Reviews Pop - Rock 02-2015

* soundtrack * crossover * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *
 Gang of Four - What Happens Next / The Pop Group - Citizen Zombie 
 Membran * Freaks R Us (Indigo) VINYL-TIPP & LIVE-TIPP
 
 
 

Ein neues Gang of Four-Album. Nur noch Mastermind & Band-Gründer Andy Gill ist mittlerweile übrig, nachdem auch der langjährige Sänger Jon King sich abgemeldet hat. Am Mikro jetzt eine veritable Überraschung in Sachen ''What Happens Next'': die Zusammenarbeit der stilprägenden Post-Punk-Funker mit - Herbert Grönemeyer. Der Vorgänger "Content" erschein ja auf dessen Grönland-Label. Gill zu diesem Coup:"I've known him for about 20 years; my old friend Anton Corbijn introduced us." Dennoch ist es ungewohnt, Grönemeyer stimmlich zurückgenommen & in ungewohntem Kontext von "Diving Rays" (und der das Album beschließenden deutschen Version "Staubkorn") zu hören. " I knew I had to tailor-make sth for his emotional way of singing. It's me, it's Gang of Four; but it reaches out to touch his universe." Weitere Gäste am Mikro: Alison Mosshart, die sich insbesondere auf "Broken Talk" auszeichnet, Gail Ann Dorsey & Robbie Furze. Das sonstige neue Line Up rockt: John ''Gaoler Sterry (voc), Thomas McNiece (b) & Jonny Finnegan (dr) - allein das heavy-schleppende "Obey The Ghost" ist ein Fremdkörper. Play 1-5,7-11. Nach der im März folgenden US-Tour endlich auch zumindest ein deutscher Konzerttermin: am 23.4. in Berlin!

Wesentlich länger als die Gang war die aus ähnlichem künstlerisch-linken Umfeld geborene Pop Group abgetaucht. Nach dem großen Punk-Funk-Wurf mit "For How Much Longer Do We Tolerate Mass Murder" hieß es schnell: "We Are Time" (1980). Zählt man diverse Nachfolgeprojekte wie Rip, Rig & Panic oder Pigbag und die Solo-Umtriebe von Frontmann Mark Stewart nicht, erscheint Ende Februar das erste Album seit 35 Jahren! Sicher schadete es nicht, im spätgeborenen Oscar- & Grammy-prämierten Produzenten Paul Epworth (Primal Scream, Florence & The Machine, Adele) einen langjährigen Fan zu haben - beide Seiten sind voll des Lobes über die Zusammenarbeit an „Citizen Zombie“. Der Opener & Titeltrack sowie das nachfolgende „Mad Truth“ geben um Stewarts manische Vocals herum gleich ordentlich Gas - und auch die Gesellschaftskritik in den Texten ist natürlich nicht verstummt. Aufgenommen wurde über die letzten zwei Jahre - mit den weiteren Originalmitgliedern Dan Catsis (b), Gareth Sager (git) und Bruce Smith (dr). "Even I am shocked by the album. Let the freak flag fly.” (Mark Stewart) www.thepopgroup.net

 



 
 Kitty, Daisy & Lewis - The Third
 
 Pias Coop - Sunday Best / Rough Trade TIPP, LIVETIPP & GEWINNSPIEL
 
 
 
Noch abgeklärter als auf den beiden Vorgängern beweisen Kitty, Daisy & Lewis mit ihrer auf Vintage Equipment virtuos eingespielten Fusions-Clubmucke aus Rockabilly, Blues und Offbeat, dass handgemachte Musik weder Auslaufmodell ist, noch ausschließlich im eng abgegrenzten Die-Hard-Rockabilly-Zirkel funktioniert.Mittlerweile im Mid-Twen-Bereich angekommen, spielen die drei Retro-Geschwister munter weiter auf wie alte Hasen. Könnte auch ein wenig mit Produzent Mick Jones von The Clash zu tun haben, der dem Rohdiamanten-Trio bei "The Thrid" das letzte Quentchen Feinschliff verpasst. Erste Single: das vorab veröffentlichte "'Baby Bye Bye". Play as well: "Turkish Delight", "Bitchin´ In The Kitchen" oder "It Ain´t Your Business" - alle großartig. Vom 22.2.(Hamburg) bis 12.3. (Köln) immer wieder im deutschsprachigen Raum unterwegs - in der Münchner Muffathalle am 28.2.! PIAS - Ticket-Gewinnspiel ! www.kittydaisyandlewis.com
 

 
 
 The Waterboys - Modern Blues / Mike Flannery - By The Rule
 
 Harlequin & Clown/ Rough Trade TIPP ! LIVE-TIPP
 
 
 
