REVIEWS SOUNDTRACK 10/11-2017

• 1. Twin Peaks - TV Series Soundtracks
  
• 2. Cars 3 - Evolution - Soundtracks
• 3. Atomic Blonde
• 4. Game of Thrones - Season 7
  
• 5. Detroit
  
• 6. Jane
  
• 7. Around Felicité
• 8. American Assassin
• 9. The Rise of the Synths Vol.1 & 2
• 10. The NeverEnding Story
• 11. Everything
• 12. Unter Deutschen Betten

GEWINNSPIEL! - s.u. - Beide CARS 3-Soundtrack-Cds zur Auswahl...

25 Jahre später... Das Timing im Jahr 2017 war zunächst ebenso mysteriös wie so manche Episode zuvor - etwa mit dem Auslaufen der dritten Twin Peaks-Staffel auf Sky im September wurden von Rhino quasi als Nachklang gleich zwei Soundtrack-Cds veröffentlicht: Twin Peaks - Music From The Limited Event Series & Twin Peaks - Limited Event Series Original Soundtrack. Alles Strategie, denn die enthaltenen Songs waren ja auch erst während der Laufzeit der neuen Folgen peu a peu bekannt geworden. Sowohl das Gesamtwerk als auch diese neuen musikalischen Begleiter erfordern eine mehrmalige Beschäftigung. Der zuletzt auch verschiedentlich als Musiker in Erscheinung getretene Kultregisseur David Lynch ist hier natürlich ebenfalls als Executive Producer zugange. Lynch formt sein 90er-Phänomen, nach dem die TV-Landschaft nicht mehr die Gleiche war, nun zu einem großen Ganzen - das gleichwohl weiter Rätsel aufgibt. Die Musik spielt einmal mehr eine der Hauptrollen und bringt oft eine weitere Ebene in das in seinen besten Momenten immer noch faszinierende Spiel. Während der Music From-Sampler dem legendären Main Theme 19 Songs mit dem gewissen Twin Peaks-Touch - von Shawn Colvins Viva Las Vegas-Version über James Marshalls Just You bis zum abschließenden The World Spins von der guten alten Bekannten Julee Cruise - aus der Serie hinterherschiebt, befasst sich der OST schwerpunktmäßig mit Angelo Badalamentis (teils neukomponiertem) Score. Badalamenti, seit Blue Velvet-Zeiten so etwas wie das musikalische alter Ego des Regisseurs, fungiert hier als Co-Producer und sorgt mit seiner Musik für die vielbeschworene Schönheit & vermeintliche Harmonie in unmittelbarer Nachbarschaft zu Abgrund & Seelen-Horror - das Erfolgsrezept von Serie & Soundtrack. Brüche auf dem Song-Sampler, wie wenn die frömmelnden Platters auf eine Trümmer-Nummer der Nine Inch Nails folgen, überraschen Kenner des Lynch´schen Humors weniger, als dass es auch eine Mainstream-Nummer wie ZZ Tops Sharp Dressed Men in die Liste geschafft hat. 

 TIPPs

http://welcometotwinpeaks.com

Back in the race... NASCAR-Champion Lightning McQueen bekommt es nach 6 Jahren Leinwand-Pause mit der plötzlich die Piste dominierenden neuen Hightech-Generation zu tun, angeführt vom Rivalen Jackson Storm. Gut, dass ihm da mit Trainerin Cruz Ramirez etwas weibliches Latino-Talent an die Seite rollt. Heutzutage eine Seltenheit: Disney gönnt den Cars-Fans gleich zwei Filmmusik-CDs: den vom 2-fachen Oscar-Gewinner & Disney-Veteran Randy Newman mit ironischen Untertönen versetzten Orchesterscore sowie einen NASCAR-kompatiblen Country-, Rock- & Pop-Songsampler. Auf dessen deutscher Version findet sich ein exklusiver Bonus-Track: das hierzulande über den End Credits laufende Auf Tour des Hamburger Trios Deine Freunde. Weiter dabei: das für den Film aufgenommene Run that Race des 9-fachen Grammy-Preisträgers Dan Auerbach, 2 Instrumentals von Brad Paisley & 4 Coverversionen von Beatles-, Tom Petty & the Heartbreakers-, Bruce Springsteen- & Aretha Franklin-Songs. 

Film-Website  Pictures: © Disney 2017

www.disneymusicemporium.com 

Während Atomic Blonde im deutschen Kino anlief, war er verschollen. Jetzt landete der Soundtrack zur Verfilmung von Antony Johnstons & Sam Harts Comi gerade noch rechtzeitig in der Redaktion an. Charlize Therons furioser Auftritt als knallharte Mi6-Agentin im Berlin von 1989 in der bewusst politisch-historisch inkorrekten Inszenierung des ehemaligen Stuntman David Leitch machte sich gut auf der großen Leinwand, was auch am musikalischen Background lag. Tracks wie Bowies Cat People (als Opener), London Calling von The Clash oder Siouxsie and the Banshees´ Cities in Dust stellen sich quasi selbst auf - auch das länger nicht gehörte The Politics of Dancing von One Hit Wonder Re-Flex. An anderer Stelle musste auch mal eine Neuaufnahme herhalten: für Blue Monday (unlängst bereits in Deutschland 83). Auch Teile von Tyler Bates´ Score und NDW-Material wie 99 Luftballons (Nena deutsche Version plus eine Neuaufnahme) oder Peter Schillings Major Tom haben es auf den Sampler geschafft.  Film-Trailer

