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Medientage München 2015

Cinesoundz-Nachlese: 29. Medientage München 2015

       
       
fotos © cinesoundz 2015        

Digitale Disruption – Dauerbrenner Medienzukunft Die Medientage München 2015

Vergleichsweise optimistisch zeigten sich die diesjährigen Medientage München. Die Teilnehmer-Zahlen lagen sogar noch über dem Vorjahresniveau: 6.200 (6.000) bei Vorträgen & Diskussionen von 450 (400) Referenten in 100 (90) Einzelpanels zur erfolgreichen Gestaltung der Medienzukunft. Wurde letztes Jahr noch fieberhaft nach funktionsfähigen Geschäftsmodellen im digitalen Wandel gesucht, wurden dieses Jahr einige vorgestellt. Schwerpunktmäßig ging es darum, welche Möglichkeiten der Nutzung oder Kooperation diese Start-ups, Tools und Plattformen Verlagen, Journalisten und Medienhäusern bieten können. Das Digitale ist endlich selbstverständlich, „Online versus Print“ kein Thema mehr. Stattdessen ließ sich sogar ein verhaltener Optimismus bei den großen Medienhäusern beobachten, die eigene digitale Zukunft zu steuern, ohne sich von den Big Playern des Silikon-Valley vor sich hertreiben zu lassen. Jochen Wegner, Chefredakteur Zeit Online, formulierte die Überschrift seiner Keynote zum Content-Gipfel einfach um von „Wer hat Angst vor Facebook, Google, Apple?“ in:

Warum der Untergang der Medien auch heute wieder ausfällt
Darin listete er 17 Gründe auf, warum Journalismus bzw. Inhalte zu kreieren ein stabileres Geschäftsmodell sei als diesen Content zu verwalten bzw. zu verteilen. Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Klassischer Journalismus ist als Geschäftsmodell wenig attraktiv für Facebook, Apple, Google & Co.: er ist anstrengend (immer diese Wahrheitsfindung) und teuer (Stichwort Korrespondentennetz), man muss investieren & experimentieren. Andererseits: Medienmodelle sind wieder attraktiv, eigenständige Marken werden von den Lesern/Usern belohnt. Inhalte-Generatoren & Inhalte-Distributoren müssen sich auf Augenhöhe begegnen, denn sie sind aufeinander angewiesen.

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Instant Articles als zeitgemäßes Geschäftsmodell?
Ein Ansatz könnte ‚Instant Articles’ von Facebook werden, das es seinen Nutzern erlaubt, Artikel direkt auf Facebook zu lesen, anstatt wie bisher über einen Link auf die Seite der Medienhäuser geleitet zu werden. „Bei 8-9 Sekunden Wartezeit klicken viele schon wieder weiter”, so Heiko Hebig, Partnership Manager Facebook. Die Verlage verzichten im Gegenzug auf die Klicks auf ihren eigenen Seiten, zu Lasten der Anzeigenerlöse. Dafür dürfen sie auf Facebook eigene Anzeigen schalten. Vorteil: Sie haben die Kontrolle, was sie wann wo hochladen. Mit dieser Art Native Advertising scheint eine Monetarisierung für Social Media gefunden. Befürchtung allerdings: Die Marke verschwindet hinter dem Facebook-Auftritt. Innerhalb dieses Spannungsbogens wurde auf dem Panel ausgiebig diskutiert – eine halbe Stunde länger als geplant und damit über die offizielle Schlusszeit der Medientage hinaus, ohne dass sich der gut gefüllte Saal nennenswert geleert hätte. Zeit Online-Mann Jochen Wegner sieht das neue Feature als Experiment: „Nur 8-10% unserer User kommen via Facebook auf unsere Seite. Wir könnten es uns leisten, einfach wieder auszusteigen.“ Lutz Knappmann, stv. Chefredakteur bei sueddeutsche.de, bleibt skeptisch. Alexandra Föderl-Schmid, Chefredakteurin Der Standard aus Wien, lehnt eine Beteiligung kategorisch ab: „Unsere Marke ist stark genug. Wir brauchen Facebook nicht.“

Bits & Pieces aus der Welt der Digital Natives
Im vergangenen Jahr ist Social Media zum bedeutendsten Werkzeug geworden, um Traffic auf die Webseiten von Publishern zu bringen – noch vor der klassischen Suchfunktion. So eine der Erkenntnisse vom letzten Medientag, dessen Fokussierung auf Social Media, Paid Content & Content Marketing lag. Eine andere: User bestimmen zunehmend die News, weil sich Editors danach richten, was ‚geliked’ wird. Nicht wie häufig ein Content geklickt wird, sondern wie aktiv die Community darauf reagiert, ist entscheidend – hier schlägt das kleine Instagram den Riesen Facebook inzwischen um Längen. Liam Corcoran, Head of Communications @NewsWhip, machte in seinem Vortrag ‚Predicting the buzz’ darauf aufmerksam, dass neben der aktiven Nutzung von Social Media die Kontrolle der Ergebnisse ebenso wichtig sei. „Social Media is an input, not only an output."
Neben der Erläuterung faszinierender Tools wie die Live-Streaming-Apps ‚Periscope’ oder ‚Storytile’ sowie sich ungefragt im Kopf festsetzender Infobrocken wie „die durchschnittliche Länge der News-Videos auf Facebook beträgt 34 bis 90 Sekunden“ boten die Medientage auch Erstaunliches aus der Welt der Digital Natives. Jennifer Schwanenberg, Digitalscout & Program Manager next media accelerator, in ihrem Vortrag im Rahmen von ‚Storytelling goes Social’: „Uns genügt Twitter, um die Welt zu verstehen.“ Da kann man gespannt sein auf...

die 30. MEDIENTAGE MÜNCHEN - vom 26. bis 28. Oktober 2016. text / fotos © gb / sr

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