"I´m still a freak, I never went straight. I kept my appointments with fate...but I´m still here." Mike Scott is back...und wie. Für die Meisten dürfte der Waterboys-Mastermind länger vom Radar verschwunden gewesen sein, als es nackte Diskographiedaten belegen, Scotts letztes Album liegt nur drei Jahre zurück. Doch erst mit dem in Nashville eingespielten "Modern Blues" knüpft der Schotte fulminant an seine Highlights aus den 80er ("Fisherman´s Blues", "This Is The Sea") und 90er Jahren ("Dream Harder") an. Hymnische Refrains, mit gern 1,2mal öfter als anderswo wiederholten key phrases, polternder Gitarren-Rock incl. elektrischer Soli, Springsteen & E-Street-Band-Wall-of-Sound, nachdenkliche Folk-Passagen, all das getragen von feinem Old School-Songwriting und Melodien, die öfter ein zwei Anläufe benötigen, dann aber umso nachhaltiger beim Hörer bleiben. Play all songs. www.mikescottwaterboys.com/

Und dieser Mann klingt noch öfter, manchmal gar frappierend ähnlich, nach Springsteen: Stimmlich ist der "Boss" selten weit weg, wenn der 30-jährige Ire Mike Flannery seine Stimme erhebt. Dabei war es Flannerys Bestreben, mit dem aktuellen, in Irland aufgenommenen Album weiter "vom amerikanischen Klang loszukommen, den ich mir vom ausgiebigen Tom Waits-Hören angeeignet hatte." Musikalische Mitstreiter sind Bassist Shane Fitzsimmons und Geigerin Karen O´Doherty. Produziert wurde "By The Rule"von Drummer Christian Best & Ryan Freeland, der schon mit Aimee Mann oder Joe Henry arbeitete. www.mickflannery.com
Vom 1.-18-. März sind Mike Flannery & Band im deutschsprachigen Raum unterwegs, am 6.3. ist das Münchner Milla an der Reihe.

 

 
 
 Echosmith - Talking Dreams  
 Warner Brothers / Warner LIVE-TIPP
 
 
 
"Let´s love while we are young..." Die schon 2013 aus ihrem Debüt "Talking Dreams" abgefeuerte erste Hammer-Platin-Single "Cool Kids" musste die Erwartungen an den `neuen´ Longplayer der vier Sierota-Geschwister in galaktische Höhen schrauben - in Deutschland zumindest, denn in den USA war das Echosmith-Album schon seit eineinhalb Jahren erhältlich. Hierzulande wird es neu verpackt im Vorfeld der Deutschland-Tour ab Ende April (s.u.) jetzt erst offiziell veröffentlicht und enthält, jetzt wissen es bald alle, ausser dem herausragenden "Cool Kids" "nur" runde zehn Mal solide Uptempo-Power-Dance-Pop-Konfektionsware. Aber Zeit, mehr daraus zu machen, haben die Sierota-Four ja durchaus noch.
Echosmith sind ab dem 28.4. bis zum 5.5. (Münchner Kranhalle) auf Deutschland-Tour.
www.echosmith.com
 

 
 
 Mark Ronson - Uptown Special 
 Columbia / Sony TIPP 
 
 
Robbie Williams- & Amy Winehouse(†)-Produzent Mark Ronson hat immerhin vier Jahre immer mal wieder am vorliegenden Solo-Album getüftelt. Seine HipHop. Funk, sowie R&B-Vorlieben aus 90er-DJ-Zeiten spielten als Ausgangsbasis ebenso eine Rolle wie der Plan, Soul der späten 60er bis frühen 80er aufs Podest zu heben. Dazu wird schon mal kein Geringerer als Stevie Wonder für den (Mundharmonika-)Album-Opener bemüht. Bei "Feel Right" macht Rapper Mystical glaubwürdig auf James Brown; der frühe Prince, Michael Jackson, Earth, Wind & Fire, Kool & The Gang und sogar Steely Dan stehen Pate bei anderen der 11 "Uptown Special"-Tracks. Drei davon werden vom Tame Impala-Sänger Kevin Parker intoniert, der auch an diversen Instrumenten mitmischt. Eine Neuentdeckung des Grammy-Sammlers Ronson ist die 23-jährige Sängerin Keyone Starr. Play Tracks 3, 4, 6, 8. www.markronson.co.uk
 

 
 
 Stars - No One Is Lost 
 Pias Coop / Rough Trade TIPP ! & VINYL-TIPP
 
 
 
