Reviews Pop/Rock 10/11-2017

 

 


 

 

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 Beck - colors / Fuck Art Let's Dance - forward! future!

Capitol / Universal * Audiolith / Broken Silence

1 Materialschlacht statt Substanz: Verhandelt wird das 13. Beck-Album - veröffentlicht am 13. Oktober. Nicht mal wegen Scientology, aber mit dem allseits abgefeierten Grammy-Preisträger sind wir nie recht warmgeworden - was sich auch mit dem vorliegenden, gnadenlos überproduzierten Werk nicht ändern wird. "Colors entfaltet sich wie ein berauschender Regenbogen voller Audio-Tricks und Belohnungen für die Ohren." Gerade die schmerzen recht schnell im bis an die Schmerzgrenze komprimierten, sterilen Digi-Sound. Alle verfügbaren Tonspuren werden vollgehauen bis zum Anschlag - immer noch ein Gimmick, noch ein Hall, noch ein Chor. Mit dem Piano-Intro von Track 4, Dear Life, keimt kurz Hoffnung auf, bis auch hier der Refrain von Chören und Wall of Sound zugeschmiert wird. Alles, was von Beck & Co. handwerklich beherrscht wird, soll auch stattfinden und den Zuhörer staunen lassen. Dabei hätte es eine Single mit Dreams auf der A-Seite getan - im pausenlosen, unecht-aufgeregten Uptempo-Powerpop wird bald klar, dass hier echte Songs mit Hooks und memorablen Melodien Mangelware sind.  Beim Booklet wird nicht gekleckert (dafür an der Lesbarkeit der Credits gespart) und die parallel erhältlichen Doppel-Vinyle sind, Sie ahnen es, farbig. Die Musik leider nicht, sie behauptet es nur ständig.

 

 

pop 10 17 Beck

www.beck.com

2 Und weiter im Uptempo-Modus: Forward! Future!, der Opener & Titeltrack vom neuen Album des Hamburger Indie-Quartetts mit dem bemühten Namen, vermag die Aufmerksamkeit ebenfalls nicht allzulang zu fesseln. Deutlich besser der energisch-atemlose Track Nr. 2, Übersleep, wo Inhalt und Form 1a zusammenpassen. F.A.L.D. haben sich drei Jahre nach dem letzten Studiowerk und intensivem Touren (auch im UK) entschieden, ihren zweiten Longplayer in nur vier Tagen quasi live einzuspielen, und das Elektronik-Instrumentarium weitgehend durch Gitarren zu ersetzen. Was ihrem Indie-Dance-Rock recht gut bekommt, auch wenn ca. die Hälfte der angebotenen elf neuen Songs zu schnell in den gleichen Modus verfällt. Nico Cham, Romeo Sfendules, Tim Hansen und Damian Palm beziehen sich nicht nur musikalisch auf die Postpunk-Achtziger. Mit dem Coverfoto von den Berliner Anti-Reagan-Protesten Anno 1982 wird offensichtlich im Lichte der jüngeren G20-Krawalle darauf verwiesen, dass sich unheilbringende Tendenzen in der US-Politik zu wiederholen scheinen. Play Tracks 2,4,6,11. Aktuell zwei Live-Dates: Flensburg am 27.10., das Heimspiel im Hamburger Molotow folgt am nächsten Tag.
LIVE

