reviews pop-rock 02/03 - 2013

* soundtrack * crossover * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *

 
Adam Green & Binki Shapiro
Rounder / Universal TIPP & LIVE-TIPP!
 
Als legitime Erben von Lee Hazlewood & Nancy Sinatra präsentieren sich Kritiker-Darling Adam Green und die Leonard Cohen-Interpretin Binki Shapiro (Little Joy) mit diesem rundum gelungenen Duo-Ausflug. Produziert wurde mit viel Hall und 60´s-Psychedelic-Folk-Appeal von Noah Georgeson ( u.a. Devendra Benhart, Joanna Newsom), der das Pärchen in 10 kleine, melancholisch & ´bittersweet´ angehauchte Beziehungsdramen schickt. Das das Ganze letztlich nur auf weniger als eine halbe Stunde Spielzeit kommt, ist ein wenig schade. Man hätte diesem sympathisch neurotischen Duo, das sich da gefunden hat, gern noch länger gelauscht. Das geht demnächst - Ende März kommen die beiden für einige Live-Termine nach Deutschland. Auch als Vinyl oder Fan Bundle mit geschmackvollem T-Shirt.
www.adamandbinki.com/index.html
 


 
 Milo Greene - Milo Greene
 
 Atlantic / Warner TIPP!
 
 
 
Starkes, melodieseliges Debüt aus dem Süden Kaliforniens. Charakteristisch der mehrstimmige Gesang - gleich vier der fünf Mitglieder von Milo Greene, nämlich Robbie Arnett, Graham Fink, Andrew Heringer und Marlana Sheetz agieren als Leadsänger(in) und wechseln sich munter an den Instrumenten ab. Lediglich Drummer Curtis Marrero beschränkt sich aus Trommeln. Der klassische Fleetwood Mac-Sound scheint Pate gestanden zu haben, sogar Byrds-Referenzen klingen durch. Die Fünf selbst bezeichnen ihre Musik aber eher als ´cinematic pop´: Es existiert bereits ein Kurzfilm, der sich aus den Videos zu den Songs des Debüts zusammensetzt. "We love to score." Mit den 13 Neo-Westcoast-Tracks dürften für Aufmerksamkeit in Werbung & Filmindustrie nicht die schlechtesten Voraussetzungen bestehen. Auch sonst beweisen Milo Greene Ambitionen & Fantasie - hat sich die Band doch in ihren Anfangstagen nach einem fiktiven Booking Agent benannt. "He´s a gentleman, the guy we all aspire to be." www.milogreene.com
 

 
 
 Delphic - Collections
 
 Chimeric / Cooperative  
 
 

Der hymnische Electro-Rock von Delphic ist seit ihrem Debütalbum "Acolyte" von 2010 schwer populär. Das Trio aus Manchester hat es sich nicht leicht gemacht mit dem zweiten Album, das schließlich keine Kopie des Debüts werden sollte. Nach Überwindung des gefürchteten `writer´s block´ & gegenseitigem Voneinandergenervtsein liegt "Collections" also vor - produziert von Tim Goldsworthy (DFA) & Ben Allen. Die erklärten "Studioheads" James Cook, Sänger Rick Boardman und Matthew Cocksedge lassen allerdings zu, dass Ihr Synthie-Wall of Sound mehrheitlich in Bombast übergeht, in dem insbesondere die gelegentlichen Hip Hop-Ansätze wenig zwingend wirken. Noch am besten: "Changes". Play Tracks 1-4. www.delphic.cc
 

 
 
 Alice Russell - To Dust  
 Differ-Ant Recordings / Groove Attack
 
 
 
