Reviews Pop - Rock 1-12


 Kate Bush - 50 Words For Snow
Peter Gabriel - New Blood
 
 Noble & Brite - Real World / beide: EMI  
 
 

Das lange als vages Gerücht herumschwirrende Winter-Konzeptalbum von Kate Bush ist nach 6 Jahren Release-Pause doch schneller fertiggeworden, als man es nach dem Herbstrelease ihrer überarbeiteten Fassungen von Stücken aus den Alben "The Sensual World" & „Red Shoes“ vermuten konnte. Nun ist „50 Words for Snow“ da – unvermittelt – auf den nächsten Winter wollte der Star offenkundig nicht warten. Und natürlich ist es grandios, das Gefühl stellt sich bereits nach dem ersten Stück ein. Statt für Peter Gabriels „New Blood“-Konzerte und ein mögliches „Don´t Give Up“-Revival ihre seit Jahrzehnten kultivierte Bühnenabstinenz aufzugeben, kommt La Bush als Schneeflocke zur Erde nieder, lässt sich mit niemand Geringerem als Elton John in der "Wheeler Street" einschneien und fantasiert über die Erotik eines Schneemannes. Vielleicht so einer wie Schauspieler Stephen Fry, der 50 Wörter und Umschreibungen für Schnee in diversen Sprachen (inklusive klingonisch!) rezitiert, während Kate die zugehörigen Nummern wie adoleszent dazwischensäuselt & -haucht. Outstanding.

www.katebush.com/home

TIPP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 





 

Peter Gabriel befindet sich nach den Coverversionen von „Scratch My Back“ in der Mitte einer Orchester-Trilogie. Die Anwort der Gabriel-Kompositionen interpretierenden Kuenstler wird dabei das dritte Album bilden, während zunaechst im Herbst die 14 Orchesterversionen eigener Stücke mit dem eigens formierten New Blood-Orchestra erscheinen. Der orchestrale Mantel verleiht den meisten Songs eine neue lohnende Dimension, wahrend der mittlerweile 61-jährige Gabriel dabei auch stimmlich zu überzeugen weiß., im Background unterstützt von seiner Tochter Melanie & der Norwegerin Anne Brun, die den Bush-Gesangspart von „Don´t Give Up“ so gut es geht meistert. Gabriel `stringplugged´ wird Gabriel für einige neue Hörer interessant machen, während manche Kritiker den Künstler schon im Abdriften in die E-Kultur wähnen. www.petergabriel.com
TIPP
 
 
 Florence + the Machine - Ceremonials  
 Island / Universal  
 
 

Oh my. Karl Lagerfeld hat die Renaissance-Beauty Florence Welch zur neuen Muse auserkoren. Ob derartiger zusätzlicher Modetrubel der mit ihren verwunschenen Pop-Ideen schnell über die Grenzen des UK hinaus erfolgreichen Künstlerin gut tun wird, muß man abwarten. Das nun trotz des Hypes seit ihrem Debüt “Lungs” (Vogue-Interview durch Elton John und ähnliche Späße) in offenbar wohlüberlegtem Abstand vorgelegte Album “Ceremonials” bietet nicht nur eine Weiterentwicklung, sondern den Fans auch gleich Einiges an Bonusmaterial – die Deluxe Edition erscheint als Doppel CD mit gleich acht zusätzlichen Songs wie Demos & Akustik-Versionen von „Heartlines“, „Shake It Out“ oder „Breaking Down“. www.florenceandthemachine.net

 

 
 
 Meshell Ndgeocello - Weather  
 Naive / Indigo  
 
 
"Ich habe die Songs zur Gitarre geschrieben", verrät die Meshell Ndegeocello bezueglich ihres neuen Albums. Das Ergebnis konnte man nun beim besten Willen nicht mehr zum Jazz stecken Die für die “angryness” in ihrer tiefen Stimme geradezu berüchtigte MN gibt sich mit “Weather” auf einmal sanft, friedlich und überraschend deutlich popnah. "Weather" ist ein rundum zugängliches Album, folkig und songorientiert, inclusive einiger Balladen (vielleicht insgesamt einer davon zuviel, denkt man, beim neunten Track angekommen). Die in Berlin geborene amerikanische Musikerin verordnet hier Jazz & Funk & Angryness eine Pause und verrät dem Hoerer einige Geheimnisse...Produzent: Joe Henry (Ani DiFranco, Allen Toussaint) www.meshell.com  
 
 
 Amy Winehouse - Lioness: Hidden Treasures
Aura Dione - Before The Dinosaurs
 
 beide: Island / Universal  
 
 

Leider hat sich Lioness : Hidden Treasures, das dritte Album von Amy Winehouse auf dem Redaktionsschreibtisch immer noch nicht materialisiert. Mit den 12 Songs aus dem “Nachlass” der von den Medien zuverlässig statt zur “Rehab” in den Abgang eskortierten Skandal-Projektionsfläche wird man möglicherweise noch einmal daran erinnert werden, dass hier nicht nur ein nervendes Yellopressthema (bis zum nächsten “Jubiläum”) versenkt wurde. Bis zum Hals im Hype stand eine junge Frau, die neben einem außergewöhnlichen Talent für diverse Lebenskatastrophen eben auch das für Gesang hatte. Superlative, ob aus dem Kreis ihrer Familie oder aus der Journaille, sind allerdings anhand dieser posthum erstmals veröffentlichten Songs fehl am Platz.

