge Diva als kosmisch gestyltes Sternenwesen auf der Verpackung ihres phänomenalen World-/Jazz-Fusionalbums entgegen. Play all tracks. Eine sich anschließende mehrmonatige erfolgreiche (Festival)-Tour (durch Deutschland & Österreich, Spanien, Schweiz, UK & die Niederlande) hat das Feld für die Album-Promotion und weitere europäische Auftritte bereitet - bislang steht erst ein weiterer Auftritt in Deutschland Anfang November fest, mit weiteren Konzerten ist aber zu rechnen. (Daten unter: www.griot.de/dates.html) Besondere Empfehlung.
     




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    Rim Banna - Seasons of Violet
    Strange Ways / Indigo
    Rim Banna hat ihre Kombination traditioneller und moderner, arabischer und 'westlicher' Einflüsse musikalisch weiterentwickelt, das signalisiert schon der dynamische Opener. Auch das fast groovige "Beit Allah" lässt aufhorchen. Textlich geht es weniger brisant zu - wieder sind zwei traditionelle Texte enthalten, die modernen stammen von Zuhaira Sabbagh und Majed Abugosh, die auch zum vorigen Album traurige, manchmal auch wütende Liedtexte über das Leben im heutigen Palästina beigesteuert hatten. Diesmal sind es (unpolitische) Liebeslieder, aber auch ein Duett Rim Bannas mit einem indischen Mönch (teils in hindi, teils arabisach gesungen), im Refrain das Wort "Frieden". Die Widmung von "The Night Has Fallen Down", das vom Fremdsein und Sehnsucht nach geliebten Menschen in der Ferne erzählt und allen palästinensischen Flüchtlingen gewidmet ist, setzt ebenfalls ein kleines Zeichen. Erneut wunderbarer Gesang, der die Schönheit der arabischen Sprache zur Geltung bringt, erneut ein bemerkenswertes Album der Sängerin aus Nazareth.

     

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    Toumast - Ishumar
    Real World / EMI
    Moussa Ag Keyna wuchs als Kind einer Nomadenfamilie im Grenzgebiet zwischen Mali und Niger auf und war später im von Libyen aus organisierten Widerstand gegen die Vertreibung der Touareg aus ihren angestammten Gebieten. Zusammen mit der ebenfalls emigrierten Sängerin Aminatou Goumar gründete er das Ensemple Toumast. Filmkomponist und Musikproduzent Dan Levy verpackte die rau-rustikalen Gitarrenklänge in ein modernes Soundgewand & stellte den Kontakt zu Peter Gabriels Real World her. Das nun veröffentlichte „Ishumar“ („Arbeitslos“) kombiniert traditionell anmutenden Gesang, funkig-erdige Riffs, fließende Gitarrenlinien und pulsierende Beats in einer arabisch-rockigen Mixtur irgendwo zwischen Mali-Griot-Blues und arabischem Rai. Wüsten-Groove. Wirklich spannendes Debüt !
    www.toumast.com
     

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    Sevara Nazarkhan - Sen
    Real World / EMI

    Sevara Nazarkhan stammt aus Usbekistan in Zentralasien, wo sich selbst auf Saiteninstrumenten (wie der zweisaitigen Doutar-Laute) begleitende Sängerinen Ausdruck einer jahrhundertealten Tradition sind. Althergebrachten Gesangsstil und Lautenspiel werden auf ihrem zweiten Solo-Album unter der Regie der Produzenten Victor Sologub und Bruno Ellingham mit elektronischen Elementen wie Loops & Samples kombiniert. Durch eine frühere Zusammenarbeit mit dem musikalischen Grenzgänger Hector Zazou und Touren mit Peter Gabriel längst keine Novizin mehr auf dem Gebiet der World Fusion, besticht Sevara Nazarkhan mit ihrem wandelbaren Gesang. Bis auf zwei Tracks, darunter der usbekische Klassiker "Kuigai", stammen auch die Kompositionen von der 31-Jährigen.
    www.realworldrecords/sevara
     


