• Filmz
  • Fumetti - Filmmuseum München

Fumetti - Filmmuseum München

cinesoundz - Hommage à Bruno Bozzetto
 
Fumetti sind Cartoons aus Italien: in erster Linie für Erwachsene, charmant, spannend, oft psychedelisch bunt, voll von (auch musikalischem) Einfallsreichtum – inhaltlich politically correct bis schwarzhumorig. Einer der führenden Künstler der Gattung ist der 1938 in Milano geborene Zeichner, Regisseur und Produzent Bruno Bozzetto, der inzwischen auf ein umfangreiches Werk von Kurz- und Langfilmen, Fernsehserien,Werbeund Wissenschaftsfilmen sowie von ihm illustrierten Büchern zurückblicken kann. Bereits als 15jähriger drehte er seine ersten Filme, seine aufwendig gestaltete Website www.bozzetto.com verzeichnet als erstes Werk einen einen 8mm-Film mit dem Titel DONALD DUCK FILM. Nach verschiedenen Experimenten mit Real- und Zeichentrickfilmen und einer Ausbildung im Trickfilmstudio von John Halas in London, für das er sein Studium der Geologie abbrach, gründete er sein eigenes Studio in Milano. Seit 1959 produzierte er regelmäßig kurze Zeichentrickfilme, die auf internationalen Filmfestivals auffielen wegen ihres ganz eigenen flächigen Animationsstils, in den verschiedene Collagentechniken einfließen, und wegen ihrer prägnanten Parabeln über das menschliche Dasein und die Neurosen einer Gesellschaft, die über Konsum, Erfolgsdenken, Neid und Technisierung menschliche Werte vergisst, die Natur zerstört und vergeblich nach Glück sucht. 1960 schuf er in UN OSCAR PER IL SIGNOR ROSSI die Figur des Herrn Rossi, eines typischen Kleinbürgers, den er in sieben weiteren Kurzfilmen und zwölf 20minütigen TV-Episoden auftreten ließ, die in Italien auch als Langfilm-Trilogie in die Kinos kamen. Herr Rossi, dem später noch sein treusorgender Hund Gastone zur Seite gestellt wurde, wurde auch außerhalb der Filme vermarktet als Puppe und Comic-Strip-Held. Mit ALFA OMEGA entstand 1961 ein Klassiker der reduzierten Formsprache: In einer Einstellung wird nur das Gesicht eines Strichmännchens gezeigt, in dem und um das herum sich ein ganzes Leben abspielt.Wie alle Trickfilme der 60er und frühen 70er Jahre ist der Film genau 11 Minuten lang, die Mindestlänge, die gesetzlich vorgeschrieben war, um vom Italienischen Kurzfilmförderprogramm berücksichtigt zu werden, und verzichtet auf jeglichen Dialog, was den internationalen Vertrieb von Bozzettos Filmen erleichterte. Ein weitere Klassiker, der in seiner experimentierfreudigen Vermischung unterschiedlichster Trickstile und visueller Effekte sich dem Avantgardefilm annäherte, ohne dabei aber auf die für Bozzetto typische, publikumswirksame Gagstruktur zu verzichten, wurde EGO (1969): Die Geschichte eines Fließbandarbeiters, der sich nach Feierabend in wilde erotische Traumphantasien verliert. 1965 entstand nach langen Vorarbeiten der erste abendfüllende Trickfilm WEST AND SODA (DER WILDESTE WESTEN), eine witzige Western-Parodie, die auch hierzulande ins Kino kam. 1969 folgte Bozzettos Reaktion auf die Superhelden-Schwemme der USComics, VIP – MIO FRATELLO SUPERUOMO (VIP – MEIN BRUDER, DER SUPERMANN). Nach erheblicher Produktionszeit schließt Bozzetto 1975 ALLEGRO NON TROPPO ab, seine ambitionierte Parodie auf Disneys FANTASIA, dessen Episodenstruktur ihm die Gelegenheit gab, seine stilistische Vielfalt unter Beweis zu stellen und in der realen Rahmenhandlung seiner Vorliebe für klassischen Slapstick freien Lauf zu währen. In den späten 70er Jahren muß sich Bozzetto von vielen Mitarbeitern trennen, die ihn über viele Jahre begleitet haben und sich nun selbständig machen: zu nennen sind hier insbesondere Guido Manuli, Maurizio Nichetti und Giuseppe Laganà. Bozzettos Produktivität blieb ungebrochen: Er dreht weiterhin Zeichentrickfilme, die jetzt immer kürzer werden und oft nur noch aus einem Gag bestehen, er entwickelt Realfilm- und Zeichentrickserien für das Fernsehen und dreht einen abendfüllenden Realfilm für das Kino. Die Hommage à Bruno Bozzetto, die begleitend zum Münchner Comicologischen Kongress stattfindet, legt ihren Schwerpunkt auf die in den 60er und 70er Jahren entstandenen Zeichentrickfilme, die fürs Kino gedreht worden sind.
Stefan Rambow / Stefan Drößler

