reviews 26 - 4-5 - 06 pop/rock

     
     reviews 26 - 4/5 - 06 pop / rock : 
     
    David Gilmour - On An Island
     
     David Gilmour Music / EMI

     
     
    Pink Floyds Gitarrist hatte sich zuvor in seiner langen Karriere erst zwei Soloalben gegönnt, beide liegen über zwei Jahrzehnte zurück. Durch die spektakuläre One-Time-Live 8-Reunion der Band wuchsen auch die Erwartungen an "On An Island" nicht unerheblich. Nach Einhören werden diese nicht enttäuscht, auch wenn Verächter "Klangtapete" rufen werden - das ruhige Album ruft die Floyd-Atmosphäre mit seinem Füllhorn stilistischer Elemente aus Folk, Jazz, Rock und orchestralen Passagen (von keinem Geringeren als Zbigniew Preisner!), Gilmours lyrischem Lead-Gitarrenspiel und Gesang (beim Titeltrack backed by David Crosby & Graham Nashs Harmoniegesang) sofort auf. Roxy Musics Phil Manzanera und Chris Thomas legen zusammen mit dem Meister eine Alan Parsons-würdige Produktion hin. Auch die Nebenrollen sind exquisit besetzt: Robert Wyatt (Kornett), Georgie Fame (Hammond), Jools Holland (Piano) u.a. Mit dem zweimaligen Einsatz der (ehemaligen) Floyd-Fachkräfte Richard Wright (Gesang & Hammondorgel) und Rado "Bob" Klose (Gitarre) wird das ganze rundgemacht. Da wird sich Roger Waters ganz schön anstrengen müssen...

     

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     Kris Kristofferson - This Old Road
     
     New West Records / Blue Rose Records

     
     
    Das Kristoffersonsche Urgestein mit einem nach 10-jähriger musikalischer Kreativpause hochwillkommenen Alterswerk voller neuer stimmiger Eigenkompositionen zwischen Folk & Country, an dem neben Produzent Don Was noch weitere Spitzenkräfte wie Stephen Bruton und hin & wieder mal (u.a. Ry Cooder-) Drummer Jim Keltner mitgewirkt haben. KK erweist Referenz in alle Richtungen - Willie Nelson, Merle Haggard, Steve Earle werden gewürdigt ("Wild American"). And since Johnny Cash has recently left us - auch wenn gerade der schwächste Titel "The Show Goes On" heisst, Kristofferson in dieser Form bleibt uns hoffentlich noch lange erhalten.
    www.newwestrecords.com www.kriskristofferson.com
     

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     Morrissey - Ringleader Of The Tormentors
     
     Sanctuary / Rough Trade
    Adam Green - Jacket Full of Danger
    Sanctuary / Rough Trade

     
     
    Zweimal frühlingshaftes Extremrauschen im Musik-Blätterwald - die Sanctuary-Promoabteilung dürfte Hefter an Hefter mit Presse-Clippings anhand der beiden vorliegenden Releases zu archivieren haben. Enfant Terrible Numero Uno Morrissey wirft sich auf dem Cover des neuen Albums bereits in Frack und Nigel Kennedy-Pose - im Forum Music Village in Rom angekommen, passenderweise Ennio Morricones Hauptwirkungsstätte, arrangierte der Maestro ihm dann flugs (unauffällig) die Streicher für den zweiten Track "Dear God, Please Help Me". Produzentenveteran Tony Visconti hat deutlich Einfluss genommen, die besten Tracks wie "Life Is A Pigsty" schliessen an Smiths-Tage an. Ansonsten alles -wie der Albumtitel- leicht over the top, Texte vom bewährten Kaliber "heartbreakingly profound at the same time killingly funny" - der Mann mit den vielen Qualitäten wird weiter polarisieren.

    Adam Green war bei der Auswahl seiner DDR-Grenztruppen-Cover- und Titeljacke mässig gut beraten. Erst wenig Zeit ist seit dem medialen Overkill des Vorjahres vergangen und schon wieder steht die Fachpresse stramm für großteils sinnlose Interviews. Der Deutschen Lieblings-Indiewuschelkauz meldet sich also mit einem wirklich überbewerteten vierten Album zurück. Durchgängig offenbar in Verwechslung mit Crooning maniriert tiefgehaltene Stimme und wenig Songmaterial, das hängenbleibt - auch die wenigen aufwendigen (Streicher)arrangements (Jane Scarpentoni) reissen es da nicht. Passable Ausnahme auf einem zahnlosen ‚Jacket Full Of Danger’: Track 10 - "Cast A Shadow".
     