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    Ersatzmusika - Voice Letter
    Asphalt Tango / Indigo
    Die Band "ErsatzMusika" ist ein Sextett mit Musikern aus Russland, der Ukraine und Estland um die Sängerin und Songschreiberin Irina Dubrovskaja. "Voice letter", ihr Debutalbum mit (Zitat) "postsowjetisch-urbanem Folk", einer schräg-sympathischen Gypsy-Polka-Offbeat-Musik der entspannteren Art mit eingängigen Melodien im leicht rumpeligen hausgemachten Sound mit E-Gitarre, Akkordeon, Orgel, Xylophon und Spieluhr, ist angesiedelt irgendwo zwischen Zulya und Tom Waits. 14 ironisch-melancholische Lieder über zerbrochene Herzen, die Einsamkeit, das Pilzesammeln und das Trinken, und weiteren wichtigen "Ersatz"-Themen aus der ehemaligen Sowjetunion gab. "Russendisko" ohne Disko, entschleunigt und - aufgenommen in Berlin... www.asphalt-tango.de  

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    Flamenco - Salsa - African Blues
    Various Artists - Rough Guide / World Music Network / Edel Contraire

    Die bewährte Rough Guide Serie vom World Music Network in einer Wartepause auf die neuesten Releases mit weiteren drei, bisher nicht zu Ehren gekommenen Folgen: "Flamenco", "Salsa" und "African Blues". Erstere bietet 14mal das wichtigste spanische Musikphänomen inclusive allem Drama & Pathos. Wem das zu eintönig erscheint, darf nicht vergessen, daß der ursprünglich andalusische Musikstil durch die Jahrhunderte stets Einflüssen vom maurischen, jüdischen und Gypsy-Musiken offengestanden hat. Kompiliert & kommentiert von Musikethnologe Jan Fairley, auch unter Berücksichtigung jazziger Strömungen, Adios Tristeza...

    Man muß kein Salsa-Tänzer sein, um sich nicht wenigstens eine fundierte Sammlung dieses lebendig-aufgekratzten Stils ins Regal zu stellen. Salsa hat als Mambo-Nachfolger in den letzten 50 Jahren mindestens Südamerika im Sturm erobert und begeistert kontinuierlich eine riesige Latino-Fangemeinde. Kompiliert von DJ Bongohead alias Pablo Ellicott Yglesias, der auch Querverweise auf Boogaloo, Latin-R&B & Rumba einzubauen weiß

    World Music Network-Mitbegründer Phil Stanton schließlich folgt der DNA des Blues an die Quelle, nach Mali & Niger, nach Mauretanien & Senegal. Viele bekanntere Namen wie Boubacar & Rokia Traoré, Baaba Mal & Mansour Seck, Oumou Sangare oder Daby Balde aber auch die Newcomer Etran Finatwa und die Verbindung zum US-Delta-Blues finden über Corey Harris´Duett mit dem verstorbenen Ali Farka Touré Berücksichtigung.

    Wie immer sind die Cds nicht nur mit kenntnisreichen Liner-Notes zu jedem einzelnen Track, sondern als Enhanced Cds auch mit Text-Infos aus den jeweiligen Rough Guides & Interviews mit den Compilern als Bonus-Material ausgestattet. www.worldmusic.net/radio ist das hier wie stets empfohlene (Internet-)Radioprogramm, das monatlich neu die Rough Guides Radio Show mit Interviews, regionalen Specials und natürlich ähnlich exquisit ausgesuchter Musik wie auf den Cds der Serie bietet.

    www.worldmusic.net


    Up, Bustle & Out - Istanbul´s Secrets with Sevval Sam
    Collision / Echo Beach / Groove Attack

