Fazit DOK.fest 2015

 

Nachlese & Fazit: DOK.fest 2015

      
      
      

„München verdient einen Palast des Dokumentarfilms.“ Festivalleiter Daniel Sponsel war während der Preisverleihung letzten Samstag angesichts der gelungenen, die bisherigen Dimensionen des DOK.fests sprengenden Eröffnung und des mit weit über 30.000 auf 10 Tage verteilten Besuchern bisher erfolgreichsten 30. Durchgangs euphorisch gestimmt. Die Preisträger stehen fest und die Jurys waren gehalten, lobende Erwähnungen zu minimieren (nicht alle hielten sich daran). So diskutierte die Jury der DOK.deutsch-Reihe nach eigenen Aussagen täglich bis nachts um drei an der Isar, bevor sie sich auf den Gewinner "Aus dem Abseits" von Simon Brückner einigen konnten. Ungewöhnlich eindeutig fiel die Entscheidung in der Reihe DOK.horizonte für "Ce qu’il reste de la Folie" von Joris Lachaise: „Ich war ja schon Mitglied in mehreren Dutzend Jurys, doch dies war das erste Mal, dass es keine Diskussion über den Gewinner gab“, sagte Jurymitglied Dr. Andreas Ströhl, ehemaliger Leiter des Filmfest München, bei der Preisverleihung.

Filmemacherin Hanna Polak, Gewinnerin DOK.international mit "Something better to come" , bedankte sich für ihren VICTOR per Video-Aufnahme, da sie für ihren Film zeitgleich in ihrem Heimatland beim Planete Dok Film Festival Warschau ebenfalls den Hauptpreis entgegennahm: „Die Vorführung am Freitagabend im Filmmuseum gehörte zu den besten, die ich erlebt habe. Niemand stand nach dem Screening auf – alle Zuschauer blieben zum Q&A.“

Das rege Interesse des Publikums – diverse Filme, u.a. "The Forecaster", "Drone", "Das Golddorf" oder "Match Me" waren ausverkauft – und die Anwesenheit vieler Filmemacher noch beim 2. oder 3. Screening fielen einmal mehr positiv auf. Häufig wiederkehrendes Thema beim Q&A: Die Interaktion des Filmemachers mit seinen Protagonisten. So wollte das Publikum von Hanna Polak zum Beispiel wissen, ob sie Yula, die auf Europas größter Mülldeponie vor den Toren Moskaus lebt, und die sie über 14 Jahre von der Kindheit bis zur Geburt ihrer zweiten Tochter begleitet hat, nicht irgendwie hätte helfen müssen? Um die Beziehung zwischen Filmemacher und Hauptfigur ging es auch beim Q&A nach der Vorführung von "La Mort du Dieu Serpent" am Samstag. Auch Damien Froidevaux begleitet seine Protagonistin Koumba, die als 2-jährige mit ihren Eltern nach Frankreich kommt und mit 20 aus Paris nach Dakar abgeschoben wird, wo sie niemanden kennt, über mehrere Jahre. Wo Polak die Position der Beobachterin hinter der Kamera bewusst nicht verlässt, bringt Froidevaux die Kommunikation mit seiner Protagonistin über die Kamera hinweg als Stilmittel in seinen Film ein. Beides funktioniert – entstanden sind zwei ungemein eindrückliche Filme, auf die wir an dieser Stelle nochmals hinweisen möchten – sozusagen als ‚lobende Erwähnung’ von Seiten Cinesoundz. Ebenfalls lohnend: die aufwendigen Musik-Dokus "Finding Fela" & "Pulp - A Film About Life, Deaths & Supermarkets", sowie der mit dem FFF Förderpreis Dokumentarfilm gewürdigte intellektuelle Schlagabtausch zwischen dem Àtheist Experience´-Team & evangelikalen Hardlinern "Mission Control Texas" des bayrischen Nachwuchsregisseurs Ralf Bücheler. text © gb / sr