reviews 27 - 6-7 - 06 pop/rock

     
     pop / rock :  
     
    Auch im Pop-Kaleidoskop diesmal starker Reggae- und Dub-Einschlag...

    * soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz *
    * electronica * world music * classical * audiobook * football special *

    Onejiru - Prophets of Profit
     
     Golden Delicious Music / Peacelounge
     
     

    Schade, daß das jüngst angesetzte Münchner Konzert ausfallen musste. Es wäre interessant gewesen, der in Deutschland aufgewachsene Kenianerin mit umfangreichen Live-Erfahrungen in den Ensembles von Jan Delay, Patrice, der Sam Ragga Band und natürlich Matthias Arfmanns Turtle Bay Country Club bei der Umsetzung ihres abwechslungsreichen Debütalbums beizuwohnen. Das mit englischen, deutschen und Kisuaheli-Texten zu poppigem Dub-Reggae, versetzt mit Zutaten wie Afrobeat und Rock vorgetragene, hörbar von Arfmanns (Co-)Produktion geprägte Werk wird von Onejirus warmen Vocals getragen und fällt lediglich im letzten Drittel ein wenig ab.
    Play Track 1, 4, 5, 7, 8, 9
    www.goldendeliciousmusic.com
     

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     Sam Ragga Band - Situations
     
     New West Records / Blue Rose Records

     
     
    Die dritte Platte der Hamburger/Londoner Sam Ragga Band erscheint nach dem Aus bei Warner -trotz guter Chartplatzierungen der Vorgängeralben-, kurzerhand auf dem bandeigenen, neu gegründeten Label SAFA Records. Mit „Situations“ ist ein eingängiges Roots-Reggae-Album mit weniger Dancehall- und Pop-Elementen entstanden. Leadsänger Seanie T. steht mehr als zuvor im Mittelpunkt, gerade anhand der wieder mal feinen Vokal-Arrangements muß man bedauern, daß die live und zuletzt auch mit eigenen Kompositionen hervorgetretenen Jessica McIntyre und Sinmone Watson offenbar nur noch die Rolle der Backing-Sängerinnen innerhalb der Band zugewiesen wird. Festivalauftritte für den Sommer sind in Planung, eine Clubtour der live stetig gewachsenen Truppe ist für den Herbst vorgesehen. www.samragga.de
     

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    Nouvelle Vague - Bande A Part
    The Perfect Kiss / Peacefrog / PIAS

     
     
    Zwei Jahre nach ihrem Nouvelle Vague Debüt, daß sich klammheimlich zum Dauerbrenner entwickelte, legen Marc Collin und Oliver Libaux Konsensalbum Numer zwo mit New Wave-Classics inna chanson-bossa-latinjazz-stylee vor. Überraschungen gibt es dabei wenige, es wird zumeist seehr viel Tempo herausrausgenommen und mit überwiegend hübsch von Camilles Kleinmädchenstimme garnierten Versionen von Hits wie "Killing Moon", "Heart of Glass", "Blue Monday", "Fade To Grey" etc zu oft die sichere Karte gespielt. Gerade diese letztere, das Plattenende mit Meeresrauschen einleitende (und dann noch mehr "Waves" beschliessende) Stück ist denn doch zu betulich ausgefallen, während andere Tracks wie (ehedem Yazoo´s) „Don’t Go“ oder Heaven 17´s "Let Me Go" im neuen Kontext annehmbar funktionieren. Die dritte Platte dürfte das Konzept dann endgültig zu Tode reiten.

    Monsieur Gainsbourg
    Various Artists - Barclay / Universal

    Nachdem dieses Gainsbourg-Tribute in Frankreich aus Anlass seines 15. Todestages bereits im März zu haben war, sind die auf englisch dargebrachten, qualitativ durchweg recht guten Einlassungen reizvoller Künstlerpaarungen unter Mitwirkung von Franz Ferdinand, Tricky, Placebo, Jane Birkin, Marianne Faithfull, Carla Bruni, Portishead nach langer Pause, Jarvis Cocker, Kid Loco, Françoise Hardy, Keith Flint, Michaël Stipe, The Kills, Gonzales, Feist, u.a. auch (günstiger) als deutscher Release zu erwerben. Daß es überhaupt eine Verzögerung international gab, erstaunt etwas anhand eines solchen Artist Rosters und des von Universal in den letzten Jahren mit diversen Rereleases gepflegten Kataloges. Highlights: Tracks 1, 3, 4, 6, 8, 11 und abseits der Frage, ob man nicht zu verbessernde Klassiker covern sollte, auch die "lesbische" "Je´T´aime"-Variante von Cat Power & Karen Elson.
     