    Der Herbst heuer hat einiges an türkischer Musik zu bieten. nicht nur wartet der Soundtrack zu "Auf der anderen Seite" ebenfalls mit Sängerin Sevval Sam auf (siehe soundtrack), Baba Zulas und Mercan Dedes neue Alben sind auf Doublemoon angekündigt und nun kommen uns die Klangsammler Up, Bustle & Out eingermassen überraschend ebenfalls türkisch. Ihr zehntes Studio-Album teilt sich in eine "Vocal Versions" und eine "Dub"-CD auf. Eine illustre Musikerschar tummelt sich hier, von Thievery Corporations´ own Rob Garza, dem portugiesischen Spoken Word-Poeten Kalaf von Buraka Som Sistema über Jim Barr aus der Portishead Band, den New Yorker DJ Napoles bis hin zur Französin Marina Celeste, um nur die nicht-türkischen Gäste zu nennen. Sänger Benjamín Escoriza von Radio Tarifa übertreibt es etwas mit Flamenco-Ayayay, der Mix ist aber meist ein gelungener. Man darf gespannt sein, wohin es die Weltenbummler Up, Bustle & Out demnächst (musikalisch) verschlägt. www.myspace.com/upbustleandout


    Putumayo presents World Hits
    Various Artists - Putumayo / Indigo

    Hauptsache Hit. Eigentlich ein sinniger Ansatz. Seit den Sechzigern drangen immer wieder einmal Hits aus fernen Ländern in die von Pop, Rock, R&B oder Disco dominierten Charts der westlichen Hemisphäre ein, von Miriam Makeba über Mongo Santamaria bis Manu Dibango. Nun ist diese Putumayo-CD aber bei weitem keine erschöpfende Sammlung geworden, sollte. Immerhin waren die Macher auch bei nur 11 Tracks offenbar bereits bemüht, personelle Parallelen aufzuzeigen. In etwa: Neneh Cherrys "7 Seconds"-Duettpartner Youssou n´Dour ist der grösste Star des Senegal. Seine Landsmänner von Touré Kunda sind mit einem eigenen frühen Hit (? - nagut in Frankreich) und später als Strippenzieher bei Kaomas totgespielten “Lambada” ebenfalls dabei. Anhand der Kopplung zeigen sich aber auch die Grenzen eines in den Staaten beheimateten World Music Labels auf. Für amerikanische Ohren klingen die Gipsy Kings eben auch kredibel.
     

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    Che Sudaka - Mirando El Mundo Al Reves
    K Industri / Galileo
    Somi - Red Soil
    World Village / Harmonia mundi


    Che Sudaka wurde geboren aus der Straßenmusik-Szene Barcelona´s, die auch Manu Chao hervor- und nach oben gebracht hat und vereint Musiker aus Argentinien, Spanien und Kolumbien. Ihre Texte handeln von den Problemen der Immigration, sozialer Ungerechtigkeit und Krieg. Ihre multikulturelle Einstellung drückt sich in spanischen, katalanischen, baskischen, englischen und italienischen Songtexten aus, die jene explosive Kraft aus Punk und Reggae vereinen, welche die Band live regelmässig überzeugen lässt. Sound-Anleihen an das große Vorbild kommen nicht von ungefähr: Für "Mirando El Mundo Al Revés" wird die Band von Manu Chao/Radio Bemba Bassist Gambeat verstärkt, zusätzlich gibt es Gastauftritte von Amparanoia und Karamelo Santo. Eine Multimedia-DVD komplettiert das aufwendig ausgestattete Digipak. Die Band geht Ende Oktober bis Mitte November auf grosse Deutschland-Tour - watch out.

    Wie Simphiwe Dana versucht sich auch Somi als Kind afrikanischer Eltern (aus Ruanda/Uganda) mit ihrem Album "Red Soil In My Eyes" an einem "holistic new African soul-jazz". Die ruhigen, jazz basierten Kompositionen und die tiefe Stimme nähren den Vergleich zur südafrikanischen Ausnahmekünstlerin. Aus Somis Musik hört man deutlich mehr konventionelleren, eben amerikanischen Background heraus, dennoch ist die abwechslungsreiche musikalische Reise der New Yorkerin "nach Hause" auf den afrikanischen Kontinent nicht vordergründig ausgefallen, auch wenn in Manhattan aufgenommen wurde (was das Booklet verschweigt) und überwiegend englisch gesungen wird - ein Hidden Track ist dem Genozid in Ruanda gewidmet. Parallelen auch zum jüngsten Album von DeeDee Bridgewater, die sich vor Monaten ebenfalls von der roten Heimaterde inspirieren liess, für die Aufnahmen aber nach Mali flog und mit heimischen Musikern spielte.

     


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