reviews pop-rock 04-2013

* soundtrack * crossover * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * film * comic * book *

 

!!! (Chk Chk Chk) - Thr!!!er

Warp/Rough Trade

Die Rückkehr der drei Ausrufezeichen. Nach dem formidablen "Strange Weather is´nt it?" funkt es auch auf "Thr!!!er", das Ende April ins Haus steht, an allen Ecken & Enden. Co-produziert von der Band & Spoon-Schlagzeuger Jim Eno in Austin, Texas und noch etwas mehr auf den Punkt als beim Vorgänger, werden auf dem neuen Album weiter Talking Heads- & Comsat Angels-Einflüsse kultiviert. Nic Offer (voc), Mario Andreoni (git), Daniel Gorman (kb) & der neue Bassist Rafael Cohen entfesseln erneut ihr Wavefloor-Feuerwerk - mit treibenden Beats, teils verfremdeten & per Gastsängerinnen variierten Vocals - das auch für Melodien & eingängige Refrains Raum lässt. Play all tracks - loud. Nur schade, dass im Rahmen der sich an das SXSW anschließenden Tour durch die westliche Hemisphäre diesmal lediglich zwei Termine im deutschsprachigen Raum stehen: am 3.5. in Wien, am 4.5. in Berlin. www.chkchkchk.net

 


TIPP! & LIVE-TIPP

 
 
 Adam Ant - Adam Ant is the Blueblack Hussar.../ The Dark Flowers - Radioland  
 Blueblack Hussar * Lojinx / beide: Alive  
  TIPP

1 What a comeback! Adam Ant hat nicht nur seine Früh-80er-Blitzkarriere, und die sechs Monate geschlossene Psychatrie von 2002 hinter sich gelassen. Ant steht & liefert wieder - der Mann zieht sich 17 Jahre nach seinem letzten Studioalbum buchstäblich am eigenen Husarenschopf kreativ aus dem Schlammassel (auch wenn der nicht mehr echt sein dürfte). Aus den 17 Titeln des im Songwriting (with a little help of Morrissey-Mitstreiter Boz Boorer & Chris McCormack von Three Colours Red) überraschend substantiellen "Blueblack Hussar" springen dem Hörer Spielfreude & Ideenreichtum an. Öfters fühlt man sich an das überbordende "Sandinista"-Triple-Smorgasbord der Clash erinnert, geboten werden Glam & Garage-Produktion, wilde Ants-Chöre & naughty Texte ("lift up your skirt, let me lick the alphabet") - und das Cover von May Jane Ansell ist ein Hingucker. Im Sommer soll auch eine Doku über Ants kürzlich wiederaufgenommene Live-Gigs fertig sein, mit denen sich AA an die laufende UK-Tournee herantastete. Das Londoner Roundhouse ist schonmal ausverkauft. 2 Da verblassen Peter Murphys derzeitige Aktivitäten fast etwas. Obwohl auch die es in sich haben. Bevor es auf ausgedehnte Tournee zum 35-jährigen Bauhaus-Jubiläum geht (2x auch in Deutschland) lieh Murphy einem der besten Tracks auf dem "Radioland"-Projekt seines Produzenten Paul Statham die sonore Stimme. Kollege Jim Kerr von den Simple Minds tat es Murphy dreimal gleich, die weiblichen Vocals werden von der Londoner Songwriterin Catherine AD und der Norwegerin Kate Havnevik beigesteuert. Ebenfalls dabei: Dot Allison (u.a. Massive Attack) & Shelly Poole von Alishia´s Attic, mit denen Statham schon früher gearbeitet hat. Wohlaustarierte Songs gibt es hier einige - wer sich noch an B-Movies legendäres "Nowhere Girl" erinnert, wird von der Substanz dieses "Radioland" mit Hang zum Wohlklang wiederum nicht allzu überrascht sein. www.paulstatham.com

 




TIPP

 
 