Ein Nachzügler aus Montreal - aber was für einer! Das mittlerweile schon siebte Studioalbum aus dem Herbst des Vorjahres - erst unlängst hier angelandet - zeigt die kanadische Indie-Pop-Band in Höchstform - auf Augenhöhe mit den stets in den Himmel gehobenen Kolleg(inn)en von Arcade Fire . Die Aufnahmen entstanden in einem eigens renovierten Studio direkt über einem beliebten Nachtclub, dessen 4/4-Beat-Geräuschkulisse die Arbeit an den neuen Songs von "No One Is Lost" hörbar beeinflusste. Auch ein verträumtes Duett ("Look Away") und Prefab Sprout-Anklänge gesellen sich zum disco-infizierten Überraschungsvolltreffer.
Play Tracks 1-11. Derzeit und bis in den April sind Stars (leider) mit einer Tour durch Kanada, die USA & Mexico ausgelastet. www.youarestars.com/home
 

 
 
 Sleater-Kinney - No Cities To Love 
 Sub Pop / Cargo LIVE-TIPP
 
 
 
Der wilde, fast nach frühen Siouxsie & The Banshees klingende Opener "Price Tag" lässt die Kritiker-Lobeshymnen auf das 90er Rrriot-Girl Phänomen Sleater-Kinney auch nach der 10-jährigen VÖ-Abstinenz des Frauen-Dreiers aus Olympia, Washington nachvollziehbar erscheinen. Auch "Fangless", "A New Wave" und der Titeltrack verströmen noch reichlich guitar-bass-drums-Post-Punk-Energie in Patti Smith meets Gang of Four (s.o.)-Manier. "Wir sind immer noch stark genug, um im Keller zu arbeiten & zu schwitzen und unsere Band immer neu zu erfinden, meint Gitarristin Corin Tucker. Aufgenommen wurde in San Francisco, Portland & Seattle, produziert hat - wie früher schon - John Goodmanson. Ein einzelnes Deutschland-Konzert: am 18.3. in der Berliner Huxley´s Neue Welt, bevor es ins Amsterdamer Paradiso weitergeht. www.sleater-kinney.com
 

 
 
 Punch Brothers - The Phosphorescent Blues / Liam Hayes - Slurrup 
 Nonesuch / Warner * Fat Possum Records - Pias / Rough Trade TIPP
 
 
 
Die nach einer Kurzgeschichte von Mark Twain benannten Punch Brothers um dem mehrfach Grammy-nominierten Mandolinen-Wizzard Chris Thile schaffen es auch auf dem neuen Album "The Phosporescent Blues", Bluegrass & Folk, Indierock und Jazz auf kurzweilige Art zu fusionieren. Manchem Kinogänger wird die Band, in der auch Fiddler Gabe Witcher, Gitarrist Chris Eldridge, Bassist Paul Kowert & Banjo-Virtuose Noam Pikelny instrumentaltechnisch Hochwertiges und - alle vier - mehrstimmigen Gesang beitragen, durch ihren Club-Auftritt im letzten Film der Coens, "Inside Llewyn Davis", aufgefallen sein. Dort am Set kam die Zusammenarbeit mit T-Bone Burnett zustande. Der namhafte Produzent ist voll des Lobes: "Eine der unglaublichsten Bands, die dieses Land je hervorgebracht hat." Derzeit wird in ebenjenen USA getourt. Deutsche Daten zuerst auf:
www.punchbrothers.com

Geküsst wird auch auf dem Cover von "Slurrup", doch ist der verantwortliche Plush-Mastermind Liam Hayes im Vergleich etwas ungeschliffener unterwegs. Der Singer/Songwriter aus Chicago, hier unterstützt von Bassist John San Juan & Drummer Eric Colin Reidelberger, erinnert in seinen Kompositionen & im Vortrag wechselseitig mal an Paul McCartney, mal an George Harrison- und damit die frühen Beatles - mal an Indie-Routiniers wie Wilco. Insgesamt ordentlich, wenn auch - insbesondere für eine CD mit nur knapp über 30 minütiger Spielzeit - ausbaufähig. Auch Liam Hayes hatte - schon 2000 bei "High Fidelity"- einen Slot im Soundtrack eines erfolgreichen Musikfilms ergattert, nur hat´s bisher noch nicht "zoom" gemacht. Da hat Fat Possum noch ein bissl was zu tun.
http://liamhayesandplush.com
 


 
 
 Moulettes - Constellations / a band of crickets - Inter larvas
 
 Navigator Records / H´Art * behind the black curtain records LIVE-TIPP
 
 
 

