comic 11-2013

* soundtrack * crossover * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *

 Asterix bei den Pikten  
 Jean-Yves Ferri & Didier Conrad / Ehapa GEWINNSPIEL ! s.u. 
 
 

Die Zeit war reif für eine Wachablösung. Albert Uderzos Szenarien, nie auf der Höhe der klassischen Goscinny-Alben, hatten zuletzt so stark nachgelassen, dass man die Gallier schon abgeschrieben hatte. Nun hat der noch zurückhaltende neue Autor Jean-Yves Ferry (“Die Rückkehr aufs Land“) zumindest ein paar charmante Ideen und der wandlungsfähige Didier Conrad (“Marsu Kids“) bemüht sich, keinen Unterschied zu Uderzos Strich erkennen zu lassen - auch wenn man bei einigen Nebenfiguren die Liebe zum Detail noch vermisst und der deutlich Vincent Cassel nachempfundene Oberschurke nicht auch noch grünlicher Gesichtsfarbe bedurft hätte. Inhaltlich wurde die kluge Wahl getroffen, A&O wieder zu fremden Völkern reisen zu lassen - die stärksten Asterix-Bände resultierten aus dieser Konstellation. Nun trifft es also die Vorfahren der Schotten und Herren der Piktogramme. Abseits einiger (in der deutschen Übersetzung) eher vergebener Steilvorlagen bei den schottischen Mac-Namen wird es nach schwerfälligem Beginn noch ganz vergnüglich. In Begleitung des piktischen Jünglings MacAphon (eine Hommage an Umpah-Pah) zu seinen von Römern bedrängten Clan-Kollegen (Macker) trifft Obelix auf vermeintliche Maulwürfe & Otter (Nessie-Vorfahrin Fafnie als verspielter Loch-Dino) und kann sich im Baumstamm-Retourwerfen auszeichnen. In der Folge muss Cäsar das Projekt Piktien auf Eis legen und dem Festbankett und einer weiteren, ggf noch mutigeren Fortsetzung der beiderseits des Rheins vielgeliebten Serie steht nichts mehr im Wege. Mails mit 3 guten Pikten-Namen (Mac???) an info @ cinesoundz.de winken Comics, Notizbücher und Post-it-Blöcke.

 

sr

GEWINNSPIEL !

 
 
 Love 02 - Der Fuchs 
 Frédéric Brrémaud & Federico Bertolucci – Tokyopop TIPP ! 
 
 

Ein Highlight des Münchner Comicfestivals in diesem Jahr war der erste Hardcover-Band von "Love", der Natur- und Wildlife-Hommage des italienischen Zeichners Federico Bertolucci und des französischen Szenaristen Frédéric Brrémaud, "Der Tiger". Seit dem Sommer gibt es hierzulande auch den zweiten Band im Handel. Bis auf ein kurzes Intro erneut auf Texte verzichtend, steht der packende Überlebenskampf einer einäugigen Füchsin vor dem Hintergrund eines Vulkanausbruchs wahrhaft apokalyptischer Ausmaße den prächtigen Dschungel-Szenarien des Vorgängers in nichts nach. Das überbordende, meisterlich gezeichnete und kolorierte Alaska-Naturschauspiel mit Seevögeln, Walen, Orcas, Robben, Moschusochsen, Eis- & Kodiakbären ist einmal mehr bestechend ausgefallen. Als Bonus gibt es vier Seiten "Love Art" mit Skizzen einiger der animalischen Protagonisten. Man kann nur hoffen, dass das starke Tiger-Fuchs-Duo nach diesem Doppelschlag von B&B recht bald noch weitere Verstärkung erhält. sr

www.tokyopop.de

 

 
 Der Boxer  
 Reinhard Kleist / Carlsen TIPP !  
 
 

Nach seinen kubanischen Expeditionen ("Havanna" & "Castro") hat sich der umtriebige Reinhard Kleist eine sehr starke Geschichte ausgesucht. In den Konzentrationslagern der Nazis wurden diverse Gefangene gezwungen, als Faustkämpfer zur Belustigung ihrer Kerkermeister aufzutreten. Vor diesem Hintergrund wird die wahre Lebensgeschichte des jüdischen Boxers Hertzko Haft rekonstruiert, der als Überlebender des Kriegswahnsinns zum mehrfachen Mörder wurde, später in die USA emigrierte und dort versucht, durch Boxen Berühmtheit zu erlangen, um so seine verschollene Jugendliebe wiederzufinden. Kleist erzählt das im Vergleich zu seinen bisherigen Biographien meist kleinteiliger, aber auch spannender. Ergänzt wird die Geschichte im Anhang von Skizzen und einem Text von taz-Journalist Martin Krauß, der weitere Kurzbiographien von KZ-Boxern (düster )Revue passieren lässt. Nach diesem auf drei Kapitel verteilten Hieb hat sich Kleist zunächst eines fremden Szenarios angenommen: gerade ist bei Carlsen auch seine Zusammenarbeit mit T.O. Meißner, "Berlinoir", erschienen. sr

