Reviews 4-5-10 Jazz

     

    * soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *

     Jaques Schwarz-Bart - Rise Above  
     Dreyfus - Soulfood  
     

    Tenor- und Sopran-Saxofonist Jacques Schwarz-Bart kommt der allmählich wachsenden Hörerschaft auf "Rise Above", dem Nachfolger von "Abyss" , ganz explizit soulig. Die angandauernde Zusammenarbeit mit Roy Hargrove, oder Me'shell Ndegeocello (die wieder einen Song mitkomponiert hat) sowie Projekte mit d'Angelo oder Erykah Badu hinterlassen eben Spuren. Der Wahl-New Yorker mit karibisch-schweizerischem Background singt den Titeltrack seines neuen Albums gar selbst in manierlichem Falsett, überlässt die sonstigen Gesangsparts aber der vielversprechenden Stephanie McKay aus der Bromx, die bereits bei Kelis und den geschätzten Brooklyn Funk Essentials Erfahrungen sammeln konnte. Solide Fusion. Play Tracks 1-5, 7.
    www.myspace.com/stephaniemckay
    www.brotherjacques.com 

    Bobby Mc Ferrin - Vocabularies

    Emarcy - Universal

    Das Phänomen Bobby McFerrin wird 60 und spendiert sich und uns "Vocabularies", nicht etwa eine Solo-Tour de Force, sondern ein vokales Ensemblewerk mit mehr als 50-köpfigem Chor. Coarrangeur Roger Treece, darf bei dieser Gelegenheit weiter an seinem Entwurf einer Chormusik-Fusion von Gospel, Jazz, Soul mit Klassik- , Sakral- und Ethno-Elementen arbeiten. Das Ergebnis, Destillat aus 800 Stunden Musikaufnahmen, klingt öfter auf angenehme Art nach Free Design, Singers Unlimited oder Manhattan Transfer (deren Janis Siegel hier tatsächlich eine der Stimmen beisteuert) mit Afro-Note a la Ladysmith Black Mambazo. Auch Theo Bleckmann, die New York Voices oder Bernard Fowler wurden hier quasi untergemischt. Obwohl das aktuelle Projekt nur mit Abstrichen live zu realiseren sein dürfte (McFerrin wäre auch das zuzutrauen) darf man sich auf vereinzelte Live-Daten im Sommer freuen. www.bobbymcferrin.de
     






    TIPP!
     
     
     Lisa Wahlandt - Stay A While - A Love Story  
     Enja  
     

    Auf dem im Münchner Pirouet-Studio aufgenommenen Album blättert Lisa Wahlandt, unterstützt von Walter Lang (p), Sven Faller (b), und Gerwin Eisenhauer (dr) in einem persönlichen Liebes-Logbuch. In diesen immergrünen Themenkomplex von erster Begegnung, Euphorie bis zu Entfremdung, Trennung und Neubeginn passen denn auch Beatles, Stones und Doors-Kompositionen, Prince und sein "Kiss" genauso wie Rodgers/Hart-Klassiker oder Franz Schubert, auch wenn die Auswahl der Titel nicht gerade Originalität versprüht. Am ehesten noch wird Depeche Modes "Enjoy The Silence" auf interessante Weise neu interpretiert.
    Vereinzelte Live-Termine, u.a. am 22.5. beim Klangfest München im Gasteig. www.lisa-wahlandt.com/
     
    LIVE!
     
     
     Jacob Karlzon - Heat  
     Caprice – Sunny Moon  
     

    International trotz zehn eigener Alben meist im Schatten von Esbjörn Svensson, könnte Pianist Jacob Karlzon nun auch außerhalb seiner schwedischen Heimat bekannter werden. Der 40-Jährige gastierte gerade wieder einmal solo in einigen deutschen Jazzclubs, die er vor allem als Leader der Begleitbands von Caecilie Norby oder Viktoria Tolstoy schon gut kennt. Sein Trio bearbeitet auf "Heat" so unterschiedliches Material wie einen Song der Nu-Metaller KoRn, Teile der "Sonatine Modéré" von Maurice Ravel oder Howard Shores "Gollums Song", den Emiliana Torrini im Abspann des zweiten Teils der "Lord of the Rings"-Trilogie intonierte. Diese enorme Bandbreite tut dem Album gut, Spieltechnik und -eidenschaft tun ein Übriges. www.jacobkarlzon.com
     

