REVIEWS COMIC 07-2017
Vivès, Ruppert & Mulot - Olympia / Die Große Odaliske
beide: Bastian Vivès, Florent Ruppert & Jerome Mulot / Reprodukt
Die Coverbilder rekrutieren sich nicht aus der mit dem Mittdeißiger L’ Association-Autorenverlags-Duo Florent Ruppert & Jerome Mulot entwickelten Comichandlung. Sondern aus den Träumen von Alex, der intuitiv-sprunghaften Party-Chaotin im Team, während nicht umsonst die abgeklärtere, `verantwortungsvollere´ Waffenspezialistin Carole im Laufe des zweiten Bandes ein Baby bekommt - komplettiert werden beide von der lesbischen Motorrad-Artistin Sam. Ganz scheint es dann doch nicht ohne Mann zu gehen, der Mafioso-Auftragskiller Toni wird dem Trio als Bewachung zugeteilt. Geklaut wird nur vom Feinsten: Die nackte Schöne in Édouard Manets Ölgemälde Olympia versetzte in den 1860ern die französische Kunstwelt in Rage. Das Werk bezog sich allerdings auf die früher, 1814 bereits, entstandene Große Odaliske von Jean Auguste Dominique Ingres - und schon damals gab es einen öffentlichen Aufschrei à la "so kann man doch keine Frau malen!" Offenbar die richtige Beute also für das Autorentrio und deren drei attraktiv-unkonventionelle Langfinger-Mademoiselles. Nun könnte man vermuten, dass sich all dies bald hübsch zu einer Trilogie runden könnte, etwa mit einem international nicht unbekannten Liegeakt des 19. Jahrhunderts als Titel? Kunsthistorische Spekulationen zur Verkürzung der Wartezeit... |
TIPP |
Großes Kino. Nicht unbedingt plausibel, was das Kunstdiebinnen-Trio Carole, Alex & Sam so veranstaltet, um für dubiose Auftraggeber etwa Die große Odaliske (von Ingres, Bd.1) oder Olympia (von Manet. Bd.2) zu stehlen. Die großen Museen der (bevorzugt französischsprachigen) Welt werden zur Not per Torpedo geentert, aufgesprengt oder unter Wasser gesetzt. Auftauchende Anti-Terror-Kommandos oder Polizeihubschrauber werden mittels eines handlichen Arsenals von dreiläufigem Vorderlader bis Luftabwehrrakete bekämpft. Die Glaspyramide des Louvre als Motorradrampe zu nutzen, darauf muss man auch erstmal kommen. All das nur, um für den nächsten Coup Glasschneiden weithin sichtbar von einer Fensterputzer-Gondel aus zu üben... Bastien Vivès (Für das Imperium) kann hier seine Vorliebe für junge Heldinnen ausleben: "Ich studiere sie, und ich versuche hinter ihr Geheimnis zu kommen. Außerdem verkaufen sie sich gut." In Vivès´ reduziertem Strich haben aber auch herausfordernde Posen eine gewisse Leichtigkeit und wirken nicht unverhältnismäßig voyeuristisch. Rasante Abenteuer, die impressionistischer Kunst ebenso huldigen wie Genrefilmen. |
Carlsen 50: 2 in 1-AUSGABEN: Spirou & Fantasio / Gaston / Marsupilami / Reddition Ausgabe 66 - ein halbes jahrhundert carlsen comics
V.A. / alle drei : Carlsen * Verlag Volker Hamann
Anlässlich des 2017 zu begehenden Firmenjubiläums gönnt der Hamburger Carlsen Verlag sich und seiner Leserschaft nicht nur die opulente Tim und Struppi-Gesamtausgabe, sondern auch eine Reihe mit preiswerten Doppelbänden "zum Reinschnuppern". Beispielhaft für die Two-in-one-Reihe seien an dieser Stelle die drei Titel der wechselseitig mit Großmeister André Franquin verbundenen frankobelgischen Figuren Gaston, Spirou & Fantasio sowie Marsupilami vorgestellt. Gaston Lagaffe, der seit 1981 im Carlsen Verlag erscheinende chaotischste Redaktionsbote der Welt, liefert wie gewohnt Katastrophen ohne Ende und treibt Vertragsfetischist Bruchmüller, Wachtmeister Knüsel und Redaktionsleiter Demel in den Wahnsinnn - entnommen den beiden Bänden 9 & 10 der Neuausgabe ab 2008. Gastons Vorgesetzter ist auch der Dupuis-Reporter Fantasio, den Franquin im Team mit dem abenteuerlustigen Pagen Spirou von seinem Vorgänger Jijé übernommen hatte. Der Staffelstab bei einer der langlebigsten Comicserien ever ging 1969 weiter an wechselnde Autoren & Zeichner, im vorliegenden, um die Verbrecher-Figur des Z gruppierten Doppelband werden interessante Vergleiche zwischen dem von Tome & Janry verfassten 1992-Abenteuer und der 2012er Hommage von Vehlmann & Yoann ermöglicht. Auch das im Dschungel Palumbiens beheimatete Wundertier Marsupilami entsprang dem gleichen Figurenkosmos (ab 1952) und erscheint seit 1987 separat bei Carlsen. Sein erstes offizielles eigenes Abenteuer wird mit dem 1989 veröffentlichten Band 2 (unter Mithilfe von Batem & Greg) kombiniert. Drei feine Doppelpacks für kleines Geld. www.carlsencomics.de * www.carlsen.de |