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     Anthony Hamilton - Ain´t Nobody Worrying
     
     Zomba / SonyBMG Import
     
     

    Seit Mitte der 90er vor allem als Backgoundsänger vor allem im Hip Hop-Geschäft aktiv, ist Anthony Hamilton mittlerweile zu einer der profiliertesten aktuellen Soul-Stimmen gereift. "Ain´t Nobody Worrying" ist sein drittes voll verantwortetes Album seit 2003 und die Danksagungen füllen allein 4 (engbedruckte!) Seiten im Booklet. Wörtliche Textübersetzungen scheitern bei schwarzer Musik ja regelmässig, dennoch - die Platte groovt meist angenehm, hat bei allem Fokus auf den Vocals incl. einiger typischer Klischee- Gesangs Sperenzchen doch wenig mit dem die US-Charts dominierenden grellen R´& B´ zu tun und kann jedem Soul-Fan empfohlen werden. Play Tracks 1, 4, 6, 8, 11.
     

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    Soulounge - Say It All
    Content / Edel

    Eine durchweg positive Überraschung ist dieses zweite Album des Bandkollektivs aus dem Cultured Pearls-Umfeld : "Mistery" hätte his Princeness auf seiner aktuellen Cd durchaus gebrauchen können, Balladen wie "Safe And Warm", Souliges wie "Trees" oder der Titeltrack und gut gemachte Popnummern wie das folgende "Head Above Water", "Aretha" oder das gar an ELO erinnernde "Can´t Stop" machen Lust auf die just im April startende ausgedehnte Deutschland-Tournee, die am 5. Mai mit dem Auftritt beim auch auf der Cd schon vertretenen Filmorchester Babelsberg in Potsdam einen ersten Höhepunkt bereithält, bevor es auf diverse Festivals geht. Auf die ständig wechselnden, hochkarätigen Vokalisten darf man bei dieser Gelegenheit auch gespannt sein. Play Tracks 2,3, 4, 5, 6, 12 .


    Anja Garbarek - Briefly Shaking
    Virgin / EMI

    Die Tochter des bekannten norwegischen Jazz-Saxophonisten Jan Garbarek, der auch diesmal wieder mit Beratung, Inspiration und bei den Arrangements mitgeholfen hat, hat mit "Briefly Shaking bereits ihr viertes Soloalbum am Start - und sich genausolange der Vergleiche mit Björk und Kate Bush zu erwehren. Hier kontrastieren nach einem Disney-filmmusikartigen Intro vor allem die meist düsteren Texte mit dem heiteren, teilweise airplaykompatiblen Tenor der Musik. Als nächstes steht von der vielseitigen Künstlerin der Soundtrack zu Luc Bessons "Angel A" ins Haus (mit nur einem Track aus "Briefly Shaking" - "Can I Keep Him" we´ll keep you informed.
     




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    Ben Harper - Both Sides of the Gun
    Virgin / EMI

    Der vielseitige Ben Harper (Folk, Blues, Soul, Rock, Gospel - alles kein Problem für den Rast- und Ruhelosen und weitere Pläne werden geschmiedet) macht es diesmal nicht unter zwei CDs. Die beiden Alben werden nach Stimmungen getrennt, wobei CD 2 rocken soll es aber nur bedingt tut. Wie beim ganz ähnlich klingenden Lennie Kravitz ist vieles untadelig retrostylig ausgeführt, an den wirklich guten Songs und sich festhakenden Melodien fehlt es aber deutlich - Track 5 ausgenommen, klingt es zu oft nach Outtake. CD 1 dagegen präsentiert den introvertierten und gefühlvollen P.C.-Folk-Songwriter und deren 40 Minuten bewahren das Doppel denn auch vor der Aussortierung. Bis zum nächsten Reggae-, Blues- oder Soulalbum kann es ja bei Harpers Tatendrang nicht lang dauern.