 Charles Bradley - Victim of Love  
 Dunham - Daptone / Groove Attack LIVE-TIPP  
 
 
Der späte Ruhm des Charles Bradley. Noch dichter und mit größerer Ausdrucks-Bandbreite als auf seinem Debüt "No Time For Dreaming" von 2011 präsentiert sich der 64-jährige `Screaming Eagle of Soul´ & `Road Warrior of the Year´ auf dem zweiten Album "Victim of Love". Mit der Menahan Street Band und ihren routinierten Bläsersätzen im Rücken gelingen dem vom Leben gebeutelten Shouter gleich diverse locker groovende Soultracks, mal klagende, mal schmachtende Balladen und sogar gelegentliche Sozialkritik wird nicht ausgepart. Ausgewogen arrangiert & produziert von Thomas Brenneck. Achtung - im Juni stehen Charles Bradley-Konzerte in Deutschland an, nach jetzigemStand leider nicht in München. Stay tuned.
http://thecharlesbradley.com/
 
 
 
 Angeline Morrison - Are You Ready Cat? TIPP! / Ofrin - The Bringer LIVE-TIPP  
 Freestyle / Groove Attack * Kreismusik / Soulfood  
 
 
1 Erstaunliches Debut von einem fast unbeschriebenen Songschreiber-Blatt. Bei den Labelkollegen von Frootful und Lack Of Afro (die auch bei "Are You Ready Cat?" kräftig mithelfen) war Angeline Morrison bereits als Gastsängerin aufgefallen. Dieses rundum gelungene Album überrascht dennoch - es enthält lauter Eigenkompositionen und - Arrangements. Die Sixties sind nicht nur in der Covergestaltung gegenwärtig - Jazz, Folk, Pop, Bossa und Ballade kommen hier scheinbar ganz selbstverständlich zusammen. AM leistet sich keinen einzigen schwachen Track - was sie wohl zukünftig noch unter ihrem Beehive ausbrütet? A talent to watch...
2 Auch das aktuelle Album der israelischen Songwriterin Ofri Brin verdient Aufmerksamkeit. Bisher im Duo mit Oded K. mit konventionellerem Jazzpop unterwegs, hat sie sich mittlerweile auf experimentellere Elektroklänge verlegt und landet irgendwo zwischen Kate Bush und Björk. „The Bringer” wurde dabei zunächst als Live-Performance konzipiert, in der Videokunst, zeitgenössischer Tanz, Masken & Kostüme mit Ofrins Musik interagieren. Ofrin live: On the road ab dem 10.4., am 16.4. im Münchner Ampere.
 
 
 
 Eric Clapton - Old Sock / Mick Rogers - Sharabang Edwyn Collins - Understated  
 Polydor / Universal * Eskapaden / Soulfood * AED Records / Rough Trade LIVE-TIPPS!  
 
 

Zwei Veteranen ganz ´laid back`. 1 Bei Eric Clapton wird es besonders munter, wenn (gleich viermal) ein Reggae-Groove ins Spiel kommt. Ausgerechnet einer Peter Tosh-Komposition entlockt `Slowhand´ aber den Blues. Wenn sich die alte Socke dann bei "Born To Lose" zur Slideguitar seinem bekanntermaßen limitierten Gesang etwas zu viel Bandbreite zumutet, beginnt das Ganze erstmals zu schwächeln. Mitgealterte Fans werden es dennoch goutieren und sich auch an der beeindruckenden, gleichwohl meist unauffällig agierenden Gästeschar (Taj Mahal, J.J. Cale, Steve Winwood, Chaka Khan) erfreuen. Paul McCartney singt erst bei "All of Me", obwohl man schon bei "The Folks Who Live On The Hill" zuerst genau hinhören muß, so sehr haben sich die Altmänner-Stimmbänder einander angenähert. Klasse die von Sharon White & Michelle John angeführten Backgroundchöre. Ab Mai auf D-Tournee. 2 Der ehemalige Sänger der Earth Band setzt auf deren stets große Beliebtheit im deutschsprachigen Raum und begab sich für "Sharabang" in die Tiroler Prime-Studios. Die Arrangements der Standards aus fremder Feder geraten den Rogers-Produzenten jedoch oft zu konventionell, um gegen die Originale anzustinken, auch der Heavy-Rocker "Cutting me to pieces" bleibt ein Fremdkörper. Ab Ende März bis in den Festival-Juli hinein auf Tour durch Deutschland. www.mick-rogers.com

3 "What the heck, I´m living now." Mit dem zweiten Album (auf dem eigenen AED Label) nach seinem schweren Schlaganfall 2005 arbeitet sich Edwyn Collins mit sichtbar angeschlagener Physis (Backcoverfoto von Hedi Slimane) & hörbar wackliger stimmlicher Präsenz in den oberen Lagen, aber mit ungebrochenem Spirit in die Gegenwart vor. Solange nur der Bariton & das Songwriting stimmen...und das ist hier ganz überwiegend der Fall. Collins spart dabei die dunkle Seite seines Dramas nicht aus. "Down The Line" ist besonders anrührend. Aufgenommen wurde Ende 2012 in den Londoner West Heath Studios mit der Crème britischer Studiomusiker, co-produziert von Collins himself. www.edwyncollins.com