     
     
     Rusconi - It´s A Sonic Life  
     Sony Classical  
     

    Schon das letztjährige Album One Up Down Left Right des Schweizer Trios um Pianist Stefan Rusconi überzeugte. Nun widmet sich Rusconi auf 11 von 14 Songs den New Yorker Noise-Rock-Kritikerlieblingen Sonic Youth, einem öfter zitierten Einfluß aif die künstlerische Entwicklung seines Trios mit Fabian Gisler am Double Bass und Claudio Strüby an Drums & Perkussion. Auch die drei Eigenkompositionen Rusconis basieren auf Motiven oder Ideen von Sonic Youth. Passend zur starken Hinwendung der Vorbilder, insbesondere von SY-Bassistin & Sängerin Kim Gordon, zu zeitgenössischer Kunst stammt das Artwork von der bekannten Künstlerin Pipilotti Rist. Die ersten 3.000 Booklets haben Rusconi zudem in verschiedenen Farben handsigniert. www.rusconi-music.com/
    Ende April und im Mai einige deutsche Konzerte, u.a. auch im Bauhaus Dessau (26.5.) !

    Portico Quartet - Isla

    Real World - Indigo

    Die repetitiv-melodischen Strukturen, die Jack Wyllie, Milo Fitzpatrick, Duncan Bellamy und Nick Mullvey mit Saxofon, Double Bass, Piano, Marimba, Schlagzeug, Percussion, sachter Elektronik und gelegentlichen Streichern (arrangiert von Fitzpatrick) zusammensetzen, hat schon beim Debütalbum 2008 nicht nur Jazzfans aufhorchen lassen. Die auf "Isla" weiterentwickelte Mischung aus Minimal Music, nordischen Jazz-Anklängen a la EST und gelegentlichen Free-Ausflügen wurde nicht umsonst in den popmusikalisch geschichtsträchtigen Abbey Road Studios von John Leckie aufgenommen, of Radiohead, XTC, Stone Roses, & The Verve fame). Ein weiterer Wurf der
    der vier Twens aus London, die es vor lauter Spielfreude kaum erwarten können, auch Deutschland aufzumischen. Quote: "Zzzzzaaaaappp! Germany get ready- the Portico Invasion is about to begin… Its gonna be MASSENHAFT!" Klingen so E-Musiker?
    Ab 10.4. in Deutschland & der Schweiz live. http://porticoquartet.com
     
    LIVE-TIPP!








    LIVE-TIPP!
     
     
     Max Raabe - Übers Meer  
     Decca - Universal  
     

    Beyond the sea...Auch in dem scheinbar eng gefassten Stil- und Repertoire-Rahmen, den sich das Phänomen Max Raabe verordnet hat, gibt es Variationsmöglichkeiten. Für das überzeugende Konzeptalbum "Übers Meer" lässt sich Raabe allein von Christoph Israel am Piano begleiten. Ausgewählt wurden 15 Lieder jüdischer Komponisten der Weimarer Republik. Die meisten von ihnen mussten vor den Nazis nach Übersee fliehen. Ganz ohne große Filmkulisse und Palastorchester überzeugt Raabe auch bei diesen intimen, kleinen 30er-Dramoletten. Sehnsucht, Abschied, Weggehen und Ankommen - „Ganz dahinten, wo der Leuchtturm steht, wo das weite Meer zu Ende geht, blieb ein Stück von meinem Glück zurück“. Hingehen, denn: Im April ist Max Raabe solo mit Christoph Israel am Flügel auf Tournee. U.a. am 11.4. in Münchner Prinzregententehater.
     
    LIVE TIPP!
     