I MONDI DI BRUNO BOZZETTO (DIE WELT VON BRUNO BOZZETTO) – Italien 2002 – R+B: Daniela Trastulli – K: Renato Minotti – 43 min, OmeU – Dokumentarfilm mit vielen Filmausschnitten, in dem Bozzetto selber und seine Mitarbeiter interviewt werden. – ALFA OMEGA (ALPHA OMEGA) – Italien 1961 – R+B+K: Bruno Bozzetto – M: Paolo Tomellert, Enzo Jannacci – 9 min, OF – Das Leben eines Menschen in formaler Reduktion auf die knappste Form des zeichnerischen Stils. – BABY STORY – Italien 1978 – R: Bruno Bozzetto – B: Bruno Bozzetto, Maurizio Nichetti, Guido Manuli – K: Ugo Magni, Enzo Lucchesi – M: Edizione Caramba – 11 min, englische OF – Die Geschichte einer Schwangerschaft aus der Perspektive einer Eizelle, um die sich die Spermien schlagen. – ALLEGRO NON TROPPO – Italien 1976 – R: Bruno Bozzetto – B: Bruno Bozzetto, Maurizio Nichetti, Guido Manuli – K: Luciano Marzetti, Mario Masini – D: Maurizio Nichetti, Maria Luisa Giovanni, Nestor Garay, Maurizio Micheli – 85 min, OmeU – Eine Parodie auf Walt Disneys FANTASIA: Eingerahmt von einer realen Slapstick-Geschichte werden klassische Musikstücke von Claude Debussy, Antonin Dvorak, Maurice Ravel, Jean Sibelius, Antonio Vivaldi und Igor Strawinsky in Zeichentrickfilme ganz unterschiedlichen Stils umgesetzt. Donnerstag, 30. September 2004, 19.00 Uhr UN OSCAR PER IL SIGNOR ROSSI (EINEN OSCAR FÜR HERRN ROSSI) – Italien 1960 – R+B: Bruno Bozzetto – K: Luciano Marzetti – M: Pier Emilio Bassi – 11 min, OF – Der erste Film mit Herrn Rossi, ein Kleinbürger, der beschließt, einen eigenen Film zu drehen. Seine Ehefrau will anfangs nicht mitspielen, träumt am Ende aber auch von einer Filmkarriere. – EGO – Italien 1969 – R: Bruno Bozzetto – B: Giovanni Mulazzani, Guido Manuli – K: Luciano Marzetti – M: Franco Godi – 10 min – Ein Mann flüchtet sich aus seinem monotonen Arbeitsalltag in einen erotischen Wunschtraum, in dem er der Mona Lisa die Kleider vom Leib reißt und über Disneys Schneewittchen herfällt. – WEST AND SODA (DER WILDESTE WESTEN) – Italien 1965 – R: Bruno Bozzetto – B: Attilio Giovanni – K: Luciano Marzetti, Roberto Scarpa – M: Giampiero Boneschi – 85 min, dtF – Eine Westernparodie, die die Klischees des amerikanischen Western auf ihre ganz eigene Art und Weise persifliert, die sich deutlich unterscheidet von der im selben Jahr anrollenden Italo-Western- Welle. Freitag, 1. Oktober 2004, 18.30 Uhr IL SIGNOR ROSSI COMPRA L’AUTOMOBILE (HERR ROSSI KAUFT DAS AUTO) – Italien 1966 – R: Bruno Bozzetto – B: Sergio Crivellaro – K: Luciano Marzetti, Roberto Scarpa – M: Giampiero Boneschi – 11 min, OF – Herr Rossi kauft sich ein Auto und lernt, sich im Dschungel des Autoverkehrs durchzusetzen. – SELF SERVICE – Italien 1974 – R: Bruno Bozzetto – B: Bruno Bozzetto, Giuseppe Lagana – K: Ugo Magni – M: Franco Godi – 11 min, OF – Eine Mücken-Gemeinschaft rationalisiert das Blutsagen zu einer Großindustrie. – VIP – MIO FRATELLO SUPERUOMO (VIP – MEIN BRUDER, DER SUPERMANN) – Italien 1968 – R: Bruno Bozzetto – B: Bruno Bozzetto, Attilio Giovannini, Guido Manuli – K: Luciano Marzetti – M: Franco Godi – 80 min, dtF – Die Geschichte von MiniVip, dem kleinen, etwas missratenen Bruder von SuperVip, der auch gerne ein solch erfolgreicher Supermann sein möchte wie der große Bruder. amstag, 2. Oktober 2004, 18.30 Uhr
 
cinesoundz - Berlinale 2004