pop 10 17 fuckArt Lets Dance

www.faldmusic.com

 William Patrick Corgan - Ogilala / The Nits - Angst

Bmg Rights Management / Warner * Bertus / H' art

1 Runtergestrippt. Wer sich auf Albumlänge mit William Patrick Corgans leidenschaftlich quäkendem Organ arrangieren kann, bekommt auf dessen neuem Longplayer einiges an nachhaltigem Songwriting geboten. Der ehemalige Smashing Pumpkins-Mastermind nahm für Ogilala mit Meister-Produzent Rick Rubin in dessen Shangri-la Studios, Malibu eine Handvoll eher sparsam instrumentierter Stücke auf, die voraussichtlich gut altern werden - mit den zentralen Zowie & The Long Goodbye an der Spitze. "Diese Songs brauchen wenig Verzierung”, sagt Corgan. “Nachdem ich die Stücke für Gesang und Gitarre geschrieben hatte, habe ich mich ganz in Ricks Hände begeben. Normalerweise hätte ich mehr an der Produktion geschraubt - stattdessen hat Rick mich verdonnert, Live Aufnahmen, quasi auf einem molekularen Level, abzuliefern." Auch die Digipak-Aufmachung lohnt: das Coverfoto stammt von W.P. `Billy´ Corgan selbst, im Artwork des weiteren eine Art Deco-inspirierte Illustration von der `Mistress of Magic´, Katelan Foisy. - Play Tracks 1-6,9.

 TIPP
 

pop 10 17 b corgan

http://ogilala.com * Corgan FB-Site * Live @ arte, Berlin * Cinesoundz-Link

2 Netherlands first. 40 Jahre hat das holländische Trio NITS mittlerweile auf dem Buckel und ist gerade dabei, dieses Jubiläum vor allem mit einer ausgedehnten Tour durch die Dutch Mountains zu begehen. Vorab lancierten Henk Hofstede, Rob Kloet & Robert Jan Stips das vorliegende neue Album: angst, immerhin das erste seit fünf Jahren mit neuem Material. Aufgenommen im Frühjahr 2017, im Homebase-Studio ‘de Werf ‘ in Amsterdam. Die ruhigen, sich einmal mehr dem Mainstream verweigernden Tracks beschäftigen sich mit der holländischen Besatzungs- und Befreiungsgeschichte, als auch mit dem Leben im Nachkriegsdeutschland. Das Album beginnt sperrig, wächst aber noch, bei weiteren Hördurchgängen. Play Tracks 2, 7-9. NITS spielen in den nächsten drei Monaten eine erkleckliche Anzahl von Konzerten - alle in den Niederlanden. Erst ab Mitte April 2018 geht es auch in den deutschsprachigen Raum.
 

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http://www.nits.nl

 the barr Brothers - Queens of the Breakers / Bender & Schillinger - dear balance

Secret City / Rough Trade * Duokat Records / Soulfood

1 "Delicious. Amazing. Genius. One of the best albums I have ever heard." The Barr Brothers haben sich zu einer der führenden Americana-Bands entwickelt, die eine wachsende Anzahl Fans begeistert. Zumal die leiblichen Brüder Brad (voc.,git.,keyb.) & Andrew (dr.,perc.,b., keyb.) sowie die (ebenfalls singende) Harfenspielerin Sarah Pagé mit dem neuen Queens Of The Breakers ihren bislang besten Longplayer vorlegen. Thematisch geht es hier um Reflektion, Vergebung, Verlust und Erwachsenwerden, musikalisch navigiert man durch Folk, Blues, Westcoast-Rock & Pop - Look Before It Changes oder Song That I Heard erinnern stark an Simon & Garfunkel, der Titeltrack ebenso stark an Fleetwood Mac. Doch für ganz spezifische, magische Barr Brothers-Momente wie in You Would Have To Lose Your Mind steht das Trio eben auch. Stark - das möchte man unbedingt auch live sehen. Bald gibt es dazu Gelegenheit: Am 03.11. in Köln, 17.11. Zürich und 20.11. mit The War On Drugs in der Münchner Muffathalle. Play Tracks 2-7. 

TIPP & LIVE-TIPP
 

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http://thebarrbrothers.com

2 Im Schnelldurchgang. Das von Linda Bender und Chris Schillinger aus Mainz auf Dear Balance, mehr EP als Album, angebotene folk-poppige Programm umfasst schließlich auch nur weniger als eine halbe Stunde Spieldauer. Fleetwood Mac dürften auch hier als großes Vorbild im Raum stehen. Des öfteren, insbesondere mit Track 2, Transition, erinnert das Duo aber eher an Cock Robin. Nicht das typische Indie-Genre-Programm, doch die beiden sind weiter unabhängig unterwegs. Möge das Duokat-Label genügend Dukaten abwerfen. Fleißig touren tun Bender & Schillinger jedenfalls:

