Reviews 10-11-10 Filmmusic


* soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *

 Tim Robbins and the Rogues Gallery Band
 
 PIAS / Rough Trade
 
 

Musizierende Schauspieler gehören mit in diese Rubrik. Um so besser, wenn es zu vermelden gibt, dass die Nebentätigkeit musikalisch, aus welchem Grund auch immer, ihre Berechtigung hatte. Dies scheint beim vorliegenden Album von Oscarpreisträger Tim Robbins ("The Player", "Mystic River", "Short Cuts" etc) der Fall zu sein, denn produziert wurde es von der Produzentenlegende Hal Willner (der bereits mit Lou Reed, Marianne Faithfull und vielen weiteren gearbeitet hat, für geniale Themenkopplungen zu Disney, Rota und Thelonious Monk verantwortlich zeichnete und Jun Miyake (mit-) entdeckte . Tim Robbins wiederum wuchs in einer sehr musikalischen Familie auf , stellte 1992 bereits sehr glaubhaft einen Folksänger im Film "Bob Roberts" dar, wartete aber dennoch, bis er jetzt mit 51 sein Debüt (9 Eigenkompositionen) aufnahm - und zwar mit einer illustren Gästeschar. Roger Eno, Kate St John, Rory Mc Farlane und David Coulter sind u.a. nun mit von der Partie, die sich stilistisch zwischen Americana, Folk und Gipsy bewegt. Gelungen. Und der Mann kommt live nach Deutschland - 15.10. Köln, 16.10. Berlin, 17.10. Hamburg...
 
LIVE-TIPP!

 
 
 Brian Wilson Reimagines Gershwin
 
 Disney Pearl / EMI
 
 

Von über 100 unvollendeten Songs aus dem Nachlass der Gershwins (insbesondere dem des Komponisten George) hat sich die Beach Boys-Ikone letztlich nur zwei herausgesucht, die auf diesem naturgemäß aufsehenerregenden Album nun zum ersten Mal erklingen - "reimagined by Brian Wilson". Der stärkere der beiden, "The Like In I Love you" klingt fast mehr nach Wilson als nach Gershwin und "Nothing But Love" ginge auch als Beach Boys-B-Seite durch. Dennoch ist das Album mehr als nur ein weiteres im Meer der Gershwin-Tributes oder ein "Gershwin Goes Surfin´". Bereits auf "That Lucky Old Sun" transformierte Wilson einen alten Louis Armstrong-Titel, was evtl. Todd Gershwin, den Großneffen des alten George, bewogen haben mag, Wilson für das Projekt zu gewinnen. Dieser war stets von Gershwin beeinflußt, was seine ganz persönliche Auswahl (bereits weltbekannter) Lieblingsstücke die nun den Kern des Albums bilden, verdeutlicht. Man hört die "Rhapsody in Blue" als Intro (& Outro) acapella und die folgenden Songs sind, ob verhalten oder mid-tempo im Beach Boys-Swing umgesetzt, von feinfühligen Arrangements, virtuosen Chören und einer Leichtigkeit bei Streichern und Rhythmus geprägt. Und ob es noch zu weiteren Bearbeitungen der unvollendeten Gershwin-Hinterlasenschaften kommt oder nicht, für Brian Wilson gilt wohl: "They Can´t Take That Away From Me" - schon jetzt ein wunderbarer Rausschmeißer. Klassiker!
 

TIPP!



 
 
 Steve Reich - Double Sextet 2x5
 
 Nonesuch / Warner
 
 


Von den sogenannten Minimalisten zeigte sich der New Yorker Steve Reich stets als am meisten rhythmisch fasziniert. Tempo und Timing sind seine immer präsenten Themen. Vom Ensemble eight blackbird in Auftrag gegeben und eingespielt, gewann das erste hier vertretene Stück 2009 bereits den Pulitzer-Preis für Musik. Zwei in der Besetzung (Flöte, Klarinette, Vibraphon, Klavier, Violine und Cello) identische Sextette spielen mit und gegeneinander - entweder 12 Musiker live oder 6 live mit/gegen ihre eigene Aufnahme - ungeheuer spannend. "Double Sextet" gilt bereits als eines der gelungensten Werke Reichs. Dagegen hat es das zweite, nach dem gleichen Prinzip konzipierte, aber für die Besetzung 2 E-Gitarren, Piano, Bassgitarre, Drums geschriebene Stück "2x5" schwer, obwohl die Ausgangssituation , an der auch Kraftwerk beteiligt war, hochinteressant schien. Die Ausführung beim Manchester International Festival lag beim Ensemble Bang On A Can., die zu fünft gegen ihre eigene Aufnahme anspielten. www.stevereich.com/

 
TIPP!