 TIPP

Schon längst Selbstläufer: die Score-Alben zu jeder neuen Game of Thrones-Staffel. Auch ohne Ed Sheerans Waldgesang aus der ersten Folge ist die Musik zur siebten Staffel für den beinharten Fan natürlich ein Muss, schon um alle Leitmotive zu orten und peinlich genau auf (Nicht-)Übereinstimmung mit jeder noch so kleinen Szene zu überprüfen. Der deutsch-iranische, als Hans Zimmer-Assi ins Hollywood-Biz gestartete Komponist Ramin Djawadi ist längst alleine durch die GoT-Titelmelodie millionenschwer und selbst eine Hausnummer in der Traumfabrik. Die Musik-Budgets scheinen mit dem Erfolg der Serie ebenfalls mitgewachsen zu sein. Der von Djawadi befehligte Klangkörper, das Czech Film Orchestra & Choir, ist jedenfalls nocheinmal angeschwollen und klingt spätestens jetzt nach richtigem Big Screen. Das zugehörige, eher einfache Booklet belässt es dagegen bei ausführlichen Credits und einigen Bildern. www.hbo.com/game-of-thrones 

Für Kathryn Bigelows aktuellen Ensemble-Film über die 1967er Unruhen in Detroit, der Motor City der USA, in der gegenwärtig die Lichter auszugehen drohen, gab es nur eine Wahl, was die begleitende Musik angeht. Natürlich mussten es Künstler des Labels Motown Records sein, auch wenn die Stimmungslage der meisten Motown-Hits gar nicht so recht zur (aus erneut aktuellem Anlass) angeprangerten Polizei-Willkür & - gewalt des Streifens passen will, der am 23. November erst im deutschen Kino starten soll. Martha Reeves & the Vandellas, Marvin Gaye & Tammi Terrell oder Brenda Holloway sind im Film zu hören, ebenso wie der für den Streifen enstandene Song It Ain’t Fair der renommierten Hip Hop Crew The Roots & Soul-Sänger Bilal. Auch zwei Tracks des von James Newton Howard (u.a. The Sixth Sense) komponierten Scores sind hier noch untergekommen. http://detroit.movie

Der Soundtrack zur National Geographic-Dokumentation Jane über die für ihre Arbeit mit Schimpansen in Tansania weltberühmte britische Verhaltensforscherin, wird auch hierzulande schon weit vor Festlegung eines deutschen Kinostarts veröffentlicht. Jetzt, während der Film von Regisseur Brett Morgen noch die US-Festivaltour durchläuft. Kein Wunder, denn der Komponist heißt immerhin Philip Glass. Der hat den fertigen Film selbst gerade erst bei einer Präsentation in der Hollywood Bowl gesehen. Mit Jane Goodall verbindet Glass das in etwa gleiche Alter (jenseits der 80) und dass sie wie er Jugendträume verwirklichen konnte, wie er im Billboard-Interview verrät. Apropos starke Frauen - dem ausführenden City of Prague Orchestra stand bei den Aufnahmen Anfang Juni 2017 mit Miriam Nemcova eine Dirigentin vor. www.janethefilm.com

Relevantes aus dem Kongo. Der kleine Nürnberger Verleih Grandfilm schickt die Inszenierung des französisch-senegalesischen Regisseurs Alain Gomis auf Kinotour durch Deutschland. Felicité gewann den Silbernen Bären der diesjährigen 67. Berlinale. Für die von Véro Tshanda Beya gespielte Hauptfigur der toughen, alleinerziehenden Nachtclubsängerin diente von Anfang an Muambuyi, die Frontfrau des kongolesischen Congotronics-Musikkollektivs Kasai Allstars, als role model. Muambuyi lieh Darstellerin Beya bei den Auftritten im Film auch ihre Stimme. "This music embodies the African City" meint Regisseur Gomis. Der Digipak-Soundtrack enthält neben Stücken der ethnisch gemischten Allstars drei Werke des estnischen E-Musik-Komponisten Arvo Pärt, die vom Orchestre Symphonique Kimbanguiste eingespielt wurden, sowie Soundbites & Dialogparts aus dem Film. Als Bonus liegt eine Cd mit 10 Tracks der Kasai Allstars, interpretiert von 9 afrikanischen, amerikanischen & europäischen Remixern (5 weitere als Download). Die Kasai Allstars am 03.10. live beim Kölner Afrika Film Festival & am 04.10. in der Nürnberger Tafelhalle (danach geht es in die Schweiz: Europa-Tour) * Film-Trailer

TIPP & LIVE-TIPP & KINO-TIPP

Filmverleih -Website incl. Liste der bundesweiten Kino-Vorstellungen: http://grandfilm.de/felicite - u.a. am 13.,15. & 21.10. im Münchner Werkstattkino.

