Graphic Novel Special 03-12


Comic-Special 3-12 Graphic Novels der Süddeutsche Zeitung Bibliothek - II
 


 
Die Grahic Novel Edition der Bibliothek der Süddeutschen Zeitung geht in die zweite Runde. In Abgrenzung zur ersten, roten Staffel nun in blau-schwarzem Einheitsdesign und attraktivem Hardcover-Bucheinband gehalten werden in zwei Schüben (die ersten fünf im gleichen Format, 17 x 25 cm, weitere fünf größer: 22 x 30 cm) insgesamt 10 weitere Bände veröffentlicht, die sowohl über den Shop der SZ als auch im Sortiments- und Bahnhofsbuchhandel erhältlich sind. Beispielhaft stellen wir drei Titel vor:

  • „Genesis“ von Robert Crumb Aus dem Underground zu höheren Weihen. Der in Frankreich ansässige Kult-Zeichner Robert Crumb (of "Fritz The Cat" fame) löste 2007 mit seiner erwartungsgemäß drall-körperlichen Vision der Schöpfungsgeschichte Kontroversen unter Fans und Genrefremden aus. Überraschender schon, wie dicht sich Crumb dabei an den (King James-)Bibel-Text hielt (in der auf die Carlsen-Ausgabe von 2009 zurückgreifenden Liezenzausgabe: Text der Lutherbibel von 1912), inklusive endloser Ahnentafeln und im Comic-Kontext durchaus ermüdender Wiederholungen. Diese fast akademisch anmutende Ernsthaftigkeit wird noch durch das Vorwort und seitenweise anhängige Anmerkungen des Autors zu den verschlungenen Interpretationen der archaischen Überlieferungen verstärkt. Eine ganz andere Sicht auf das "Paradies" ermöglicht aktuell die gleichnamige Reprodukt-Neuerscheinung - vom jungenfinnischen Zeichner Ville Ranta, den Crumbs "Genesis" sicherlich inspiriert haben dürfte.
  • "Barfuß durch Hiroshima" von Keiji Nakazawa Ein Überlebender zeichnet sich seine Traumata von der Seele. Keiji Nakazawa (*1939) verlor durch die Atombombe Vater, Bruder & Schwester. Seine Mutter starb 1966 an den Folgen des Abwurfs, Nakazawa selbst leidet an Leukämie. Im von menschenverachtenden Militarismus, blinden Durchhalteparolen und Unterdrückung jeglicher Meinungsfreiheit geprägten Japan wächst sein Alter Ego Gen (japanisch: Ursprung/Quelle) auf. Das Atominferno erscheint als Folge dieser Fehlentwicklung, ohne die amerikanischen Fernbedienungs-Henker reinzuwaschen. Nakazawas weltweit vielfach ausgezeichnetes 900-seitiges Werk, von dem nur die ersten beiden Bände "Kinder des Krieges" und "Der Tag danach" zum vorliegenden Band zusammengefasst wurden, erschien ab 2004 bei Carlsen in fünf Bänden. Wer Mangas generell Tiefgang abspricht, könnte von hier eines Besseren belehrt werden.
  • "Ein neues Land" von Shaun Tan. Das poetische-surrealistische Werk des 30-something-Kinderbuchautoren aus Australien findet, seit es 2008 auf dem Internationalen Comic-Festival in Angoulême als bestes Album ausgezeichnet wurde, stetig weitere Anhänger. Innerhalb der SZ-Serie kommt es als einziger Band völlig ohne Worte aus. Die konsequent in Storyboard-Form umgesetzte Parabel über Flucht & die Fremde lässt es nur logisch erscheinen, dass Tan auch an der visuellen Konzeption der Animationsfilme „Horton hört ein Hu!“ und „WALL•E – Der Letzte räumt die Erde auf“ beteiligt war.
  • Weitere empfehlenswerte Titel der Reihe sind die an dieser Stelle schon in der deutschen Erstausgabe gewürdigten Werke "Castro" von Reinhard Kleist oder Posy Simmonds bezaubernde "Gemma Bovery".

Während die vor Jahren gestarteten Comic-Bibliotheken der FAZ und von BILD / Weltbild trotz erklecklicher Verkaufszahlen vorerst nicht weitergeführt wurden, ist man bei der SZ offenbar nicht nur mit dem Imagetransfer, sondern auch mit dem wirtschafltichen Ergebnis der ersten zehn Bände zufrieden. Jedenfalls erschließt die Edition dem Genre sicherlich neue Leser.

Cinesoundz-Comic Special 01-12 Comic Special 03-12

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