 








TIPP
 
 
 The Milk Carton Kids - The Ash & Clay  
 Anti / Indigo LIVE-TIPP  
 
 

Im Vorprogramm von Acts wie den Punch Brothers oder der Old Crow Medicine Show erspielten sich Kenneth Pattengale & Joey Ryan eine anhängliche Hörerschaft. Die beiden wandeln mit ihren harmony vocals dabei bedenklich nah an den ausgetretenen Pfaden von Simon & Garfunkel. Drei der Songs von "The Ash & Clay" werden immerhin im neuen Gus Van Sant-Film "Promised Land" gefeatured: der Titletrack läuft dabei über den end titles, "Jewel of June" & "Snake Eyes" sind ebenfalls prominent platziert. Für Nsanfte Nostalgiker, feinfühlige Folk-Nerds & andere Ruhebedürftige. Live-Tipp: Die Milk Carton Kids spielen zunächst zwei Showcases, am 4.4. in Berlin & am 7.4. in Köln. www.themilkcartonkids.com

 
 
 
 The Thiams - Ko.OK / Lady  
 Ko.Ok Ent. / Cargo * Truth & Soul / Groove Attack  
 
 
Die zuweilen überraschende Parallelität der Ereignisse im Entertainment-Biz. New York, London & Berlin sind die Homebase für 2x2 Soul-Sisters der neuen Generation. 1 Musik, wie die Geschwister Thiam sie machen, verortet man erstmal nicht gerade in der deutschen Hauptstadt. Vater Senegalese, Mutter Norddeutsche, N´gone schon etwas bekannter durch ihre Background-Tätigkeit vor allem bei Jan Delay, Moussa moderiert die Radio Energy Morning Show, beide mit Berliner Schnauze geboren. Mit den Vorbildern von Stevie Wonder, Whitney Houston und Mariah Carey Michael Jackson, Little Dragon und Kanye West erklärt sich das konventionelle Element, das (immerhin eigenen) Kompositionen durchzieht & dominiert - mehr Eigenerkennungswert wäre hilfreich beim Start des eigenen Acts. www.thethiams.com 2 Die Konkurrenz beiderseits des Atlantik schläft derweil nicht, Terri Walker (London) und Nicole Wray (Atlanta) sind Lady. Die beiden setzen mehr auf die Interpretation klassischen Stax- oder Motown Sounds, produziert von Leon Michels und Jeff Silverman, den Truth & Soul-Label- & Studiochefs & Betreibern des gleichnamigen Studios, die schon als Songwriter für Adele, oder Aloe Blacc hervorgetan haben. Technisch makellos, musikaisch solide, herausragendeTrack fehlen jedoch. http://truthandsoulrecords.com/artists/lady/  

 
 
Rhye - Woman
 
 Polydor / Universal  
 
 

Ja, hier singt tatsächlich keine Frau, die sanften Vocals auf "Woman" stammen vom (heterosexuell verheirateten), zwischen Berlin & L.A. pendelnden Kanadier Michael Milosh. "Mir haben Frauenstimmen schon immer mehr zugesagt. Meine Stimme ist in den letzten Jahren schon so oft mit der von Sade verglichen worden, dass mir das inzwischen gar nichts mehr ausmacht." Sein Partner, der dänische Songwriter/Producer Robin Hannibal ist für den sorgfältig instrumentierten Wohlklang zuständig, in den Miloshs Stimme gepackt wird. Der so gar nicht nach Wohnzimmer klingt & dennoch in kleinen Wohnung in L.A. aufgenommen wurde. Die beiden Künstler haben die Entscheidung getroffen, in Videos & Promofotos nicht persönlich zu erscheinen. Live wird es dann schwierig - doch bisher gab es in Deutschland auch nur ein Showcase im Roten Salon. www.rhyemusic.com

 

 
 
 Woodkid - The Golden Age / Otti Albietz - Bubby Tone II / Bilal - Love Surreal Young Dreams / Conquering Animal Sound / Wrongkong / Cargo City  
 Island / Universal * Entertainment One * Bbe / Alive  
 
