EFA - Preisträger*in Emilia Perez & Vena - starke Frauen im Kino
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emilia perez / Original soundtrack emilia perez
Neue Visionen - D-Kinostart 28.11.24 * Sony Classical
Frankreich reichte Jacques Audiards in Mexico angesiedelten, mutig Genregrenzen perforierenden Film bereits für den Auslands-Oscar ein. Scheinbar zufälliges Wiedersehen, Jahre nach den geschlechtsangleichenden Operation. Manitas ist nun Emilia Pérez. Anwältin Rita in einer der bestechend choreographierten Musiknummern. Endlich einmal wieder: ein substantieller Soundtrack ist zum Filmstart auch als (Doppel-)CD & LP (Sony Classical) bei erhältlich: - fantastico! ...Ob der mitreissende, die mexikanischen Frauen feiernde Opener El Alegato, das folgende energische Todo y Nada, Saldanas englisches Duett mit Mark Ivanir (Lady) oder die anrührenden Ruhepunkte Deseo und Papa, bis hin zur ganz auf Selena Gomez zugeschnittenen eingängigen Nummer Mi Camino. If you buy only one soundtrack this year - consider this one, muchachas y muchachos! |
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Eines der Kino-Highlights dieses Jahres kommt nach einer Serie von Festivalerfolgen seit seiner Premiere in Cannes nun auch in Deutschland regulär ins Kino. Autorenfilmer Jacques Audiard (Der Geschmack von Rost und Knochen) lanciert mit Emilia Pérez ein Musical, das tatsächlich auf der Geschlechtsumwandlung eines mexikanischen Drogenbarons aufbaut. Dieser Manitas Del Monte (Karla Sofía Gascón) zwingt die junge, unterbezahlte Anwältin Rita (Zoe Saldaña) sein Untertauchen während der nötigen Operationen im Ausland zu arrangieren. Auch seine nicht eingeweihte Familie wird von Rita in der Übergangszeit in der Schweiz untergebracht - bis Manitas wieder als Emila Perez auftaucht und seine/ihre Kinder wieder - in Mexico - um sich haben will. Für diese und Manitas Frau Jessi (Selena Gomez) tritt Emilia als Schwester des verschwunden-trans-ferierten Kartell-chefs auf... Karla Sofía Gascón als vom Kartellchef Manitas zu Emilia gewandelte Hauptfigur. Dünnes Eis, das unter diesem Vabanquespiel zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu bersten beginnt, als ausgerechnet Senora Perez ihre kriminelle Vergangenheit durch eine Vorreiterrolle bei der Nachforschung nach verschwundenen Kartellopfern heilen möchte und wieder ins Visier der Öffentlichkeit gerät. Sogar Kunstgeschöpf Selena Gomez funktioniert in diesem Film - als Manitas´Gattin Jessi. Wie schon bei Luca Guadagninos jüngstem, in Cinecitta realisierten Film Queer entstand auch das Mexico City des in spanisch gedrehten Emilia Perez zwar komplett in Studiokulissen (bei Paris). Dennoch legt Audiard trefflich den Finger in die Wunden der von Drogenkriminalität & Femiziden gebeutelten mexikanischen Gesellschaft - zudem hochartifiziell, durch die begeisternden musikalisch-choreographischen Umsetzung dieses auch ohne Musicalform schon gewagten Plots. Die Schicksale eines Trios (zu dem noch Adriana Paz als Witwe Epifania stößt) weiblicher Hauptfiguren als fantastisch-wilde Tour de force, die von einem exzellenten Soundtrack vervollkommnet wird. Auch auf der Audioebene großartige Unterhaltung: mit einem Bündel vom französischen Popstar Camille und ihrem Partner Clément Ducol komponierter Songs, bei denen sich zunächst insbesondere Zoe Saldaña auszeichnen kann und zusätzlich einem wuchtig-abwechslungsreichen Orchester-Score voller Highlights. Allein auf der ersten (ob Digital- oder Vinyl-)Scheibe tummeln sich so einige davon... |
vena
Neue Bioskop Film - Weltkino - D-Kinostart 28.11.24
Chiara Fleischhackers nach vier Jahren intensiver Arbeit preisgekrönter Abschlussfilm (Filmakademie Baden-Württemberg) reüssierte mit seiner Sozialkritik unlängst auch bei seiner Premiere auf dem Filmfest Hamburg. Der Ascher zur Kippe wippt auf dem Babybauch - Jenny im Clinch mit dem eigenen Leben. Kriegt sie rechtzeitig vor der Entbindung die Kurve? Familienhebamme Marla (Friederike Becht) nimmt sich nach beiderseitiger Skepsis der werdenden Mutter Jenny (Emma Nova) an.
* Trailer * Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! * Kinotour vom 25.11. bis 08.12.2024 * |
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Auch im Debüt von Filmemacherin Chiara Fleischhacker (*1993) geht es um starke mütterliche Gefühle - in ungleich prekärerem Umfeld. Die drogenabhängige, ohne Sorgerecht getrennt von ihrem ersten Kind lebende Jenny muss - erneut hochschwanger - eine Gefängnisstrafe antreten und bringt im Knast ihr zweites Kind zur Welt. Zuvor hatte sie es nach langem Anlauf & mit Hilfe der ihr zugewiesenen Hebamme immerhin geschafft, aus der Plattenbau-Wohnung des gutmütigen, aber ebenfalls Crystal Meth-süchtigen Kindsvaters Bolle (Paul Wollin) auszubrechen. European-Shooting-Star & Grimme-Preisträgerin Emma Nova (In Berlin wächst kein Orangenbaum) liefert eine starke Vorstellung als Jenny in diesem für die spürbar vom Dokumentarfilm kommende Autorin sehr persönlichen Film. Die heute alleinerziehende Fleischhacker begann, während sie selbst schwanger war, das Drehbuch für Vena zu schreiben und setzte sich mit ihren damaligen Beziehungsproblemen sowie den Themen Selbstwert & Selbstfindung auseinander. Dabei wurde die Symbolik einer genau recherchierten Entbindung im Strafvollzug wichtig. Der Film mystifiziert & beschönigt an dieser Stelle nicht, sondern zeigt eine echte Geburt (inklusive herausglitschender Plazenta). Hier kommt der Filmtitel ins Spiel: das lateinische Vena bezeichnet ja rein medizinisch die Nabelschnur, aber metaphorisch wohl auch die neu gestärkte Verbindung der Protagonistin zum Kind, aber auch zu sich selbst. Doch zu einem Happy End auf ganzer Linie kommt es nicht - es gibt für Jenny nirgends Platz in einer Mutter-Kind-Einrichtung. Folgerichtig wird sie erneut durch das Jugendamt von ihrem Baby getrennt... Der Film urteilt weniger über seine Figuren, als empathisch Umfeld & die allgemeine Situation junger Frauen im Gefängnis zu beschreiben - und anzuprangern. Einer der vielem (sich derzeit verschärfenden) Risse in der modernen Gesellschaft - akribisch recherchiert und sensibel eingefangen von Lisa Jilgs starker Kamera.
D: Emma Nova, Friederike Becht, Paul Wollin, Barbara Philipp, Edith Stehfest |
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