     
     The Nigel Kennedy Quintet - Shhh!  
     EMI Classics  
     

    Mit "Shhh!" sorgt Enfant terrible Nigel Kennedy auch außerhalb des Klassikbetriebes für Überraschungen. Der seit geraumer Zeit zwischen E- und U-Musik irrlichternde Geiger spielt mit "Riverman" einen Klassiker von Nick Drake, zu dem Boy George einfühlsame Vocals beisteuert. Sonst (bis auf die -verzichtbare- Rock-Ausnahme "Oy!" gegen Ende hin) tönt es meist introspektiv bis gemässigt mainstreamig und Kennedy versucht erst gar nicht, den hauptamtlichen osteuropäischen Jazzern um sich herum mit anerzogener Virtuosität die Schau zu stehlen.
    Ab 10.4. bis Anfang Mai mit einem gemischten Klassik- und Jazz-Programm auf Tournee; in der Münchner Philharmonie gastiert Kennedy am 20.4.
    www.nigelkennedy.de

    Jerker Kluge´s Deep Jazz - Heaven & Earth

    Perfect Toy - Our Distribution

    Laut Booklet ohne vorheriges Üben in nur einer Session im Münchner Perfect Toy-Studio aufgenommen, weckt das Album des jungen Quartetts um den auch bei Hipnosis als Bassist tätigen BandleaderJerker Kluge Interesse. Mit Sängerin Julia Fehenberger, Pianist Jo Junghanss und Schlagzeuger Matthias Gmelin (plus Gästen bei einzelnen Tracks) begeben sich Kluge & Co. schon optisch auf die Spuren klassischer Blue Note- und Impulse-Scheiben aus den 60ern und gönnen sich und dem Hörer intensiven "Deep Jazz" mit swingendem bis heftigerem Schlagzeug sowie gelegentlichen Ausflügen in experimentellere Bereiche.
    myspace.com/jerkerkluge www.perfecttoy.de

     
    LIVE-TIPP!




    VINYLTIPP!
     
     
     Terje Isungset - Winter Songs  
     Galileo MC  
     

    Es klirrt wieder. Das Themenalbum zur diesjährig ungehörig langen Frostsaison liefert der außergewöhnliche Jazzperkussionist Terje Isungset nach - mit seinen Harfen, Hörnern oder gar Marimbas aus Eis. Nach sphärischen Alben wie den auch an dieser Stelle vorgestellten Two Moons und Igloo birgt das Klangrepertoire von Isungset an Iceofon & Co zwar kaum noch Überraschungen, dennoch nötigt die Hartnäckigkeit, mit der der Nordmann seinen kühlen Traum lebt, Respekt ab. So liest man auf der Rückseite der CD: "Thanks to nature for staying cold". Terje I.:"Ich denke, Musik mit einer der wichtigsten Ressourcen der Erde zu machen, mit Wasser, ist eine große Ehre." Darauf einen Aquavit. www.myspace.com/terjeisungset Einen empfehlenswerten Artikel über das Ice Music Festival im norwegischen Geilo (!) unter: www.taz.de/1/leben/musik/artikel/1/kontrollverluste-im-schnee/
     

     
     
     The Italian Job  
     Various Artists - Blue Note - EMI  
     

    Nicht die gleichnamige 69er-Krimikomödie mit Michael Caine (oder deren Neuverfilmung von 2003) ist hier gemeint - Den vorliegenden italienischen Job im Sinne eines Querschnitts durch das Stiefel-Repertoire von Blue Note verrichtet vielmehr eine Gruppe italienischer Jazzmusiker aus dem Dusntkreis des bekannten und umtriebigen sardischen Trompeters Paolo Fresu, dessen Filmmusik zu "Sette Ottavi" aktuell bei den Soundtracks vorgestellt wird. Mit dabei die Trompeter-Kollegen Flavio Boltro und (High Five-Chef) Fabrizio Bosso, Saxophonist Stefano Di Battista (mit Nino Rotas Score für "Romeo & Juliet"), Trompeter Gianluca Petrella sowie Funk Off, die Marching Band aus Umbrien. Gegen diese Bläser-Übermacht tut sich Sängerin Alice Ricciardi mit nur einem Gesangsbeitrag natürlich schwer.
     