 

Hier geht es selten ohne die ganz große Geste. Mit vollem Symphonieorchester, Fanfaren und Trommelhall kommt Werbe-, Video- & Musik-Visionär Woodkid auf seinem ersten Album "The Golden Age" daher. Ob für Moby als Regisseur oder für Lana Del Rey als Clip-Produzent produziert - immer volle Pulle Sturm & Drang, Pathos & Drama. Die teils martialischen Videoarbeiten bescherten einen veritablen Hype, bevor erste Songs aus dem Album überhaupt bekannt waren. Dabei erinnert Yoann Lemoine auch stimmlich des öfteren an Black aka Colin Vearncombe, der Ende der 80er mit "Wonderful Life" & "Everything´s Coming Up Roses" reüssierte. Lyrisch steht Lemoine erklärtermaßen Rainer Maria Rilke nahe. So pompös wie banal. www.woodkid.com

1 D´Angelo-Kollege & Neo-Soulsänger Bilal Oliver aus Philadelphia fühlt sich durch Savatore Dali inspiriert hatte für sein neues Album "A Love Surreal" immerhin den Anspruch,eine Art Audio-Kunstgalerie zu schaffen. Die Beschäftigung mit einzelnen Gemälden ist da zwar kaum noch nachzuvollziehen, eher präsent ist ewige Thema Nummmer 1, L.o.v.e. - Die Kunst hin oder her - Bilal steht musikalisch weiter für urbanen Soul mit sachten Funk- & Jazz-Stilelementen. www.bilalmusic.com 2 Der in England lebende spanische Singer/Songwriter Otti Albietz ist mit seinem zweiten Album zu BBE gewechselt. Auf "Bubby Tone II" versammeln sich überwiegend sehr ruhige, introspektive Songs. Noch am auffälligsten "Who Are The Wishful" mit seinem Falsetto-Refrain (Track 2) oder das sachte elektronische "The Others Are Identical" (Track 11). Aufgenommen wurde in Harvey Summers Broadoak Studios. Tourdaten & mehr: http://ottialbietz.tumblr.com/

Und im Two-Track-Schnelldurchlauf : Young Dreams - Norwegisches Dreampop-Indie-Kollektiv, mit Beach Boys-Gedächtnis-Vocals & zuweilen hübscher Gitarrenarbeit. Play Tracks 4 &5. Live am 26.4. im Münchner Feierwerk. Conquering Animal Sound - Sehr Björknahe Schotten, 2. Album nach interessantem Beginn nicht abendfüllend. Play Track 1 & 2. On Tumblr... Wrong Kong - Muntere Kanadisch-Deutsche Pop-Band um Sängerin Cyrena Dunbar. Live ab 13.4., ab 18.4. in München. Play Tracks 1,2. Cargo City - Frankfurter Indiepopper. Ab 11.4. live in Deutschland unterwegs. Play Tracks 2,4. Kleine Anmerkung: zwei (2) gute Tracks passen (immer noch) auf A & B-Seite einer SINGLE...

 





 

 
 
 Max Schroeder & das Love / Kollektiv Barner 16 / Laing - Paradies Naiv  
 Meekalonious Pip / Rough Trade * Distribution / 17rec / Cargo * Island / Universal  
 
 3 mal Populärmusik mit deutschen Texten. 1 TIPP: Max Schroeder aka ´der Hund Marie´, Mann von Heike Makatsch tanzt mit "seinem Mädchen zu sehr seltsamer Musik" und sticht mit solchen Texten wie seinem heiseren, seelenvollen Gesang zu den aus dem einheimischen Popsumpf recht schön hervor. Play Tracks 1,2.
2 Das Kollektiv Barner 16 aus verdient sich seine Nennung mit einem wild-dilettantischen Ritt durch die Genres - beteiligt sind Künstlern mit und ohne Handicaps. "Zuviel von allem, trotzdem Hunger." Film: www.barner16.de
3 Laing sind seit "Morgens Immer Müde" über Derartiges hinaus, dabei ist es noch nicht lange her, dass die Berlinerinnen enthschieden kleinere Brötchen gebacken haben. Nun also Coverstories etc - so ist Pop zuweilen. Hier in aller Kürze, weil schon bei ihrer Debut-EP gewürdigt. www.laing.de
 
 
 
   

 
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