Ab 28.10. bis Mitte Dezember einige Livetermine: Wiesbaden, Worms, Karlsruhe aber auch Köln... Check out: http://benderundschillinger.de

LIVE

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 Little Axe - London Blues / Son Little - New Magic

Echo Beach * Anti / beide: Indigo

1 Skip McDonald mit seinem achten Album als Little Axe, dem zweiten bei Echo Beach. Einst vom Hip Hop Marke Sugarhill zu einer ganz speziellen Fusion von Blues, Dub & Trip Hop weitergezogen, haben McDonald & sein alter On-U-Sound-Produzenten-Compagnon Adrian Sherwood für London Blues eine ganze Reihe üblicher Verdächtiger zusammengetrommelt, meist frühere Axe- & Tackhead-Weggefährten: neben den Dauerbrennern Doug Wimbish (Living Colour) und Keith LeBlanc auch Mark Stewart (The Pop Group), von dem die meisten Lyrics stammen oder Perry Melius (African Head Charge). Die Studiocracks bringen eine verlässliche Mischung aus Vocals, Blues-Samples, feiner Rythmusarbeit und Gitarren-Soli an den Start, die gleichwohl eher Altfans, die auch den fehlenden Webauftritt verschmerzen werden, anziehen dürfte als neue Generationen Genre-Interessierter. Je nach Format sechs bis acht Dub-Versionen.

 

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2 New Magic. Auch das zweite Album von Aaron Earl Livingston aus L.A. fußt im Blues. Der kalifornische Singer/Songwriter und Produzent ließ zuerst in Philadelphia Anno 2011 aufhorchen, als er mit The Roots kollaborierte. Seit 2014 unter dem Alias Son Little unterwegs, gewann er 2016 einen Grammy für die "Best Roots Performance" (und den Mavis-Staples-Song "See That My Grave Is Kept Clean"). Den Sound seines zweiten Albums, das bis auf eine Ausnahme nur Eigenkompositionen enthält, bezeichnet Livingston ganz unbescheiden als Future Soul - mit Anleihen bei Gospel, R&B, Jazz, Hip-Hop und auch mal einer dreckigen Garage Rock-Gitarre im Mix. "Son Little doesn't strive to reproduce his influences; he recombines them into something new." In der Tat gibt´s einige manierliche Songs - Anspieltipps: Play Tracks 1-5, 8. http://sonlittle.com - Son Little in Concert: vom 07. bis 09.12. drei Gigs in Deutschland...

LIVE

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 Antibalas - Where The Gods are in peace / Fünf Sterne Deluxe - Flash

Daptone / Groove Attack * WMI / Warner 

1 Where the Gods Are in Peace - dorthin möchte das geschätzte Afrobeat-Retro-Kollektiv Antibalas aus Brooklyn ihre Hörer transportieren. In der Nachfolge hypnotisch-ausschweifender Fela Kuti-Live-Trips geht es auf der schon im Cover umrissenen kosmischen Reise zwischen messerscharfen Bläsersätzen teils ganz schön wild & free zu. Die hier inszenierte Afro-Space-Western-Story hat natürlich auch eine p.c.-Botschaft, es geht u.a. um die Überwindung von politischem Opportunismus, Gier und Rachsucht sowie gegen.Ausbeutung und Vertreibung. Könnte mit aktuellen Entwicklungen (nicht nur) in den USA zu tun haben. Während es im Konzeptalbum die Götter irgendwie schon richten, bleibt´s außerhalb der Antibalas´schen Big-Apple-Groove-Blase schwieriger...Wer will, kann sich dennoch in den Afrobeat-Bann schlagen lassen und die Sorgen für eine Weile wegtanzen. Live leider derzeit nur in den Staaten.

