Medientage München 2012

Cinesoundz @ Medientage München 24.-26.10.2012
 
 

Höchste Zeit, Weichen zu stellen...

Zu den 26. Medientagen trafen sich unter dem Motto "Weichen stellen. Die neuen Gesetze der Medienwelt" rund 6.000 Vertreter der Medienwirtschaft im ICM München, um PR in eigener Sache zu betreiben (ständig), Phrasen zu dreschen (oft), Meinungen kundzutun (gelegentlich) und diese lebhaft zu disputieren (selten).

Die Big Player blieben dabei allerdings weitgehend unter sich, bei Eintrittspreisen von 200 Euro für das Tagesticket bzw. 430 Euro für die vollen drei Tage muss das Gros der (zunehmend freien) Medienarbeiter bei Panels, Elefantenrunden & Contentgipfeln draußen bleiben. Immerhin: Ausstellerbereich und der Mediencampus stehen allen Interessierten offen.

Im Fokus der 90 über drei Tage verteilten Diskussionsrunden stand dieses Jahr die große weite Online-Welt: Es ging um Distribution von Internetinhalten und wie man diese endlich auch zu Geld machen kann, um den wachsenden Einfluss transnational agierender Online-Konzerne aus den USA und den daraus resultierenden regulatorischen Ungleichgewichten, demzufolge häufig um Datenschutz und Urheberrecht.

Wer bei diesem nun wahrlich nicht neuen Themenkreis bahnbrechende oder zumindest originelle Denkansätze erwartet hatte, wurde meist enttäuscht. So stellten die Verlagsvertreter auf dem Publishing-Gipfel mit der Ankündigung, definitiv Bezahlschranken einführen zu wollen, zwar die Weichen für die Finanzierung von digitalen Inhalten, doch eine nachhaltige Digitalstrategie fehlt der Print-Branche 20 Jahre nach der Geburt des Internets immer noch. Brigitte Fehrle, Chefredakteurin der Berliner Zeitung, empfahl Qualität, auch wenn sie weitgehend offen ließ, wer diese in Zeiten des Personalabbaus konkret produzieren soll. Tobias M. Trevisan, Sprecher Geschäftsführung FAZ, riet, neue Geschäftsfelder aufzubauen, nicht nur digital. Wobei der Journalismus natürlich die Basis der Marke bleiben soll. Spiegel-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron sah einen Lösungsansatz darin, Geschichten auf die neuen Ausgabemedien zu konfektionieren. Und so weiter.

Kontroverser & unterhaltsamer ging es beim Panel „Neue Spielregeln für die Gratiskultur“ zu, wo sich Moderator Dirk von Gehlen, Redaktionsleiter jetzt.de/SZ & Autor von "Mashup - Lob der Kopie", bemühte, die recht weit auseinander liegenden Standpunkte seiner Podiumsteilnehmer einander näher zu bringen. Vor allem Bruno Kramm, Urheberrechts-Beauftragter der Piratenpartei, auf der einen und Simon Verhoeven, Regisseur und Schauspieler sowie Drehbuchautor Fred Breinersdorfer auf der anderen Seite, lieferten sich einen saftigen Schlagabtausch. In eine gemeinsame WG werden die drei erklärtermaßen nicht ziehen - aber möglicherweise in die gleiche Straße, wie der Juristische Direktor des BR, Prof. Dr. Albrecht Hesse abschließend versöhnlich empfahl.

Unter lebhafter Beteiligung des Publikums wurde beim Panel „Medienunternehmen und die Frauenquote“ über die ungleiche Machtverteilung in den Führungsebenen diskutiert. Beweismaterial lieferten die Medientage gleich selbst, lag das Verhältnis Frauen zu Männer auf den Podien doch im Durchschnitt bei 1:6 – mit Ausnahme dieses Panels, wo sich die Männer mit 2:4 auf dem Podium und gerade mal zwei Zuhörern im Publikum stark in der Minderheit befanden.

Man hätte sich mehr solch echter Diskussionsrunden gewünscht – heftig aber humorvoll, engagiert aber differenziert. Vielleicht lag es an der öfters unaustarierten Besetzung der Panels. So fand sich bei „Piraten, Freibeuter und Urheber – zum Wert des geistigen Eigentums“ kein einziger Pirat auf dem Podium und bei „Freie Autoren: Überleben ohne PR“ gerade mal eine Freie. Schade – gerade wegen der immensen Bandbreite der Themen, wegen der vielfältigen Anregungen, wegen der Horizonterweiterung, die auch die Medientagen 2012 wieder zu bieten hatten.

Die 27. Medientage München werden vom 16.-18. Oktober 2013 stattfinden. Text: Gabriela Beck



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