REVIEWS JAZZ 02/03-2017

 


 

jazz 02 17 Bond bernstein

Cincinnati Conservatory Of Music - Nobody Does It Better: The Ccm Jazz Orchestra As James Bond featuring steven bernstein

Summit Records / In-Akustik

jazz 02 17 Bond bernstein

 TIPP
 

Das klingt spannend. Eine College-Big-Band aus Cincinnati versucht sich an Jazz-Versionen von John Barrys stilprägenden Soundtrack-Musiken für mehrere James-Bond-Filme. Aber genau das war es, was Scott Belck im Kopf hatte, als der Musikdirektor des Jazz-Orchesters am College-Conservatory of Music sich mit dem Trompeter, Komponisten & Arrangeur Steven Bernstein von Sex Mob traf, der sich bereits 2001 mit einem Tribute hervorgetan hatte: Sex Mob Does Bond. Bernstein, der auch schon für große Ensembles wie das portugiesische Orchestra de Jazz Matosinhos (OJM), Arturo O'Farril´s Afro Latin Jazz Orchestra oder Robert Altmans 96`er-Film Kansas City arrangierte: "Ich neige dazu, körperlich anspruchsvolle Arrangements zu schreiben. Aber diese Kerle sind jung, & sie kennen extreme Musik - wirklich hohe Trompeten-Teile, wirklich tiefe Posaunen-Parts...sowas spielt sich schwerer, wenn man älter ist.." Generationenübergreifend gelungene Big Band-Hommage an den Genre-Mythos, mit Liner Notes von Downbeat -Autor Bill Milkowski im Booklet, interessanterweise verpackt in einer Art Saul-Bass-rather than Maurice Binder-Gedächntis-Design.

Jimmy Scott - I Go Back Home

Eden River Records / Rough Trade

Mit Jimmy Scotts Tod ging der Welt des Jazz 2014 eine der letzten Verbindungen zur weit zurückliegenden Ära von Größen wie Billie Holiday, Charlie Parker und Lionel Hampton verloren. Auf dem jetzt erst veröffentlichten offiziellen Tribute-Album zollen renommierte Jazz-Größen dem Sänger mit der rauen Sopranstimme Tribut. Mit von der Partie sind hier u.a. Dee Dee Bridgewater, Kenny Barron, Peter Erskine, Arturo Sandoval, Joey DeFrancesco, Till Brönner oder Oscar Castro Neves, Bob Mintzer, John Pisano, Gregorie Maret - sogar das HBR Studio Symphonie Orchester sowie der Good Fellas-Schauspieler Joe Pesci (mit gleich zwei Songs) sind vertreten. Besser spät als nie: das aufwendig verpackte I Go Back Home, vom deutschen Musikproduzenten Ralf Kemper und Jimmy Scott selbst sowie teils auch von Phil Ramone produziert & gemischt, als eine Art Vermächtnis, nachgereicht aus den legendären Abbey Road Studios. Auch als handnummerierte, audiophile 180 Gramm Doppel-LP im Gatefold-Sleeve.

 

jazz 02 17 JIMMY sCOTT

Chris Thile & Brad Mehldau

Nonesuch / Warner
Jazzpiano meets Punch Brother. Über den Jahreswechsel 2015/16 spielten Pianist Brad Mehldau und Chris Thile (Mandoline & Gesang) an drei Tagen das vorliegende Doppelalbum ein (das auch auf eine CD gepasst hätte - man folgt allerdings der Aufteilung auf Vinyl). Den ersten Track The Old Shade Tree schrieb man zusammen, das restliche Material sind Eigenkompositionen von jeweils Mehldau oder Thile, sowie Coverversoinen: Songs von Bob Dylan, Elliott Smith oder Joni Mitchell (auf der Vinyl-Ausgabe außerdem noch Fiona Apples Fast As You Can). Inwieweit man ein Fan der Instrumentalkombination Flügel & Mandoline oder von Thiles Bluegrass-Gesang wird - Geschmackssache. Die Redaktion wurde nicht so recht warm mit dieser Nonesuch-Paarung.