    Emilie Simon - Vegetal
    Barclay / Universal Import

    Relativ kurz nachdem dem weltweiten Erfolg der Pinguin-Doku "La Marche de l’Empereur" (Die Reise der Pinguine) -wobei Emilie Simons eigenwilliger Score in den USA ausgetauscht wurde-, liegt das dritte Soloalbum des 27-jährigen Ausnahmetalents vor. Geblieben sind der abwechselnd (2/3 zu 1/3) französische und englische, hohe Kleinmädchengesang, der wieder eine Menge stimmliche Vergleiche zu den Anfängen von Björk, Kate Bush, Vanessa Paradis und (der von Simon verehrten) Cindy Lauper niederprasseln lassen wird. Ihr dem pflanzlichen Kosmos gewidmetes Konzeptalbum enthält 13 von Simon auch arrangierte und produzierte Eigenkompositionen, die erneut beeindrucken. Schade, daß bei der deutschen CD-Version der exklusive Open Disc-Inhalt (Fotos, 2 Remixe, ein unveröffentlichter Titel ("Papillon"), ein Live-Video und der spätestens den floralen Frühling einleitende Clip zu "Fleur de saison" nicht aktiviert zu sein scheinen. Auch live bewegt sich la Simon zunächst nur im frankophonen Sprachraum, aktuellen Auftritten in der Schweiz folgt eine grosse Frankreich-Tour. Play Tracks 4,5, 6, 7 http://emiliesimon.artistes.universalmus


     




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     Makrosoft - Stereo Also Playable Mono
     
     Ministry of Sound / Edel

     
     
    Daß die Herren Trini Trimpop (Tote Hose), Jörg Hahn (Studiomusikus) und Rüdiger Esch (Krupp) mit Ihrer komplett aus den Rezepturen von Moog Cookbook, Senor Coconut, Mike Flowers oder sogar Mambo Curt zusammengeklau(b)ten Soße mit "fresh, interesting and successful music" verwechselt werden, glauben sie wahrscheinlich selber nicht. Auf „Smells like Teen Spirit“, „Losing my Religion“, „Enter Sandman“, „London Calling“, „Imagine“ etc in neuer Instrumentierung loszugehen, haben sich wahrscheinlich schon mehr Musiker heimlich gewünscht (und noch mehr es dann bleiben lassen). Auch ist man zumindest neugierig, wie sich Namen wie Oscar Sala, Otto Sander oder Ricky Shayne in diesem Kontext niederschlagen. (Sanders Imagine zieht einem echt die Schuhe aus.) Unterschiedlich gelungen ist das dann alles. Daß sich die Copycats der zweiten Generation im Booklet aber in eine Reihe mit der originären Düsseldorfer Elektrotradition von Kraftwerk bis DAF stellen, werden viele nicht mehr als Satire begreifen.

     

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     The Bongolian - Blueprint
     
     Inverse / Cargo

     


    Big Boss Man - Multiinstrumentalist Nasser Bouzida (Nass) bringt mit seinem Projekt-Alter-Ego The Bongolian frisch-instrumentellen, leicht poltrigen Bongo- Funk & Soul mit einem gewissen Retro- und Filmscore-Touch an den Start. Hochgradig tanzbar, diese analog und solo eingespielten und gemischten Vibes, of course, auch wenn gegen Ende hin doch etwas Abwechslung gefragt wäre. Nass holt sich für die Auftritte zu seinem zweiten Bongolian-Lonplayer diverse Mitstreiter zur Unterstützung und war kürzlich im Vorprogramm und der Tourband von Holly Gollightly zu bewundern. Play Tracks 1, 2, 5, 10

    Stoppok - Instrumentaal Vol. 2
    La-La Land / Indigo

    Allroundtalent Stoppok hat sich für 13 flockige Instrumentaaals solo im heimischen Studio verbarrikadiert, nur gelegentliche Flüssignahrungslieferungen waren erklärtermassen über die Schwelle erlaubt. Nach soviel Arbeit an allen Instrumenten wie diversen Gitarren & Banjos bis Waldzither, Klavier und Räppelchen hat der Künstler irre Bilder gesehen und es für richtige Titelbezeichnungen der Stücke nur noch formal-gematechnisch gereicht, der Hörer ist zu Eigenkreationen eingeladen. Die Vorschläge wie "Solja", "Drackler" und "Bouzacka" klingen dennoch ganz hübsch - vor allem musikalisch natürlich, denn dort sollte der Dampf ja hin. Demnächst unter diversen TV-Beiträgen. Empfehlung.
     

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