 

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www.antibalas.com

2 "Pump diesen Beat - direkt auf die Ohren." Fünf Sterne Deluxe waren 17 Jahre Zigaretten holen, nun bringen sie "den Flash zurück." Trotz aktuellem Major-Reboot scheint die Reunion nicht nur kommerziellen Erwägungen entsprungen, sondern weil Tobi Tobsen, Das Bo & marcnesium offensichtlich Gut Eingestellt waren und wieder Spaß am eigenen Ideen-Strom hatten, wie in den höchst eigenen Videos zu Moin Bumm Tschack (Boing...-Benutzung bemerkenswerterweise durch Kraftwerk abgesegnet), Afrokalle, Davon und Inspektor Jabidde (mit ab der Hälfte abnehmendem Spaßfaktor) zu bestaunen ist. Eigenes Hype-Modelabel (Monulani), Ichsen & Ihmsen und ein Lachbolero sind hier weitere Flash-Module. "Wir sind die Tim Burton des Rap." Und die probieren sogar (früher ein No-Go) mal Auto-Tune aus. Ab 02.11. bis 20.12. sind Fünf Sterne Deluxe auf - schon teils ausverkaufter - Tour im deutschsprachigen Raum - am 02.12. im Münchner Backstage.
LIVE

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Label-Fünf-Sterne-Website

 Vibravoid - Mushroom Mantras / Broen - I Love Art

Stoned Karma / Cargo Records * Bella Union / Rough Trade


1 Kleine bemalte Glücksgebete-Pilze aus Düsseldorf. "All you need to blow your mind you will find if you just look around - Mushrooms!" Gegeben werden hier mit dem Opener Om Gang Ganpataye Nama & der universellen Friedens-Meditation Sarveshaam Svastir Bhavatu zwei der ältesten Mantras im Hinduismus. Die Retro-Psychedeliker von Vibravoid packen ihre indisch-englischen Chants in einen schwer verhallten Wall of Sound, bestehend aus um elektrische Sitar, Tablas, Flöten, Vogelgesänge, Mellotron & Theremin ergänztem Rock-Instrumentarium. Kraut ist Programm - wenn es englisch wird im Gesang, kultiviert Sänger Christian Koch den deutschen Akzent geradezu. Seine Truppe ist auf Mushroom Mantras in Spiellaune, das letzte Album liegt gerade erst knapp 10 Monate zurück und drei bisher unveröffentlichte Bonustracks aus einer 1992er Aufnahmesession gibt´s on top: Krautfaktor I-III. Play Tracks 1,2. www.stonedkarma.com

 

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2 Erklärtermaßen derzeit Norwegens beste Band. Das von Bella Union gesignte, gemischte norwegische Quintett Broen experimentiert mit R'n'B-, Jazz-, und Electronica-Elementen, ohne sich insgesamt auf ein Genre festzulegen. Auf ihrem Debüt “I <3 Art” (gesprochen: „I love Art“) müssen sich mal Vocoder-verfremdeter, mal engelsgleicher Gesang (von Marianna Sangita Angeletaki Røe), fernöstliche Anmutungen a la YMO, fast kitschige Synthie-Melodien und dezente Funk-Spuren nicht ausschließen. Produziert hat immerhin Nick Terry (The Libertines, Primal Scream, The Klaxons). Ein guter Ruf als Liveband eilt den Broen-Five zusätzlich voraus (schlägt sich aber vorerst nicht in Konzerten im deutschsprachigen Raum nieder).

Play Tracks 2,6,7. * https://de-de.fb.com/broenband

 

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 The Chairman - The Strange Life / Dhani Harrison - In///Parallel

Danish Music & Entertainment / Membran * BmG Rights Management / Warner

1 Wie bei Flunk (s.u.) - hier sprach uns zunächst mal das Cover an. Das Bild des Sportfotografen Ray Giubilo inspirierte den dänischen Songwriter & Musiker Lucas Berner aka The Chairman (unlängst beim Reeperbahnfestival) zum Titel seines Albums The Strange Life. Schon seltsam: Die Einen müssen arbeiten, damit Andere für Unsummen Tennis spielen können. Nach dem magischen Opener Masquerade In The Radio geht es hier leider nicht auf dem gleichen Level weiter. Gleich einer Collage fügt Vielschreiber Berner (für das Album schrieb und verwarf er über 60 Stücke) Sprechgesang und kaskadische Chöre, breitwandige Soundbeds und sparsame Rhythmen zusammen. Themen: Liebe und destruktive Angst, vieles offensichtlich autobiografisch. Auch wenn die hier versammelten Tracks die Qualitätskontrolle der Kollegen vom Suburban Music Collective offensichtlich passiert haben - oft scheint Berner inhaltlich wie musikalisch auf der Stelle zu treten. Weiterer Anspieltipp: Now That You Love Me, dem die Guest Vocals von KLEO gut bekommen.