Strangers in Paradise - Band 1 & 2 Terry Moore - schreiber&leser

Vor 20 Jahren startete Terry Moore seine Serie "Strangers in Paradise", die es bis 2007 auf insgesamt 106 US-Ausgaben brachte. Im Zentrum stehen zwei hübsche junge Frauen, die in einer Wohngemeinschaft zusammenleben - die naive Francine und Katchoo, tough und schlagfertig. Dazu gibt es Liebeswirren in bester Seifenopermanier: Francine liebt den Schnösel Freddie, aber der will ihr nur an die Wäsche. Katchoo liebt Francine, aber die merkt das nicht. Kunststudent David liebt Katchoo, aber die sieht in ihm nur einen guten Freund. Das Schema ist zwar zur Genüge bekannt, doch wird es in hier amüsant in Bild und Wort gefasst. Dabei gehen die weiblichen Hauptfiguren durchaus in die Tiefe und haben zudem Identifikationspotenzial, wenn z. B. Francine wegen Liebeskummer zunimmt - und dann nicht mehr ganz so hübsch ist. Terry Moore nutzt zudem dramaturgische und stilistische Kniffe wie Zeitsprünge, Traumsequenzen, Prosa-Passagen, Songtexte oder Gedichte. Ins Rollen kommt die Geschichte, als Katchoo alias Katina Choovanski alias Baby June von ihrer dunklen Vergangenheit eingeholt wird... Band 1 der deutschsprachigen Ausgabe erschien im Sommer dieses Jahres bei schreiber&leser, gestaltet wie die schwarzwei§e US-Pocket-Edition im handlichen A5-Format mit rund 340 Seiten pro Band. Und weil die Serie offensichtlich Suchtpotenzial hat, kam auch Band 2 gerade in den Handel - mit Francine u.a. als Kondom-Girl... gb www.schreiberundleser.de

 


 
 

 
 Der Astronaut  
 Danilo Beyruth / Panini 
 
 

Ein Comic-Remix. Seit der brasilianische Comiczeichner Mauricio de Sousa 1963 seinen "Astronauta" für die Tageszeitung "Diário de S.Paulo" entwarf, hat er Hunderte der Strips mit dem kleinen All-Forscher der BRASA (Brasilieros Astronautas) produziert - bis heute erscheint der Klassiker weiter monatlich (in "Turma da Monica) und halbjährlich (in "Almanaque do Astronauto"). Im Bonus-Teil des vorliegenden Bandes findet sich neben Skizzen auch die erste veröffentlichte Zeitungs-Seite mit dem Original. De Sousa konnte Annäherungen anderer Zeichner an seine Figur stets Einiges abgewinnen - auch Danilo Danilo Beyruths aktuelle Lang-Version hat seinen Segen. Der 1973 in Sao Paulo geborene Zeichner wagt mit dem vorliegenden Album eine radikale Neuinterpretation, eine "erwachsene", deutlich Moebius-beeinflusste Version des Astronauten. Auch in Beyruths (von Cris Peter sorgfältig colorierten) zeichnerisch ganz anders ausgefallenem Szenario finden sich aber die Grundmotive de Sousas: Der Kampf gegen die Gefahren der Galaxis, die Einsamkeit im All und das Heimweh des Astronauten nach seiner Ex-Freundin Ritinha auf der weit entfernten Mutter Erde. sr www.paninicomics.de