Soul-Sängerin Alice Russell, an dieser Stelle bereits mit ihrem "Pot Of Gold"-Album oder der kürzlichen Kooperation mit Quantics Combo Barbaro gewürdigt, hat aktuell zweifelsohne einen Lauf. Weitere gemeisame Projekte mit Mr Scruff oder Nostalgia 77 (u.a. ein Cover von "Seven Nation Army") haben das Feld für ein weiteres gelungenes Solo-Album bereitet, das wieder von ihrem vertrauten Tru Thoughts-Produzenten TM Juke aka Alex Cowan inszeniert wurde. Die Singleauskopplung "Heartbreaker" unterstrich schon beider ungebrochene Soul-Marschrichtung, die auf "To Dust" (dessen Titelsong sich übrigens mit enervierendem Papierkram auseinandersetzt) aber mit reichlich Pop-Appeal & etwas R&B kombiniert wird. Zum Ende hin schwächelt das Album allerdings etwas. Play Tracks 1,3,6,7.
www.alicerussell.com
 

 
 
 PDR - On A Whim
 
 Welcome Home Music / Rough Trade LIVE-TIPP!
 
 
 
Muntere, eingängige Uptempo Songs mit 80´s-Brit-Wave-Einschlag sind die Stärke dieser Band aus Düsseldorf. PDR, ehemals die von der Volkswagen Sound Foundation zum Newcomer des Jahres ernannten Punk' d Royal, besteht aus den Brüdern Aljoscha und Niklas Mallmann sowie Matthias Stamm - und hörbar einer in dem der Redaktion zugedachten Material nicht namentlich genannten Sängerin. Aljoscha M. hat die Tresorfabrik-Tonstudios in Düsseldorf gegründet, sein Bruder Niklas eine Firma für Audioproduktionen & Matthias Stamm ist Booking Agent. Keine schlechten Voraussetzungen, denn auch das kompositorische Potential ist klar vorhanden. Der Titeltrack, der Opener & "Best Before Monday" (das mysteriöserweise unter dem Titel "One Room One Skit" noch einmal wiederkehrt) sind die komplettesten Tracks. Play 1-3, 8-11. Live: Im Februar & März einige Konzerte in Deutschland, zwischendurch gehts gar ins UK.
 

 
 
 Lord Huron - Lonesome Dreams / Christopher Owens - Lysandre TIPP!  
 I Am Sound * Turnstilebeide: PIAS / Rough Trade  
 
 
Zweimal folkbasierte Musik aus L.A. bei PIAS:
Hinter dem verhallten Indie-Folkpop-Breitwandsound von Lord Huron steht der kunststudierte Mastermind Ben Schneider aus Michigan, der sich für dieses großteils am Lake Huron geschriebene Themenalbum Verstärkung aus L.A. ins Boot holte. Brett Farkas & Tom Renaud (beide voc,git), Miguel Briseno(b,perc) & Mark Berry (voc,perc) sind nun mit von der Partie. Ihre meist mit Fleet Foxes oder Mumford & Sons verglichene Musik hält auch Fleetwood Mac-Referenzen bereit, der mehrstimmige Gesang erinnert des öfteren an Lindsey Buckingham. Auch als Vinyl (incl. Download) erhältlich, auf der Deluxe-CD gibt es drei zusätzliche Bonustracks.
www.lordhuron.com

"A little window into my soul." Das Solo-Debutalbum von Singer/Songwriter Christopher Owens (Ex-Girls) aus San Francisco ist die Geschichte seiner Liebe zur Französin "Lysandre". Diese wird eigenwillig & einfallsreich vorgetragen - mal uptempo, mal zu vorwitzigem Saxophon & weiblichen Backgroundchören, mal zu Flöte & Gitarre fast minneliedhaft altmodisch. Der Girls-erfahrene Doug Boehm hat das mit dem Sinn für die nötigen Feinheiten produziert (im Hobby Shop, Los Angeles). Digipak-Artwork vom preisgekrönten US-Fotografen Ryan McGinley.
Play Track 6 "Riviera Rock", Track 11 "Part of Me (Lysandre´s Epilogue)".

www.christopherowensonlinecom
 


 
 
 Allen Stone
 
 Decca / Universal LIVE-TIPP!
 