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     Scritti Politti - White Bread Black Beer
     
     Rough Trade / Sanctuary
     
     

    Scritti Politti, d.h. Green Gartside, schickt sich nach langer Sendepause zu einer Rückkehr in den Populär-Zirkus, incl. Live-Performances. Sinnigerweise von seinem alten Label Rough Trade wehen die feinen Gesangsharmonien herüber, als ob es die Pause nie gegeben hätte, Gartsides hohe, feine Stimme scheint vollkommen unverändert. Der Waliser, stets Kritikerliebling und für Pop-Kleinode wie " The Word Girl" verantwortlich, hat erneut ein feines, nach Power-Pop- und R´ n B´ - Visiten wieder deutlicher songwriter-orientiertes Album zusammengesponnen ("White Bread Black Beer"..., back to the basics) das mit mehrmaligem Hören seine Qualitäten zunehmend entfaltet. Auch die Songtexte lohnen ein genaues Hinhören. Welcome back, Mr. Sophisticated.

     

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    Beatplanet - Wer beatet mehr ?
    Brigade Mondaine/ Indigo

    Das sich bisher auf Kopplungen aus den Brillant-Archiven beschränkende Nürnberger Retro-Label Brigade Mondaine hat sich unlängst der Berliner Gruppe "Beatplanet" angenommen, die sich munter an der musikalischen Hinterlassenschaft & dem Ambiente der DDR orientiert. Die jungen Pioniere präsentieren auf ihrem Debutalbum, das mit einem Gig im Franz-Club der Berliner KulturBrauerei live vielversprechend vorgestellt wurde, denn auch thematisch Passendes wie "Die Liebe der Kosmonauten", "Laika - Ein Leben für den Fortschritt" und andere Ohrwürmer. Frühe Beatles und DDR-Legenden wie die Theo Schumann-Combo und natürlich Manfred Krug standen hör- und sichtbar Pate für "Wer beatet mehr?" Grundsympathisch und schon recht stilsicher, wenn die Humorkarte nicht überreizt wird. Play Tracks 1,2, 4, 5, 6, 7, 11 . Beatplanet sind unterwegs in Deutschland noch bis Okt. www.beatpla.net

    The Charlatans- Simpatico
    Creole / Sanctuary

    Das aktuelle Album der Charlatans stiess insbesondere bei der britischenPresse auch nicht allzuviel Sympathie. Obwohl nach dem ent- und unterspannten Vorgänger "Up at the lake" wieder deutlich mehr Tempo & Drive im Spiel sind, kann sich die Band um Frontmann Tim Burgess nicht konsequent für eine Rückbesinnung auf ihre dynamischen Tanzmusikwurzeln entscheiden, nach flottem Beginn werden auch mal Breaks gesetzt, Blue Beat eingeschoben, Pop-Chöre gesetzt, Arrangements breiter angelegt. Obwohl die Charlatans also immer noch Einiges zu bieten haben, fällt die Aufmerksamkeit nach der Hälfte des Albums etwas ab, bis der Dub-Ausklang wieder versöhnt. Wer Tim Burgess track by track durchs Album folgen möchte ist richtig auf www.intro.de . Sympatico. Play Tracks 1, 2, 5, 6, 9, 11.
     




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    Blumfeld - Verbotene Früchte
    Columbia / Sony BMG

    Blumfelds Natur-Konzeptalbum "Verbotene Früchte" polarisiert. Das Feuilleton ist in Bewegung, die Basis auch. Bei allen Verdiensten der Band, die wie keine für deutschen Intellekt-Pop stand, schon die ständigen Wiederholungen in Jochen Distelmeyers Lyrik zum Opener "Schnee" irritieren. Gesangsmanirismen, deplazierte "I wanna boogie with you"- Einwürfe und offensichtlich durch keine weitere Lektoren-Instanz gegangener Textquatsch bei einer dynamisch angelegten Nummer wie "Strobohobo" legen es geradezu auf Kritik-Zoff an - "Freudenquellen wallen..?" der Ausfälle des Wortbastlers wären einige mehr aufzureihen... Distelmeyer selbstverliebt im Off. Dabei waltet viel Sorgfalt beim Musik-Input - aber um die Sitar von "Schmetterlings Gang" würdigen zu können, nervt der sich im Stimmumfang überschätzende Fabulier-Gesang einfach zu sehr. Eingespielt wurden die 13 neuen Songs im Hamburger Soundgarden Studio von Stefan und Frank Wulff, die in den 70er Jahren bei der Folk-Formation Ougenweide aktiv waren. Melodisch gefällig, textlich teilweise unfreiwillig komisch, live eher schlapp. Blumfeld, wohin geht die Reise ?