MAD´s Große Meister - Don Martin - Bd. 2 1967-1977 Don Martin - Panini

Paninis umfassende Würdigung des MAD-Phänomens Don Martin geht in die zweite Runde. Nach dem ersten Sammelband darf bei Folge zwo nun der vielseitige Stimmakrobat und Kabarettist Jochen Malmsheimer fürs Vorwort ran, das noch besser käme, wäre es von ihm laut gelesen. Da gibt es heutzutage ja Möglichkeiten... Vorläufig muß sich der Leser mit den Highlights aus der klassischen Periode der krummfüßigen, von den bekannt abseitigen Lauterfindungen begleiteten Figuren von 1967 bis 1977 begnügen. Was nicht allzu schwer fällt, denn natürlich gibt es hier wieder Cartoon-Slapstick und geschwärzter Brutalo-Humor im Überfluss. Der zweite der angekündigten drei Bände, die inhaltlich der zweibändigen englischsprachigen Running Press-Prachtausgabe von 2007 entsprechen sollen. Diesmal sind neben einer Reihe von kurzen und mehrseitigen Strip-Klassikern (à la "Kürzlich auf dem Tennisplatz", S. 201 oder "Herrenmode", S. 181) auch diverse Din A4-Farbseiten inbegriffen ("Haben Sie heute schon herzhaft gelacht?"). Hochglanz-Pflichtprogramm für die mit MAD aufgewachsene Zielgruppe, ob sie nun Ihre Heftstapel von dunnemals unterwegs entsorgt haben oder nicht. sr www.donmartinwebsite.com

 



 
 Carlos Gardel  
 Carlos Sampayo & José Munoz - Reprodukt 
 
 

Der vielfach ausgezeichnete argentinische Autor Carlos Sampayo ist ein ausgewiesener Jazz-Fachmann. Wenn er nicht mit seinem Stammzeichner José Munoz arbeitet, entstehen z.B. Projekte wie "Fats Waller" (mit dem Italiener Igort). Dass er sich mit seinem Landsmann Munoz irgendwann auch Carlos Gardel, die "Stimme Argentiniens" vorknöpfen würde, die schließlich in New York einst auch mit Duke Ellington zusammengetroffen war, ist keine Überraschung. Doch eine straight erzählte Künstlerbiographie schien anhand der nicht gerade lückenlos dokumentierten, widersprüchlich überlieferten Vita des legendären Tangosängers kaum möglich. Das aus Buenos Aires stammende Duo Sampayo & Muñoz, das sich aber erst in Spanien begegnete, nähert sich dem Mythos anhand einer TV-Diskussion von Gardel-Experten an. In Rückblicken entsteht in dieser strikt schwarz-weiß gehaltenen Graphic Novel über andere Figuren - einen Doppelgänger, Gardels Bekanntschaft Maria Esther, seine Mutter oder Politiker unterschiedlicher Lager - ein Bild der argentinischen Lichtgestalt vor dem Hintergrund von Buenos Aires im frühen 20. Jahrhundert. sr www.reprodukt.com

Willy Brandt / Willy Brandt Heiner Lünstedt & Ingrid Sabisch / Knesebeck * Helga Grebing & Ansgar Lorenz / Vorwärts

Ein ungewöhnliches Politiker-Foto an einer Kneipenwand war die Initialzündung. Die `Zigarette im Mundwinkel, Banjo im Anschlag´-Kombi wurde denn auch zum Cover für "Willy Brandt". Im Münchner Werkstattkino-Keller bekam der Zuhörer am letzten Oktober-Wochenende ein Gefühl für das Herzblut, das in dieser Arbeit steckt. Comic Cafe-Gastgeber & Autor Heiner Lünstedt, auch Chef des erfolgreichen Comicfestivals in der Landeshauptstadt, erläuterte seine umfangreichen Recherchen zur bewegten Lebensgeschichte des legendären SPD-Politikers, die ihn, Lünstedt, u.a. nach Berlin, Lübeck und Oslo führten. Zusammen mit Zeichnerin Ingrid Sabisch entstand eine 100-Seiten Comic-Biographie, die dann aus Anlass des 100. Geburtstages Brandts auch einen Verlag fand. Die Idee (auch bzgl. Banjo-Foto) hatten die beiden nicht ganz exklusiv. Neben einem älteren Karikaturenband, dem Katalog der im Oktober erneut kurz gelaufenen Ausstellung „Willy Brandt ­­– Man hat sich bemüht. Ein großer Deutscher im Spiegel der Karikatur“ im Willy Brandt-Haus (wo sonst), ist unlängst noch eine weitere "Comic-Biographie" erschienen - im SPD-eigenen Vorwärts-Verlag. Hier handelt es sich allerdings mehr um ein mit einer Vielzahl von Illustrationen aufgelockertes Textbuch, das wie für den Schulunterricht konzipiert scheint. Als an vielen Stellen mit Begriffserklärungen, Zitaten, Lebensdaten, Literaturtipps und einordnenden Zusammenfassungen ins Detail gehende Ergänzung vor, neben oder nach der Comic-Lektüre von Lünstedts/Sabischs Werk macht sich der auf Helga Grebings 2008 erschienenem Buch "Willy Brandt - der andere Deutsche" basierende Hybridband dann doch ganz ordentlich. www.vorwaerts.de

 





 
 

 
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