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The Chairman Fbook-Site

2 Wer es nicht verfolgt haben sollte: George Harrisons Sohn Dhani, der das letzte Album seines berühmten Vaters Ende 2001 komplettiert hatte, war nach seiner Alternative Rock-Phase bei thenewno2 in den letzten Jahren vor allem mit Filmmusik befasst. Er schrieb u.a. die Scores zu Beautiful Creatures (2013) und Ben Kingsleys Learning To Drive sowie für mehrere TV-Serien. Auch in den meist getragenen Stücken von IN///PARALLEL soll sich nun eine Atmosphäre wie im dunklen Kinosaal einstellen, aber uns zumindest holt Harrison hier nicht ab. Trotz stimmiger Arrangements fehlen Produzent & Songwriter Harrison Jr. letztlich zündende kompositorische Ideen. Etwas beatlesk wird es eigentlich erst mit All About Waiting. Gewidmet ist das Album dem 2016 verstorbenen Fab Four-Producer Sir George Martin. Play Track 9. Derzeit nur in den USA on tour. http://dhaniharrison.com 

 

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 Dream Syndicate - How Did I find myself here? / Stereophonics - Scream Above the Sounds

Anti / Indigo *
Parlophone Label Group / Warner

1 1988 hatte sich das Paisley Underground Alternative Rock - Ensemble The Dream Syndicate aufgelöst. Ohne die einflussreiche Garagenband aus L.A. hätte es Grunge vielleicht nicht gegeben. 35 Jahre nach The Days Of Wine And Roses ist es mit einem neuen Album soweit, nachdem man sich zunächst für vereinzelte Gigs wieder in Mid-80´s-Besetzung zusammengefunden hatte: Sänger & Gitarrist Steve Wynn, Bassist Mark Walton, Drummer Dennis Duck und der neue Gitarrist Jason Victor. Nach dem Live-Feedback des Publikums auf diese Shows ließ sich das Quartett überzeugen, dass sich auch erneute gemeinsame Studioarbeit wieder lohnen könnte. How Did I Find Myself Here? klingt für Fans nun so, als hätte sich das Syndikat nie wirklich getrennt. Jede Menge Gitarren und am Ende schaut noch Gründungsmitglied Kendra Smith auf eine repetitiv-programmatische Gesangslinie herein: "It´s a beautiful dream..." www.thedreamsyndicate.com Play Track 1, 5,9. UK, Italien, die Schweiz - aber Deutschland wird beim Touren säuberlich ausgelassen.

 

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2 Und noch mehr Gitarren. Nur ein paar Sekunden und die Stereophonics sind schon mittendrin im ersten Refrain inklusive Singalong-Chören. Die Band blickt mittlerweile auch schon auf 25 Jahre Band-Historie und - nunmehr - 10 Alben zurück: Scream Above The Sounds, angekündigt für den 27. Oktober, enthält das, was Frontmann & Songwriter Kelly Jones ganz unbescheiden als `große hymnische Songs´ angekündigt hatte. Erste Vorab-Single war das ruhige All In One Night, wie das zugehörige Video inspiriert von Sebastian Schippers Film Victoria. Track 2, Taken a Tumble, hört sich fast nach den Cars an, wären da nicht ein paar Gitarren zuviel. Track 3, What´s all the Fuss About featured ein schönes Trompetenmotiv. Das nachfolgende eingängige Geronimo schickt sich an, ein Live-Highlight zu werden. Dergestalt ist für Abwechslung gesorgt, die zweite Albumhälfte fällt allerdings ab. Produziert hat einmal mehr der langjährige Mitstreiter Jim Lowe. – Play Tracks 1 bis 5. http://stereophonics.com Ab Ende Januar 2018 auf Kurztour in Deutschland: Hamburg, München, Berlin. 