“Nackt zu posieren, bedeutet noch lange nicht, dass man Sex zur Vermarktung nutzt.” dieser Überzeugung ist zumindest Aura Dione - derzeit auf Platz 1 der deutschen Charts. Deuten sich auch hier fatale Fehleinschätzungen der junge Sängerinnen umgebenden Medien- & Marketingmaschinerie an? Dabei ist Dione in vielerlei Hinsicht der Gegenentwurf zu Amy Winehouse. Ihr zweites Album jedenfalls enttäuscht (uns) auf der ganzen Linie. Weder “spielt” die junge, erklärtermaßen einer Art Hippiehaushalt entsprungene Dänin “mit den Sinnen”, wie die Plattenfima verlautbart, noch vermag Dione nach ein, zwei interessanten Songs auf ihrem Debut “Columbine” mit “Before The Dinosaurs” Substanz nachzulegen, denn geboten wird nur mediokres, im R&B-Einerlei absaufendes Songwriting. Die immergleiche Shakira-Jodelsequenz in diversen veröffentlichten Interviews auf den Lippen, flüchtet sich AD in spekulatives Packagedesign garniert von vom Management vorgestanzten Sprüchen wie "I will never feel more naked than when I´m on stage with my songs". Der prüde US-Markt soll so offenbar geknackt werden. www.www.auradione.com

 




 
 
 Mayer Hawthorne - How Do You Do  
 Stones Throw / Universal  
 
 
Verve & Fun vom New School-Soul-Wunderkind aus Detroit. Mayer Hawthorne legt mit seinem zweiten Album “How Do You Do” einen ganz starken Nachfolger zu “A Strange Arrangement” vor. Mayer Hawthorne, liefert trotz Kopfstimme irgendwie unverkrampft & frisch klingenden, zudem bis ins Detail klasse produzierten Soul-Sound mal als schmachtende Ballade auf Smokey Robinsons Spuren, mal als funky groovender Vocal Leader. Ganz sicher schadet es nicht, dass das Allround-Talent Bass, Keyboard und Gitarre, spielt und sich vor der Reife zur veritablen Soul-Hoffnung auch in anderen Musikstilen austoben konnte. Mit diesem Album werden sowohl aus den 60er/70er Jahren übriggebliebene Soul-Jünger, als auch Retro- und Popfans ihren Spaß haben. Play all Tracks! www.mayerhawthorne.com
TIPP

 
 
 Make The Girl Dance - Everything Is Gonna Be Ok In The End  
 Ministry Of Sound / Warner TIPP  
 
 

Was wird hier versprochen? “Bei diesen Jungs ist der Name Programm.” Umfrage und Test bei den nächstbesten zwei Girls, denen das Versprechen gilt, ergeben war nicht die volle Punktzahl, aber man(n) muß konstatieren, die allermeisten der Uptempo-Pop-Songs des französischen Duos machen richtig Spaß. Und ihr Erfolgsvideo “Baby Baby Baby” ist bei weitem nicht der stärkste Song. Stärker als der ab hier in der zweiten Albumhälfte bediente Elektro-Club-Sound macht sich der zuvor verabreichte einfallsreiche Pop mit Duftnoten a la B-52s, Phoenix, Tahiti 80 oder Ting Tings, der mit dem letzten Albumtrack noch einmal zurückkehrt.
Play Tracks 1-7, 14. www.makethegirldance.com

 
 
 
 Gus Black - The Day I Realized / John Watts - Fischer Z  
 Various Artists - India / Rough Trade * So Real / H´ART  
 
 

Auf das Talent des kalifornischen Songwriters Gus Black wurde an dieser Stelle ja bereits hingewiesen. Fuer sein mittlerweile auch schon sechstes Studioalbum "The Day I Realized" hat sich Black Verstaerkung ins Boot geholt: Produzent Tom Biller war fuer die meisten der Songs mitverantwortlich. Die sind dann auch solide ausgefallen. Trotz der sachte an Neil Young erinnernden Single "Waiting In The Cold" hinterlaesst das aktuelle Album jedoch keinen so starken Eindruck wie der Vorgaenger. So wird der auch bei uns fleissig auftretende Black vorerst noch keinen grossen Karriereschub verspueren. www.gusmusic.com
Gerade erst konnte man sich von der ungebrochenen Spielfreude des Mannes ueberzeugen. Im Rahmen seiner herbstlichen Tournee durch die Republik, die John Watts unter anderem auch in Muenchen in die wunderbare Location Kongreshalle fuehrte, bestritt Watts mit der geichen Band wie beim gleich sein eigens Vorprogramm: Nach diesem ersten Teil, in dem sich Watts sehr bemuehte, das Publikum trotz dessen verhaltener Reaktion mit neuen Songs zu ueberzeugen, gab es im zweiten Teil dann die volle Breitseite an Fischer-Z-Hitmaterial, "Room Service", "Crazy Girl", "So Long", "Battalions of Strangers", "The Worker" und natuerlich "Berlin'. Diese (und andere) haben es auch auf die vorliegende CD geschafft, deren Arrangements dennoch im Vergleich mit den Originalen abfallen.. Immerhin zeigt der Mann Haltung: Der bisher unveroeffentliche Fischer Z-Track von 1985 handelt vom Kampf der englischen Minenarbeiter gegen die Thatcher-Administration. www.fischer-z.com