www.bradmehldau.com
Chris Thile im Netz 

 
 

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Alexandra Lehmler - Sans Mots

Jazz´n Arts / Edel

jazz 02 17 AlexLehmler SansMots

 

 LIVE 
 

Chaos im Kinderzimmer...ohne Worte. Ob man Musikerin & Mutter Alexandra Lehmler um ihren ganz alltäglichen Wahnsinn beneiden oder bemitleiden sollte? Direkt mit dem ersten Track malt die Saxophonistin ein musikalisches Portrait ihres Sohnes Carlo, Voisins Imaginaires behandelt die neugierigen Nachbarn, Feeling Round die Kunst des „Geradebiegens“, Tränenmeer einen Neuanfang. Und das alles mit Instrumentals - Sans Mots. Lehmler spielt mit Vibraphonist Franck Tortiller, Percussionist Patrice Héral und Trompeten-Veteran Herbert Joos vom Pariser Orchestre National de Jazz. Zum Quintett wird man durch Matthias Debus am Bass, Alexandras Ehemann. Der mit dem leicht entnervten Blick auf dem Cover...Vielleicht eine Tasse Honigbusch & Zimt-Tee aus dem Promo-Package zur Entspannung? Livetermine: Am 31. März in Erfurt, am 01.April in Fulda

Vince Mendoza & WDR Big Band - Homecoming

Jazzline / Delta

Jazzfreunden muß man es nicht ins Gedächntis rufen. Vince Mendoza, mehrfacher Grammy Preisträger & legitimer Gil Evans-Nachfolger, ist ein weltweit gefragter Komponist & Arrangeur, ob für Herbie Hancock, Joni Mitchell oder gar Björk. Auch mit der WDR Big Band Köln arbeitete Mendoza schon verschiedentlich zusammen, für deren Produktionen Some Skunk Funk (mit den Brecker Brothers) und 75th (mit Joe Zawinul) erhielt er jeweils eine seiner Grammy-Auszeichnungen. Nun liegt mit Homecoming ein erneute Kooperation als Album vor. Mendoza wollte diesmal ausschließlich neue Stücke liefern, aus diesem Anlass geschrieben und maßgeschneidert für die WDR Big Band. Die Kölner nahmen dankend an - im Ergebnis orchestrale Jazzmusik par excellence. Hoher Gebrauchswert - ob wie das Cover andeutet, on the road oder angekommen, daheim. http://vincemendoza.net

 TIPP
 

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NYConnection - Urban Griot

Ozella / Galileo MC


Drei Finnen und ein Israeli erzählen urbane Griot-Geschichten. Das Quartett NYConnection um den finnischen Jazz-Drummer Jaska Lukkarinen und den israelischen Pianisten Roy Assaf hat mit Urban Griot sein Debut-Album aufgenommen. Ergänzt von Lukkarinens Trio-Kollegen Saxophonist Jussi Kannaste & Bassist Antti Lötjönen, sowie inspiriert von den westafrikanischen Griots versteht sich das transatlantische Ensemble als Geschichtenerzähler des Jazz. Kannaste arrangierte Henry Mancinis Days of (too much) Wine & Roses humorvoll neu, den Rest der Kompostionsarbeit teilen Assaf & Lukkarinen unter sich auf. Zwischen Bebob, Folkeinflüssen und Modern Jazz lösen sich die Songstrukturen in einem improvisatorischen Wirbel aus instrumentalen Zwiegesprächen auf. http://ozellamusic.com

 
 

jazz 02 17 urban Griot

Kurt Rosenwinkel - Caipi

Rykodisc / Warner

jazz 02 17 Caipi Rosenwinkel

 