 
 
 Yann Tiersen - Dust Lane
 
 Mute -Aip / EMI
 
 

Folgend auf "Les Retrouvailles" ist "Dust Lane" das sechste Studio- Album von Yann Tiersen. Während der mehrmonatigen Produktionszeit verlor der Musiker seine Mutter und einen engen Freund, was die dunkle und nachdenkliche Seite seiner Musik noch mehr zum Vorschein brachte. "Eine Reise auf der staubigen Straße, die uns bis zum Tod führt.” Unter Einsatz einer Reihe von elektronischen Vintage Sounds entstand ein durchaus opulent instrumentiertes Herbstalbum, das von Tiersen selbst produziert und von Ken Thomas (Sigur Rós, M83, Moby) abgemischt wurde. Tiersen wird die 8 längeren Tracks auf ausführlichen Konzerttournee durch Europa vortstellen. Tiersen ist mit der neuen Produktion im November und Dezember live im deutschsprachigen Raum zu erleben. Als erstes ist am 26.11. das Backstage in München dran. www.yanntiersen.com/
 
LIVE-TIPP!
 
 
 Elliott Sharp - Spectropia Suite
 
 Neos Music GmbH / CodaEx
 
 

Der US-Avantgarde-Komponist Elliott Sharp ist recht vielseitig. Nicht nur ist er Gitarrist und Saxophonist, er schreibt auch überzeugend und originell für große & kleine Orchesterensembles, für Filme und Multimedia-Projekte. Außerdem entwirft und baut er auch neue Instrumente und produziert die Platten anderer Musiker. Für seinen steten Wechsel zwischen diversen Genres mag auch die vorliegende "Spectropia"-Suite stehen. Der Film von Regisseur Toni Dove spielt im England des Jahres 2099, und im New York von 1931 ( direkt nach dem Börsencrash). Sharp entwarf zwei verschiedene musikalische "Noir"-Szenarien. Für den Big Apple der Vergangenheit ließ er Duke Ellington und Edgar Varèse aufeinandertreffen. Der Song "This Time That Place" , der in verschiedenen Versionen im Film auftaucht, wird unetr anderem (als Ballade) von Ex-Blondie Debbie Harry gesungen. Mit der `The '31 Band´, einer Truppe eingespielter Sessionmusiker vertonte Sharp dann cue für cue auch die Zukunftssequenzen und den Rest des Films. www.elliottsharp.com
 


 
 
 Moebius - Blue Moon
 
 Sky - bureau b / Indigo 
 

Dieter Moebius bildete bekanntermaßen mit Hans-Joachim Roedelius das wegweisende Elektronik/Ambient-Duo Cluster, war außerdem Teil der von Harmonia und spielte auch verschiedentlich mit Brian Eno zusammen. "Blue Moon", sein letztes für Sky Records eingespieltes Soloalbum ist der Soundtrack zum gleichnamigen Thriller von Karsten Wichniarz (lief auch auch "Atemlos Durch Die Nacht"). Dieser elktronische Score erschien 1986 , als bei elektronisch erzeugter Pop- und auch Filmmusik nichts Exotisches mehr mitschwang. John Carpenter erstellte als Regisseur längst seine eigenen minimalistischen Elektronikscores, Tangerine Dream können ähnlich wie Moebius als Bindeglied zwischen internationaler und deutscher Elektronikszene mit Scoreambitionen gelten, sogar Jazz-Musiker wie Doldinger griffen (für "Das Boot") auf elektronische Effekte zurück - frei vom Orchester-Ballast, oft minimalistisch, karg und schnörkellos. Auch Moebius setzte auf Vereinfachung und Klarheit. Die elf nüchternen Miniaturen für "Blue Moon" sind eher etwas für Puristen Die Linernotes stammen wieder von Asmus Tietchens, gemastert wurde von den Sky-Originalbändern.
 