LIVE

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 the blow Monkeys - The Wild River / Sparks - Hippopotamus

Monks Road * Bmg Rights Management - Pias / beide: Rough Trade

1 Ja, es gibt sie noch, beziehungsweise, es gibt sie wieder - die Blow Monkeys um Frontmann, Produzent und Sänger Dr. Robert (Howard), der zwischenzeitlich während der Neunziger eine Solo-Karriere verfolgte. Seit mittlerweile zehn Jahren sind der Blue Eyed Soul-Akademiker und seine Crew, Saxophonist Neville Henry, Bassist Mick Anker & Drummer Tony Kiley, jedoch wieder vereint. "We´ve been all sorts of places as a band but we´ve come back home", heißt es zum zehnten, in Spanien aufgenommenen Album, das eine Reihe solider, überwiegend im Midtempobereich swingender Blue Eyed Soul-Nummern bietet. Ein neues Digging Your Scene ist allerdings nicht dabei. Auf The Wild River, das vor allem als positives Statement für die humane Behandlung von Flüchtlingen gedacht ist, wirkten außerdem Arrangeur Ben Trigg mit einem Pulk von Streichern und ex-Galliano-Drummer Crispin 'The Pump' Taylor mit. "None of us is pure. Humanity has traversed the globe for all ages. No fear, no bigotry and no blame." In diesem Zusammenhang besonders gelungen: das Aquarell-Cover (im Booklet der noch nicht in der Reaktion angelandeten regulären CD sicherlich mit Credit versehen) und das dazu passende, hellblaue 180g Vinyl im Gatefold-Sleeve (inkl. Download-Code).

 
 

pop 10 17 BlowMOnkeys www.theblowmonkeys.com

2 Lange nichts gehört von den so untypisch amerikanischen Paradiesvögeln. Mit entsprechend skurrilem Cover (Foto: Elaine Stocki) versehen, ist Hippopotamus das 22. (!) Studioalbum von Ron & Russell Mael. Die inzwischen über 70-jährigen Gebrüder sind seit 1971 musikalisch aktiv und haben Titel wie This Town Ain't Big Enough for Both of Us von 1974 oder When Do I Get To Sing My Way von 1994 auf dem Kerbholz, sind also auch - in sehr großen Abständen - für echte Hits gut. Zuletzt überraschten die einzigartigen Sparks durch die FFS-Kooperation mit den schottischen Indierockern Franz Ferdinand. Bis heute gilt die inszenatorische Rollenteilung innerhalb des ungleichen Paares: Der nur drei Jahre ältere Keyboarder Ron spielt den Nerd mit chapineskem Bärtchen, Falsett-Sänger Russell den eher jugendlichen Beau. Glamrock, Orchester-Breitseiten, Varieté- & Musical-Pathos, überkandidelte Chöre wie sonst nur bei Queen, Disco- & Avantgarde-Elemente waren stets Zutaten ihres Sounds und ihres speziellen Humors, der die Masse meist eher überforderte. Nun kann man auch dieses auf seine Art geniale `Hippo´ - Pack mitsamt Gastauftritt des exzentrischen Regisseurs Leos Carax und Titeln wie Missionary Position oder Life with the Macbeths eigentlich nicht komplett am Stück hören, ohne dem Wahnsinn anheim zu fallen - Extrapunkte aber für konsequente Giddyness. Giddy Giddy.