 
 
US-Medien ordnen den Bühnen-Paradiesvogel Allen Stone mit dem langen blonden Haar und der überdimensionalen Hornbrille aufgrund seiner `blue eyed soul´-Songs mit zuweilen durchaus sozialkritischer Note gern zwischen Stevie Wonder, Marvin Gaye und Bill Withers ein. Stimmlich kommen auch Simply Red oder Jamiroquai für Vergleiche in Frage. Der 25-jährige Singer/Songwriter aus dem Provinznest Chewelah/Washington selbst betrachtet sich selbst erklärtermaßen als “Hippie mit Soul”. Auch das kommt hin - innovativ sind seine Stücke nicht, aber singen kann er jedenfalls. Guter Ruf live! Unter den 10 Terminen seiner ersten Deutschland-Tour hat sich leider kein Müchner Date gefunden, Bamberg & Neu-Ulm müssen den Süddeutschen zunächst reichen.
www.allenstone.com
 

 
 
 Neve Naive - The Inner Peace Of Cat And Bird
 
 Sonar Kollektiv / Alive  
 
 

Das Duo des Produzenten und Multiinstrumentalisten Stefan "Merse" Ulrich (u.a. als Posaunist der Jazzanova Live! Band & Ruffcats) und der Sängerin Alexa "Neve" Voss (u.a. Jahcoustix, Background für Culcha Candela oder Mellow Mark), die auch für die Texte verantwortlich zeichnet, hat ein recht abwechslungsreiches, vielleicht gar nicht so naives Debutalbum auf dem Sonar Kollektiv Label vorgelegt. Es gibt lange verschleppte Balladen, groovige Passagen, Piano-, Bläser- & Elektrosounds und nicht zuletzt eine poppig bunte Coverillustration vom (fantastisch-realistischen) Wiener Künstler Wolfgang Nocke. `Don´t Be Silent´, play the best track no. 6: "Hands".
www.facebook.com/nevenaive
 

 
 
 Olaf Hund - Music Is Dead - The Series / Lump200 - Hobbies & Religions
 
 Post-Electronic Music - Musiques Hybrides * Office4music.com
 
 
 
Der selbsternannte Pariser Post-Elektro-Künstler mit dem schönen Namen Olaf Hund kehrt nach der Veröffentlichung seiner Debüt-Single "I Wanna Be Your Ice-Cream" (hier enthalten) und dem einen oder anderen EP Release, mit einem ganzen "Music Is Dead" betitelten Album zurück auf die Bühne. Gegeben werden, neben einer (nicht gerade revolutionären) Coverversion des Talking Heads-Hits "Psycho-Killer", vor allem repetitive Post Punk-, Knarz- & Elektro-Sounds der bewusst einfach gehaltenen Sorte. Das wurde bei Les Inrockuptibles schon als "missing link zwischen Alan Vega and Louie Vega" bezeichnet. "Die Musik wird sich im Grabe umdrehen", heißt es auf des Artisten Website. Ganz schön selbstverliebt das Ganze.
http://olafhund.com

In der rechtsrheinischen Hauptstadt schraubt unterdes Wahlberliner & Ex-Laptopact René Desalmand mit dem dritten Soloalbum "Hobbies & Releigions" weiter an seinem eigenen Post-Electro-Entwurf. Der Hörspiel-erfahrene Saxophon-Studienabbrecher Lump leistet sich dabei eine wild anmutende Mischung aus Tom Waits-artigen Vocals, Sprechgesang zu Texten des Schweizer Dichters Michael Stauffer, Dub- und Electro-Elementen sowie Free-Jazz-Anleihen. Und er werkelt nicht ganz alleine - Fabian Kalker & Kalle Kalima (aus dem Gefolge von Jimi Tenor) haben Gitarrenparts beigesteuert. Play Track 4. Live-Performances soll es auch in absehbarer Zeit geben - check out
www.facebook.com/Lump200
 


 
 
 This Town Needs Guns - 13.0.0.0.0 / Rick Redbeard - No Selfish Heart  
 Jagjaguwar * Chemical Underground - Rough Trade LIVE-TIPP! & TIPP!
 