Dieser Caipi ist vielleicht nicht jedermanns Geschmack. Der US-amerikanische Wahl-Berliner Kurt Rosenwinkel, einer der zur Zeit profiliertesten Jazz-Gitarristen, weicht mit seinem neuesten Werk auf dem künstlereigenen Label Heartcore Records (in Kooperation mit Avishai Cohens RazDaz) - sicherlich bewusst - ab vom Pfad der reinen Jazzlehre (gibt´s die?). Im Laufe von 10 Jahren Produktionszeit sammelte sich einiges Brasil-Affine in KRs Studio an, sämtliche Instrumente (Gitarre, Drums, Bass, Piano, Synthesizer, Percussion) sind praktischerweise selbst eingespielt - und auch - medioker - eingesungen (s.o./Geschmackssache). Einmal wenigstens fungiert Amanda Brecker, Tochter von Randy B. als Gastsängerin und dann taucht hier noch ein ganz überraschender Name auf: Superstar-Gitarrero Eric "Slowhand" Clapton spielte anscheinend ein paar Licks für die Midtempo-Nummer Little Dream ein. www.kurtrosenwinkel.com www.razdazrecords.com

Albert Sanz - Mediterranies 

Karonte / Galileo MC

Der spanische Modern Jazz-Pianist Albert Sanz widmet sich auf seinem aktuellen Themen-Album Mediterranies dem Mittelmeer - als Symbol des Lichtes, als geografische Grenze zwischen Nord & Süd-, als ökonomische Grenze zwischen Arm & Reich, nicht zuletzt auch zwischen politischen Systemen. Dann wiederum auch als verbindendes Element, mit dem Strand als Spielwiese (im Booklet) und als Kulturraum mit einer Vielzahl von Anrainern. Musikalisch gehen Sanz bei den hier versammelten acht Tracks die Mitstreiter Ruben Carles (b) und Sergio Martinez (perc) zur Hand (Jorge Pardo hat zweimal einen Gast-Auftritt). Herausgekommen ist ein gut durchhörbares Album zwischen Latin-Roots und Jazz-Tradition. www.albertsanzmusic.com

 
 

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The Vitral Saxophone Quartet - Kites Over Havana

Paquito Records / Delta

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 TIPP
 

"Saxophonically yours..." 1943 gründete der kubanische Saxophonist Tito D'Rivera seine eigene Saxophon-Kammergruppe namens Conjunto Sinfónico de Saxofones, die am Nationalen Konservatorium in Havanna debütierte. Über 70 Jahre später, präsentiert D'Riveras Sohn, der weltbekannte Holzbläsermeister Paquito, das Vitral Saxophon-Quartett und ihr Kites Over Havana. Das Ensemble besteht aus vier kubanischen Saxophonisten, die alle in den USA leben: Oscar Gongora (Sopran), Roman Filiu (Alt & Sopran), Alejandro Rios (Alt & Tenor) und Raul Cordies (Bariton). An den Aufnahmen nahmen eine Handvoll Gäste teil, darunter mit Yosvany Terry & Dr. Paul Cohen zwei weitere Saxler sowie Dr. Adonis Gonzalez am Klavier. Paquito D'Rivera selbst spielt Klarinette und... Sopransaxophon. Im Ergebnis ein spannendes, genreübergreifend-sinfonisches Bläser-Gewusel, zudem wunderbar verpackt von Grafiker Christopher Drukker. Label-Website

Rain Sultanov - Inspired by Nature

Ozella / Galileo MC

Mit Slogans wie "Aserbeidschan - ein musikalischer Bildband" und der Verpackung mit Landschaftsaufnahmen von Fotograf Thomas Melzer setzt Rain Sultanovs Label Ozella Music für Inspired by Nature - Seven Sounds of Azerbaidjan ganz auf die Reisefieber-Karte. Der international renommierte Saxofonist Rain Sultanov sammelte in der Tat auf einer Exkursion durch sein Heimatland Klänge und Eindrücke, die er in Kompositionen zwischen (viel)Jazz und Weltmusik (in Spurenelementen) einfließen lässt - aufgenommen wurde allerdings nach Rückkehr von der Reise in Oslo. Der bekannteste Jazzer Aserbeidschans verwirklichte sich damit einen länger gehegten Traum. Für den Jazzhörer mit Phantasie - weit wie die Landschaften Vorderasiens.

https://www.rainsultanov.com

 

world 02 17 Rain Sultanow