TIPP

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www.allsparks.com

 Kitty, Daisy & Lewis - Superscope / Joon Moon - Moonshine corner

Pias Cooperative - Sunday Best / Rough Trade * Kwaidan / Indigo

1 London Calling. Die Retro-Geschwister haben es wieder getan. Kitty, Daisy & Lewis Durham waren wieder im familieneigenen Studio und produzieren ihren vierten Longplayer diesmal gar selber - nachdem beim Vorgänger The Third  Clash-Legende Mick Jones keinen schlechten Job gemacht hatte. Der zweite Track The Game Is On lebt sogar von einem von The Clash-Riff. Noch besser gefällt der vierte bläserverstärkte, von Kitty geschriebene Song Slave, der von Lewis gesungene Opener You´re So Fine geht in Ordnung und per abschließendem slicken Instrumental mit dem schönen Titel Broccoli Tempura geht der Rezensor fast versöhnt nach Hause. Doch irgendwie bleibt bei aller analoger Soul-, Blues- & Rock´n Roll-Finesse in Superscope-gemäßer Bandbreite das Gefühl, dass Kitty, Daisy & Lewis ihr Talent diesmal bei den restlichen Tracks - again: ohne Produzent - nicht so recht ausgeschöpft haben. Am 03.11. beginnt der deutsche Teil der Tournee von KD&L, der die drei auch ins Münchner Technikum führen wird - am 09.November. Play Tracks 1,2,4,10.

LIVE
 

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http://www.kittydaisyandlewis.com

Seit 2015 am Start, aber jetzt erst mit dem Albumdebut Moonshine Corner: Joon Moon, das Trip Hop-Pop-Soul-Projekt des französischen Songwriters, Produzenten & Bassisten Julien Decoretaus. Der hat u.a. zehn Jahre bei den Nouvelle Vague-Alben mitgewirkt. Hier tut er sich zusammen mit der US-amerikanischen Sängerin Krystal Warren (u.a. bei Rufus Wainwright, Scritti Politti oder Hercules and Love Affair mit am Mikro) und Jazz-Drummer Raphaël Chassin (u.a. bei Vanessa Paradis), der auch für die Produktion und Arrangements verantwortlich zeichnet. Im Hintergrund als weiteres Ensemblemitglied tätig: der Tontechniker Sébastien Trouvé. Interessant könnte sein, wie sich das Ganze live macht. Der stimmgewaltigen Krystal Warren zumindest wird auch eine außergewöhnliche Bühnenpräsenz nachgesagt... https://joonmoonmusic.com Play Tracks 1,2,4, 5,8.

Am 07.11 'live in concert' - im Berliner Maschinenhaus. 2018 sollen weitere Dates folgen. 

LIVE

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 Tori Amos - Native Invader / Flunk - Chemistry and Math

Decca / Universal * Beatservice / Godbrain

1 Native Invader, das 15. Studioalbum von Tori Amos, dürfte einmal mehr polarisieren. Im Booklet inszeniert sich die 54-Jährige als rothaarige Kunst-Elfe vor düsteren Hintergründen, und läutet so den Herbst ein. Mit dem Vorgänger Unrepentant Geraldines, das im Jahr 2014 veröffentlicht wurde, war Amos nach dem Deutsche Grammophon-Crossover-Intermezzo Gold Dust zu ihrem charakteristisch-artifiziellen Singer/Songwriter-Pop zurückgekehrt. Auch das neue Album wartet - gleich im Opener - wieder einmal mit kryptischen Titeln auf (Reindeer King), erinnert hier und da an die große Kate Bush, macht Anleihen beim mittlerweile erklecklichen eigenen Schaffen oder wirft textlich einen Blick auf die Selbstheilungskräfte der Natur. Amos´ Fazit ist da nicht unbedingt positiv, neben der Umwelt-Zerstörung sind auch destruktive Beziehungen ihr Thema. Die Heavy-Inhalte sind in meist auf Anhieb gefällige Songs verpackt, die ihre Vielschichtigkeit aber erst nach mehrfachem Hören offenbaren. Mit Up the Creek geht es sogar einmal munter in den Uptempo-Bereich - stimmlich ist die Künstlerin wieder voll auf der Höhe. Play Tracks 1-3,5,10.