 
 
This Town Needs Guns aus Oxford spielen einen teils etwas vertrackten Indie Pop Rock mit fragilen Vocals, perlenden Gitarren, dynamischen Drums & New Order-Bass. Eingestreute Instrumentals, Breaks, asymmetrische Rhythmen & Dissonanzen gehören natürlich zum Repertoire des im einzelnen verantwortlichen Math Rock-geschulten Personals: Henry Tremain (voc, b), Tim Collis (git) & Chris Collis (dr). Der kryptische Albumtitel bezieht sich übrigens auf den unlängst vielbeachteten Maya-Kalender. Die Musiker auf twitter: "We carve mahogany effigies of birds of prey in our spare time and play notes in some kind of order." Das klingt vielversprechend - womit der Longplayer gemeint ist. Check them out - im Februar sind This Town Needs Guns mit dem neuen Album auf Deutschlandtour:
www.thistownneedsguns.com/

Um einiges ruhiger und introvertierter lässt es The Phantom Band-Sänger Rick Anthony, bzw dessen Alter Ego "Rick Redbeard" mit "No Selfish Heart" angehen. Ruhige, melancholische Lovesongs & Folk-Balladen in fast spartanischer Instrumentierung, ab und zu aufgelockert durch Background-Vocals von Anthonys Schwester Jo. Textlich befasst sich der Schotte mit der wandlungsfähigen Stimme, die er bisweilen bis in Neil Young-Regionen ausreizt, mit der Vergänglichkeit und mit oft diffusen Sehnsüchten. Wie das Cover schon suggeriert, eigentlich ein intimes, formidables Album für den Spätherbst, das bei gerade bei mehrfachem Hören immer weiter gedeiht. Play Tracks 3-7,10.
www.chemikal.co.uk/artists/rick-redbeard
 



 
 
 Nataly Dawn - How I Knew Her / This is Betty Steeles / Beady Belle - Cricklewood Broadway Nonesuch / Warner * Contemplate 360 / Edel * Emarcy / Universal
 
 
Drei bemerkenswerte Sängerinnen zum Ausklang...
 
 1 Tom Waits ist ihr Vorbild. Obwohl stimmlich doch in einer ganz anderen Tonlage unterwegs, war es für die kalifornische Singer/Songwriterin das Größste, ihr Nonsuch-Debüt mit einer hochkarätigen Band in den Prairie Sun Studios in Cotati, CA einspielen zu können – ebenjenem Studio, in dem auch Waits vielfach aufnahm. Eindringliche Songs in 1a-Arrangements, teils über Crowdfunding finanziert. A star in the making? Talent & Potential hat Nataly...
2 Eine recht eklektische Sammlung an musikalischen Vorbildern hat Betty Steeles aus der Londoner Szene: Michael Jackson (Fantasie), Erykah Badu (Stimme) & Burt Bacharach (Komposition). Lernen von den Besten...Und Betty ist schon recht weit auf allen drei Gebieten. Ihre eigentümliche helle Stimme veredelt 12 Eigenkompositionen mit fantasievollen Texten auf ihrem zwischen (6!) Studios & 2 Produzenten aufgeteilten Debüt „This Is Betty Steeles“. Noch ist nicht alles so auf den Punkt wie bei den ersten beiden Tracks. www.betty-steeles.com
3
Last but not least gibt es auch ein neues Album des norwegischen Duos Beate S. & Marius Reksjo zu vermelden, das gleich im ersten Hördurchgang überzeugt. Bald ausführlicher dazu: Ab Mitte März sind die beiden auf längerer Deutschlandtour, u.a. gleich zweimal (24./25.4.) im intimen Rahmen der Münchner Unterfahrt zu erleben.
 
 
 
   

 
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