 



 
 
 The Do - Both Ways Open Jaws
Wild Flag - Wild Flag
Ladytron - Gravity The Seducer
 
 Various Artists -Naive / Indigo * Wichita - PIAS / Rough Trade * Nettwerk / Soulfood  
 
 

Wer waren nochmal The Dø ? Die mit dem Indiehit "On my Shoulders", danach gehypt bis an die Schmerzgrenze. Auf dem zweiten Album haben der französische Soundtüftler Dan Levy und die finnische Sängerin Olivia Merilathi sich davon nicht irre machen lassen, einen Nachfolgehit landen zu müssen. "Gonna be sick!" oder "Too insistent" könnten im Sparten-Radio zwar funktionieren, der Rest der für unseren Geschmack unentschieden zwischen Pop, Indie, Klassik und Jazz umherturnenden Kompositionen wird dem Hörer aber nicht gerade den Mund offenstehen lassen.

www.thedomusic.com

Wild Flag, aus ehemaligen Mitgliedern von Sleater-Kinney, Helium und Stephen Malkmus and The Jicks zusammensetztes Girl-Punkpop-Ensemble aus Portland, Oregon hinterließen gleich mit seinem ersten Live-Auftritt hierzulande (beim diesjährigen South by Southwest) bleibenden Eindruck Das Quartett aus vier Sängerinnen an Gitarre, Bass, Keyboards & Drums fusioniert auf dem schlicht betitelten Debut Rrriot Girl -Ingredenzien, mit Punk, Indie Rock und 60s Girl-Group Pop mit einem Schuß Psychedelia. www.facebook.com/wildflag oder: myspace... (beides nervt - spendiert den Mädels doch mal ne website in Wichita...)

"Gravity The Seducer" ist der kryptisch betitelte fünfte Longplayer der gerade ihr zehnjähriges Bestehen begehenden Liverpooler Gruppe, von der ihr Label gerade erst ein Best-of-Album auf den Markt geworfen hatte. Schon jene Kopplung war auf ein überraschend zwiespältiges Echo bei der Kritik gestossen - die Zeiten, in denen Ladytron (& andere weiblich dominierte Elektropop-Konsorten) von der Musikpresse umarmt wurden, scheinen vorbei zu sein. In der Tat könnte ein neues Album ein wenig mehr Abwechslung in und um den Trademarksound der vier bieten als es bei dieser nicht aus dem Hall herauskommenden Platte.
www.ladytron.com

 


 
 
 Darkness Falls - Alive In Us / Loch Lomond - Little Me Will Start A Storm / Loudboy - Loudboy  
 Various Artists - Hfn - Chemical Underground / beide: Rough Trade * Rent A Dog * Alive  
 
 1 - Verhangener, verhallter Dreampop - dafür steht das Duo Darkness Falls aus Kopenhagen. Entdeckt und vom Fleck weg produziert von Elektro-Kollege (Anders) Trentemøller, der hier auch mit dem einen oder anderen Instrument vertreten ist, reüssieren Sängerin & Keyboarderin Josephine Philip und Gitarrstin & Bassistin Ina Lindgreen nach einer EP auch mit "Alive In Us": melancholische Melodien , 60s Twang-Gitarren , Space-Pop und Harmoniegesang - nicht die schlechtesten Zutaten.
2 - Loch Lomond kommen nicht etwa aus Schottland, sondern aus Portland, Oregon (ein musikalisch reges Städtchen, s.o.)und werden derzeit in USA über die Street Trial-Bike-Videos des Szene-Gurus Danny MacAskill bestens gehypt, für dessen Filme sie Songs wie "Wax And Fire" lieferten. REM, Mercury Rev oder The Decemberists, mit denen Loch Lomond schon tourten, können als Einflüsse und nahe Verwandte gelten.
3 - John Andrews aka Loudboy, langjähriger Gitarrist der New Yorker Independent-Rock-Truppe Botanica - hat auf seinem Debütalbum u.a. Unterstützung am Mikro durch Ex-Bauhaus-Frontmann Peter Murphy und, man glaubt es kaum in diesem Genrekontext, Nena (derzeit recht aktiv, siehe Single zum OST "Rubbeldiekatz") vorzuweisen. Letztere veredelt immerhin den abschließenden Track "Hiding". Der Rest wird am ehesten Anhängern des Genres Rockballade Vergnügen bereiten.