Der Score des britischen Academy Award-Preisträgers Steven Price zum schwungvollen, gerade im deutschen Kino angelaufenen Agententhriller American Assassin  ist einer der ersten hierzulande über Naxos physisch erhältlichen Varese Sarabande-Soundtrack-Titel. Das in L.A. ansässige Filmmusik-Label hat damit wieder einen deutschen Vertrieb, nachdem der langjährige Partner Colosseum Schallplatten im Fränkischen, eine Tochterfirma der Nürnberger Symphoniker, den Betrieb eingestellt hatte. Price´ Score beginnt - wie der Streifen selbst - atmosphärisch & verheissungsvoll, um sich dann im Laufe des Filmes konventioneller in den Dienst der ebenfalls verflachenden Handlung zu stellen.

Wir verlosen zum Varese-Comeback zwei American Assassin-Soundtrack-CD-Alben unter den Einsendungen mit der richtigen Antwort auf die Frage: Für welchen Film erhielt Komponist Steven Price den Oscar für die beste Filmmusik?

www.varesesarabande.com

Apropos Achtziger. Die Beteiligung von Meister Moroder dürfte auch der Grund für den vorliegenden Re-Release sein. Gleich vier Giorgio Moroder-Tracks waren enthalten auf dem 1984er Soundtrack zur Unendlichen Geschichte nach Michael Endes Bestseller, zuzeiten noch ohne Computereffekte inszeniert vom später nach Hollywood abgewanderten Wolfgang Petersen. Der Score zum deutschen Film stammte vor allem von Passport-Chef & Tatort-Titel-Komponist Klaus Doldinger. Für die US-Version sang Kajagoogoo-Sänger Limahl den Titeltrack The NeverEnding Story, der erst später aufgrund des Erfolges auch in die deutsche Fassung übernommen wurde. Und hier zusätzlich in vier Maxi-Versionen als Bonusprogramm stattfindet (plus Moroders Maxi-B-Seite Ivory Tower). Cardboard-CD in Vinyl-Optik mit farbigem Faltbooklet und neuen Liner Notes von Barney Ashton. www.cherryred.co.uk

Filmmusik-und Spiele-Branche nähern sich an. Während einzelne Komponisten bereits zwischen den Multimedia-Lagern wechseln und zunehmend auch bekannte Hollwood-Größen von Angelo Badalamenti über Michael Giacchino oder Howard Shore bis hin zu Hans Zimmer von den Games-Produzenten verpflichtet werden, gibt es noch eine große Anzahl Nichtspielern naturgemäß unbekannter Namen. Der Berliner Ben Lukas Boysen & der Argentinier Sebastian Plano gehören dazu. Nils Frahm (Victoria)-Kollege Boysen stammt aus einer filmaffinen Familie & ist schon seit 2003 als Pianist tätig. Der klassisch ausgebildete Wahlberliner Plano landete statt im Sinfonieorchester bei Ambient und Neo Classical. Beide tun sich zusammen für den Sound zu Everything, das (von Alan Watts) philosophisch unterfütterte Projekt des Animationsfilmers und Spieleentwicklers David O´Reilly, das als 10-minütiger Kurzfilm auch auf der Berlinale präsentiert wurde. Die vorliegende Cd enthält mood music, 10 meditative Stücke aus der verschachtelten, 4-stündigen Klanglandschaft des kunstvollen Spiels. Game-Trailer * www.davidoreilly.com
http://benlukasboysen.com *  www.sebastianplano.com

Schon ulkig, Sony. Potentiell Kultiges wie Blade Runner 2049 vermarktet sich gern mal unter Ausschluß großer Teile der Medien. Für C-Material wie den Soundtrack zur unlustigen deutschen Komödie mit Produzentin(!) Veronica Ferres als notgedrungene Putze Unter Deutschen Betten darf dann gern wieder die Trommel gerührt werden. Eine im heimatlichen Pop-Biz angesiedelte Plotte, herumarrangiert um den `vollen Körper- und Stimmeinsatz´ der Ferres als gefallener Schlagerstern Linda Lehmann. Als gute Nachricht kann eigentlich nur vermeldet werden, dass nach dieser UDB-Performance eine Verfilmung des zweiten Bandes der Vorlage von "Bestsellerautor(in) Justyna Polanska" aka Holger Schlageter unwahrscheinlich sein dürfte. Musikalisch muss, neben etwas Ariola-Pop-Beifang von Producer Andrej Melita, dann "Linda Lehmann feat. Veronica Ferres" höchstselbst auch gleich dreimal ran - incl. des endgültigen Rausschmeißers 1000 Sterne im Xtreme Sound Mix. Nicht schlimmer als der Film, aber heuer definitiv zu spät gelauncht für die Oktoberfestkarriere als Bierzelt-Singalong. Vielleicht ein Jahr unters Bett damit?

FLOPP