    Cibelle - The Shine of Dried Electric Leaves
    Crammed / Indigo

    Cibelles zweites Album auf dem belgischen Label Crammed Discs wird als Meisterwerk angepriesen. Es kombiniert akustische Instrumentierung mit Elektronik, laute Gitarren und Kinderspielzeug, fesselnde Klangwelten und pure Melodien, getragen von der unverkennbaren Stimme der Brasilianerin mit dem brasil-untypischen Sound."The Shine of Dried Electric Leaves" wurde über einen Zeitraum von 18 Monaten produziert. Auf Reisen zwischen momentanem Wohnort London und Heimatstadt São Paulo sind die meisten der neuen Songs entstanden, die nach & nach von verschiedenen Co-Produzenten und Performern bereichert und veredelt wurden – darunter Mike Lindsay (Mitglied des britischen Folkotronica-Acts Tunng), Apollo Nove (Künstler aus São Paulo, Produzent ihres Debütalbums), Yann Arnaud aus Paris (Air, Sebastien Schuller), Seu Jorge oder Devendra Banhart.


     





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     Anima Sound System - We Strike!
     
     mole listening pearls
     
     

    Das an dieser Stelle stets mit Interesse verfolgte ungarische Kolletiv Anima Sound System weitet den Dub-Anteil seiner elektronischen, ursprünglich Folk- und Retro-Elemente noch stärker berücksichtigenden Klangbasteleien stetig aus und bewegt sich im Sound auf Bands wie Transglobal Underground zu. P.C.-Texte gegen Rassismus und Homophobie, für individuelle Freiheit und Wachsamkeit gegenüber den Auswüchsen "freier" Marktwirtschaft : "We Strike","World at War", "Technotoys Blues", "Open Your Eyes" etc. machen klar, daß den Budapestern neben dem musikalischen Ausdruck Inhalte eminent wichtig sind. Wenn diese sich noch subtiler verpacken lassen als in eine schunkelige Version von Lennon & McCartneys "Revolution", wäre Gergely Németh, Szabolcs Prieger & Zsolt Prieger noch mehr Wohlwollen sicher. www.animasoundsystem.com
     

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     La Kinky Beat - One More Time
     
     Kasba Music / Galileo
     



    Drittes Album Kinky-Style. Nach einer dicken Konzerttournee durch Spanien, Deutschland, Frankreich, Holland, Italien, Schweiz und Belgien melden sich die Latino-Ska-Funk-Beatster mit Barcelona-Feeling aus dem Studio zurück. „One More Time“ also bei den B-52´s & Rita Mitsuoko borgenden zweisprachiger Wechselgesang, treibende Bässe und die Rocksteady, Electro, R ´n´R, Jungle und andere Zutaten ins Tanz-Partygebräu gemischt und ab geht die Mestizo-Chose, bei der nur Italiener bei "Vaffanculo" kurz stutzen werden.
    www.lakinkybeat.com Play Tracks 1, 2, 3, 5, 10,12, 13.



    Dr. Israel presents Dreadtone International -
    Patterns of War
    Roir/ Cargo
    Dub Trio - New Heavy
    Roir / Cargo

    Die Querverbindungen von Dub-Reggae mit Musikstilen härterer Gangart erkunden die beiden hier vorliegenden Releases des ehemaligen Cassette-only--Labels Roir (Reach Out International Records) aus New York.

    Dr. Israel feuert seine verhallten, mit eigenen und insbesondere den feinen Female-Vocals von Lady K. & Chemda Khalili (Mighty Dub Katz) verbundenen Beats dabei vom Start weg direkt ins mitwippende Kopfnickersystem. Gegenwärtige Dauerbelegung im Cinesoundz-Laufwerk für den starken Opener "Counting Out Stones", das folgende, mit arabischem? Gesang versehene "Tetze", das auch als Video enthalten ist, "Cover me" & "Sensimellia" und die entsprechenden Dub-Versionen. Doctor, Doctor... Bitte bitte auch auf unsere (Festival)-Bühnen.

    Die Dub/Heavy-Grenzgänger Stu Brroks, DP Holmes, & Joe Tomino vom Dub Trio holen sich für den zweiten Track "Not Alone" folgerichtig den umtriebigen Ex-Faith No More-Frontmann Mike Patton für einen Crossover-Hit ans Mikro. Der Rest der CD pendelt sich bei sparsam gesetzten Gitarrenattacken angenehmerweise eher im Dub-Bereich ein. Empfehlenswert.
    Check out www.dubtrio.com
     

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