 

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http://toriamos.com

2 Schon seit 15 Jahren ist die norwegische Indie-Formation Flunk musikschaffend, dabei eher unter unserem Radar. Bis auf ihre Version von New Orders Blue Monday vom Debutalbum For Sleepyheads Only - dabei gab es erst 2016 einen kompletten Longplayer allein mit Coverversionen - erneut mit einem New Order-Track: True Faith.) Ihr vorliegendes, nach den zwei beliebtesten Gymnasiums-Hassfächern benanntes, sechstes Studio-Album Chemistry & Math wurde per Crowdfunding ermöglicht und klingt eigentlich noch genauso wie 2002. Bandgründer Ulf Nygaards raunende Spoken Word Vocals und Anja Oyen Visters mädchenhaft hoher Gesang sind auf Trip Hop der sparsam instrumentierten Sorte gebettet. Je nach Anlaß atmosphärisch passend bis nicht allzu fesselnd. Die Cover-Illustration (als Negativ-Version auch im Innenteil unter der CD) hatte uns ursprünglich angezogen - im Digipak aber leider ohne Credit. Dann bis zum nächsten (Song-)Cover, Flunk. Am 02. Dezember werden Flunk ein einzelnes Konzert im Berliner Venue namens Panke geben.
LIVE

pop 10 17 Flunk chemistry

http://flunkmusic.com/flunkschool

 The War On Drugs - a deeper understanding / Kele Okereke - Fatherland

Atlantic * BMG Rights Management / beide: Warner

1 Auf The War On Drugs können sich seit Lost in the Dream von 2014 erstaunlich viele Lager einigen. Das kommt nicht von ungefähr - die mittlerweile im Major-Modus antretenden, ehemaligen Indiehelden haben auf dem mit Spannung erwarteten A Deeper Understanding noch einmal am Songwriting gefeilt. Das als Vorab-Single lancierte, langsame Strangest Thing, der Album-Opener Up All Night oder Holding On, die beide die Temposchraube anziehen - ein überzeugendes Songtrio. Und es gibt noch mehr Kompositionen aus der gleichen Liga. Sänger Adam Granduciel erinnert dabei öfter an Bruce Springsteen oder Nils Lofgren, auch an Waterboy Mike Scott, Tom Petty oder den jungen Bob Dylan, deren Musik auch als Blaupause für den TWOD-Bandsound dient. Bei dieser schwelgerischen, ansteckenden Musik kommt man nicht unbedingt darauf, dass der Schaffensprozeß für Songwriter & Produzent Granduciel einer Therapie gegen seine schweren Depressionen gleichkam. Depressionen, von denen er sich trotz des großen Erfolgs nicht endgültig geheilt sieht. Das Cover liefert schon eher einen dezenten Hinweis.  Holding On - Video * Pain - Video * Die Dreamrocker der Stunde kommen nach Deutschland. Die Konzerte in Köln am 03.11. sowie am in sind allesamt ausverkauft! In Köln & der Münchner Muffathalle im Vorprogramm: The Barr Brothers.

TIPP & LIVE-TIPP
 

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www.thewarondrugs.net

2 Zunächst glaubt man, ein Reggae-Album in der Hand zu halten, der rastabärtig-gelockte Sänger in tropischem Grün. Doch das Cover zeigt Kele Okereke einfach beim Relaxen im Runyon Canyon Park von L.A.. Und die Afrika-Fotos im Booklet stammen von einem Familientrip nach Nigeria zu Keles Großmutter - diese Reise findet ihren Niederschlag im Titel-Track Fatherland. Das ruhige, in Produzent Justin Harris´ abgelegenem Studio in Portland aufgenommene Akustikalbum bedeutet eine Auszeit vom `hektischen´ Bloc Party´-Uptempo-Sound (sowie den vorangegangenen Solo-Alben The Boxer & Trick) und zeigt Frontmann Okereke als einfühlsamen Singer/Songwriter. Anspieltipps: das interessant arrangierte You Keep On Whispering His Name, das getragene Yemaha und das Duett mit Olly Alexander (von Years & Years): "Ich kann mich nicht erinnern, dass zwei schwule Künstler schon einmal etwas Ähnliches getan haben, meint Kele, um dann lächelnd zu relativieren, "Elton John & RuPaul vielleicht." Lauter sehr persönliche, introspektive Texte: Okereke widmet sich der Beziehung zu seinem Partner, der zu seinem Vater und seiner kurz nach Abschluß der Aufnahmen von einer Leihmutter geborenen Tochter, deren Name bereits feststand: Savannah.
TIPP

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