     
     
     Lisette Spinnler - Siawaloma  
     Material  
     

    "Siawaloma" - Band und aktuelles Album der Sängerin Lisette Spinnler aus Basel sind mit dem in Burkina Faso gebräuchlichen Wort für "Gemeinschaft" betitelt. Die kollektive musikalische Erarbeitung des öfter afrikanisch indisch und türkisch inspirierten Repertoires in der der Leadstimme gleichberechtigten Besetzung mit Colin Vallon (Piano), Alex Hendriksen (Saxofone, Flöte), Patrice Moret (Bass) und Schlagzeuger Michi Stulz ist der Schweizerin wichtig. Ihre geschmeidiges Timbre und die gekonnten (Scat-)Improvisationen hätten das Übermaß an Hall, das die Produktion störend auszeichnet, kaum nötig gehabt. Filmmusikfans werden eine alternative Version des auf Soundtracks (u.a. "The Constant Gardener", "Long Way Down") gern verwendeten "Kothbiro" von Ayub Ogada registrieren. Im April einige Live-Termine in der Schweiz.
    www.lisettespinnler.com
     
    LIVE-TIPP!
     
     
     Klazz Brothers feat. David Gazarov - Chopin Lounge  
     Sony Classical  
     

    Wer hätte es noch nicht gemerkt, wir haben 2010 das Chopin-Jahr. Auch die beliebten Crossover-Musikanten der Klazz Brothers, bisher auf Kuba abonniert, zollen dem polnischen Genie mit ihrem neuen Album Tribut. Waren die Gebrüder Klazz bis vor einem Jahr zu zwei Dritteln noch tatsächlich welche, ist heuer nur noch Bassist Kilian Forster dabei. Nach dem Weggang seines Bruders Tobias ist der deutsch-armenische David Gazarov neuer Pianist des Trios. Gazarov arrangierte nun die verschiedenen Originale (vom "Minutenwalzer" bis zur "Winter Wind" Etude op.25, Nr.2) in Klazz-Manier unter Beigabe von Swing und Latin um und steuerte auch das über siebenminütige eigene "Sunny Teardrop" bei. Komplettiert von Schlagzeuger Tim Hahn mit verschiedenen Programmen ab Mitte April live in Deutschland unterwegs. www.sonyclassical.de/klazzbrothers/
     
    LIVE!
     
     
     Michael Schiefel – My Home Is My Tent LIVE-Tipp!
    Zodiak Trio - Q-Train LIVE!
     
     beide: Traumton - Indigo  
     

    Loop, Laptop & Stimme, zuhause unterwegs. Michael Schiefel meldet sich mit einem musikalisch-lyrischem Blick auf neun (Groß-)städte, die derJazzvokalist in der letzten Zeit mehr oder weniger kennenlernte, aus seinem mobilen Wohnzelt, aufgeschlagen im Berliner Traumton-Studio. Nur in Funafuti auf dem fernen Südsee-Atoll Tuvalu war Schiefel noch nicht, obwohl dessen Flughafenkürzel FUN lautet. Reflektionen über Mobilität als thematische Klammer für die verschiedenen Gesangstechniken von Scat & Madrigal bis hin zur Human Beatbox, die Schiefel bekanntermaßen beherrscht (und die in dieser Ausgabe zu interessanten Vergleichen mit dem Mentor des Genres, Bobby McFerrin und dessen neuen Abum einladen). Und das auch live: Im Mai diverse Daten, u.a. das Record Relase Concert in Berlin am 12.5., FUN guaranteed.
    Das Essener Zodiak Trio mit seinem rocknahen Klangbild in der Besetzung Trompete, Gitarre und Schlagzeug ist, noch mehr als Schiefel, recht frei und assoziativ, aber nicht beliebig unterwegs. Komponist John-Dennis Renken, Andreas Wahl und Bernd Oezsevim improvisieren ausgehend von einem Ideengerüst Renkens mit Tönen, Motiven, Sounds, Genrebits und Stimmungen. Charakteristisch ist die Beschränkung bei den Soli, das "Gefühl nicht zu viel zu spielen." Improvisation, Intensität & Disziplin lautet offenbar der Ruhrgebiets-Trio-Dreisatz, den es live zu überprüfen gilt.
    Am 11.4. ein erster Konzerttermin, dem bis in den Mai weitere folgen. www.traumton.de
     


     
     
     Previous Issue: 2/3 - 10 © cinesoundz 2010

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