 
 
 Goldmund - Famous Places
 
 

Western Vinyl / Cargo

 
 

Keith Kenniff, als Goldmund der Mann mit Hang zu nostalgischen Klavierkompositionen mit cinematischem Touch (Kenniffs Musik arbeitet sich gerade durch Werbung und TV-Dokumentationen, bzgl Kino reichte es bisher erst zum Trailer für "Revolutionary Road"), arbeitet auf "Famous Places" eine Titelliste von Orten ab, die eine wichtige Rolle in seinem Leben gespielt haben. Kenniff betont Einfachheit und Intimität seiner melodischen Träumereien, das Solo-Piano steht stets im Mittelpunkt und wird hin und wieder sachte rhythmisch oder elektronisch ergänzt. Wer Musik von Harold Budd oder Ludovico Einaudi mag, könnte auch hieran Gefallen finden. Obwohl die Tastengeräusche in den Aufnahmen bisweilen irritierend laut werden - ist das nun Avantgarde oder Lo-Fi? www.unseen-music.com www.myspace/goldmundmusic

 

 
 
 Hidden Orchestra - Night Walks
 
 Tru Thoughts - Groove Attack
 
 


Debüt-Album des neuen Tru Thoughts-Signings Hidden Orchestra. Der Kopf hinter dem versteckten Orchester aus Edinburgh ist Multi-Instrumentalist, Filmmusik-Komponist und Radiomoderator Joe Acheson. Und an Filmmusik erinnert auch die atmosphärische von Jazz, Klassik, Electronica, Folk und Rock beeinflusste Musik auf "Night Walk". Field Work, sachter Elektronikeinsatz, Streicher. Die Namensvettern Cinematic Orchestra sind auch vom Klangbild da zuweilen nicht weit. Ein Charakteristikum von Acheson & Co, sind jedoch ein deutlich rhytmischerer, schlagzeuggetriebener Sound. Live wird in der Besetzung Acheson am Bass, Laptop, Violine, Cello, Gesang und zwei(!) Schlagzeuger angetreten. Im UK tourt man schon und vertont u.a. Geoffrey Reggios "Powaqqatsi" live zum Bild. "Delightfully cinematic" - der Pressetenor. www.hiddenorchestra.com

 


 
 
 The Rough Guide To Bollywood
 
 Various Artists - World Music Network
 
 

Allein innerhalb der Rough Guide-Serie gab es schon mehrere Bollywood-Titel, u.a. eine allein Meistersängerin Lata Mangeshkar gewidmete Zusammenstellung. Es gibt einen leidenschaftlich geführten Streit unter den Fans, wer nun die meisten Film-Songs Bollywoods auf sich vereinigt, Lata Mangeshkar oder ihre jüngere, hier schon des öfteren präsentierte Schwester Asha Bhosle. Die vorliegende CD berücksichtigt beide und stellt auch weitere entscheidende Protagonisten der klassischen Bollywood-Periode wie Bhosles Mann R.D. Burman, Kumar Sanu, Mann Dey, Geeta Dutt, Kishore Kumar, Kavita Krishnamurthy oder Sonu Nigam im Booklet (Liner Notes von Ken Hunt) und mit feinen Tonbeispielen vor - leider fehlen aber die Jahreszahlen in der Diskografie - dafür Punktabzug. Enhanced CD: Im PC erschliessen sich weitere Musik- und Travelinformationen. Damit nicht genug der Ausstattung: Die CD wird dankenswerterweise ergänzt durch die sehenswerte Dokumentation "There´ll Always Be Stars In The Sky" aus der "Beats Of The Heart"-Serie (separat auf Shanachie).

 
AUSSTATTUNGS- & DVD-TIPP!


 
 Previous Issue: 8/9 - 2010 © cinesoundz 2010
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