Die Moulettes aus Südengland melden Mitte letzten Jahres Vollzug beim dritten Studio-Album "Constellations" - sowie eine recht erstaunliche Genrebandbreite. Jetzt wird das Album auch in Deutschland veröffentlicht. Mit illustren Gästen wie Arthur Brown, Herbie Flowers (Lou Reed), Blaine Harrison (Mystery Jets), Emma Richardson (Band Of Skulls) oder Faye Richardson und Dubstep-Produzent Mike Dennis aka Dface aus Brighton mischt das Indiefolk-Ensemble um die (meist betörend) singenden Hannah Miller & Ruth Skipper Girlie-Pop, allerlei einfallsreiche Arrangements sowie bei Kate Bush oder Björk abgeschaute Stilmittel in ihren individuellen Folk-Pop-Noir-Sound. Bandleaderin Hannah Miller ist auch für das fantasievolle Package-Design verantwortlich. www.moulettes.co.uk Live vom 11.-21.3. in Deutschland - München ist am 15.3. dran (Strom).

Noch etwas düsterer, aber nicht weniger vielseitig kommt das Berlin-Brandenburger Kollektiv a band of crickets auf "Inter larvas" daher. Ein wenig unentschlossen mag es wirken, wenn das Trio zwischen Electronica, Dubstep, Trip­ Hop, Dub-Reggae ("aesop"), Prog-Rock, Psychedelic, Industrial und Pop munter hin & her tänzelt. Aber gekonnt ist es allemal. Auch wegen der beachtlichen Stinmme der anonymen crickets-Sängerin mögen Namen wie Björk, Lamb, Portishead und Massive Attack als Anhaltspunkte gelten, ohne dass hier billig abgekupfert würde. Also, neugierig haben uns die drei schon mal gemacht. Wer nun wirklich hinter den venezianisch anmutenden Pestmasken, die auf der Bühne und auf Fotos angelegt werden, stecken mag? Anfänger können es nicht sein. www.abandofcrickets.com

 



 
 
 Gravenhurst - Flashlight Seasons...Black Holes In The Sand...Offerings: Lost Songs 2000-2004 / Tropics - Rapture / Fraser Anderson - Little Glass Box  
 Innovative Leisure * Warp / beide: Rough Trade * Membran
 
 
 1 - Singer/Songwriter Gravenhurst feiert sein 10-jähriges Jubiläum bei Warp Records. Drei Frühwerke (ab 2004) werden zusammen mit unveröffentlichem Material als opulente Triple-CD-Box veröffentlicht (auch als Vinyl-Editionen): der Warp-Einstand "Flashlight Seasons", das Minialbum "Black Holes In The Sand" und weitere Archivsongs bieten die bekannt enigmatisch-poetisch angedüsterten Texte, filigrane Vocals und das virtuose Gitarrenspiel, mit dem sich der Mann eine Fangmeinde aufgebaut hat, von deren Treue man sich auch bei den kürzlichen Gigs im deutschen Raum überzeugen konnte. 2 - Hinter Tropics und dem neu auf dem kalifornischen Innovative Leisure-Label erscheinenden Album "Rapture" steckt der 27-jährige Neu-Londoner Multiinstrumentalist Chris Ward. Der klassisch geschulte Pianist komponiert auf dem Klavier und setzt seine Ideen später im Studio um. Als musikalischen Einflüsse nennt er Peter Gabriel, Max Roach oder Arthur Russell. Die Liebe zur Avantgarde-Percussion, 70er und 80er Jahre Singer/Songwriter-Pop und Ambient ging in die instrumentale Seite des Albums ein, den eigenen, leicht androgynen Gesang entdeckte Ward erklärtermaßen erst im Laufe der Aufnahmen. facebook.com/tropicsband 3 - Last but not least: Fraser Anderson ist ein schottischer Gitarrist, Sänger und Songschreiber, der schon mit Joan Armatrading oder The Low Anthem gearbeitet hat, bevor er inmitten der idyllischen Landschaft der Ariège eine Familie gründete und eine Weile lang nur mehr sporadische Konzerte gab. Auch 'Little Glass Box " wurde im Süden Frankreichs aufgenomen, mit handverlesenen Studiocracks wie Kontrabassist Danny Thompson (John Martyn, Nick Drake ), Trompeter Dick Pearce (Ronnie Scott Quintet), Schlagzeuger Martin Ditcham (Sade), Pianist Max Middleton (Jeff Beck , John Martyn). Auch Co-Produzent Paul Lilly ist am E-Bass mit von der Partie, während Anne Francoise Lacroix ´french whispers´ beisteuert. A labour of love. www.fraseranderson.com
 
 
 
  

 
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