TIPPs
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"Sind wir nicht alle ein bißchen Carlsen?" fragt Mittbewerber Salleck Publications gratulierend in Anzeigenform auf der Umschlaginnenseite. Ein Halbes Jahrhundert Carlsen Comics lässt natürlich auch die deutsche Zeitschrift für Graphische Literatur REDDITION in ihrer aktuellen Ausgabe Sechsundsechzig Revue passieren. Die neue Ausgabe zum angestammten Marktführer des Genres, der sein Programm längst um die lukrative Manga-Sparte in japanischer Lesart und die im Buchhandel wieder Türen öffnenden Graphic Novels erweitert hat, präsentiert sich mit einem hafen-nahen Cover von Carlsen-Künstler Flix, auf dem rechts eigentlich noch eine Menge Platz frei ist - wohl für die nächsten 50 Jahre. Neben der gewohnt mit viel Liebe fürs Detail von Volker Hamann & Co. recherchierten Verlags-Historie und einer Fülle von Anekdoten aus dem Munde Beteiligter (Redakteure, Übersetzer, Ex-Führungskräfte) steht am Ende der prall gefüllten 82 Farbseiten eine "Elefantenrunde" mit der aktuellen Carlsen-Mannschaft und Ex-Playern, aufgezeichnet von Jens R. Nielsen. Man kommt immerhin bis zu den 2010er Jahren, einen Ausblick traut sich aber niemand so recht zu. So jung kommen sie jedenfalls nicht mehr zusammen - Many happy returns in Richtung Reinbek, pardon: Ottensen und Barmstedt und...get your kicks on route 66! www.reddition.de |
TIPP |
Grönland Vertigo
Hervé Tanquerelle / Avant Verlag
Auch fast eine Art Geburtstagsgruß. Hervé Tanquerelles (Die Diebe von Karthago) neues Album verbindet autobiographische Handlungsstränge mit einer Hommage an Hergés und Edgar P. Jacobs´ `Ligne claire´, insbesondere die Abenteuer von Tim und Struppi. Dies betrifft jedoch nur die Figurenzeichnung, die Landschaften hingegen werden als in durchaus kräftigen Farben verschwommen übermalte Fotohintergründe gestaltet, was im Kontrast einen leicht surealen Touch ergibt. In Grönland Vertigo verarbeitet der Autor sowohl die Berufung als Comicschaffender, als auch Erlebnisse einer eigenen Expedition in arktische Regionen. Als Georges Benoît-Jean, schaffenskrisen-gebeutelter Comic-Zeichner mit sprechendem Namen (Georges Remi aka Hergé, Ted Benoît, Jean Giraud alias Moebius), unverhofft die Einladung erhält, an einer Expedition in den Nordosten Grönlands teilzunehmen, wittert er neue Inspirationen und sagt spontan zu. An Bord des Segelschiffs Aurora trifft er sein Idol, den norwegischen Schriftsteller Jørn Freuchen (mit Haddock´schen Zügen). Der verfolgt seine eigene Reise-Agenda, ebenso wie der Hauptsponsor der Expedition, der schwierige finnische Performance-Künstler Ville Hakkola, dessen riesige Installation auf einem Gletscher den Höhepunkt der Reise darstellen soll. Doch Hakkolas wachsende Angst vor Sabotage durch die Öl-Lobby wird für die Reisenden zur Zerreißprobe - Georges findet sich schon im ersten Bild hoch oben in der Takelage an den Mast der Aurora geklammert wieder, in den Klauen des Grönland-Schwindels. www.avant-verlag.de |
TIPP
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Ein Diabolischer Sommer / Das Imperium des Atoms
beide: Thierry Smolderen & Alexandre Clérisse / Carlsen
TIPP |
Peng! Die Jury hat gesprochen. Der Gewinnertitel des diesjährigen Comicfestivals München (zuvor bereits in Angoulème ausgezeichnet) von Autor Thierry Smolderen & Zeichner Alexandre Clérisse dürfte alle begeistern, die für das Design der 60er Jahre und den Stil der Pink Panther-Cartoons etwas übrig haben. Konkret ist sehr viel aus dem legendären italienischen Fumetto Diabolik, als Danger: Diabolik 1968 verfilmt von Kultregisseur Mario Bava (mit Scoremusik und dem Song Deep Deep Down von Ennio Morricone) in Ein Diabolischer Sommer eingeflossen, der 2016 schließlich auch in deutscher Sprache erschienen ist. Entsprechend unterhaltsam ist die im Jahre 1967 spielende Freundschafts- & Spionage-Story, rasant und komisch erzählt sowie gespickt mit popkulturellen Verweisen auf die Sixties. Zeichner Alexandre Clerisse taucht Smolderens Szenario in einen erneut wunderbaren Retrolook - das Cover ist ein echter Hingucker - Ein schönes Buch - für Liebhaber. |
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2 Bei dieser Gelegenheit sei auf den Vorgänger-Comic von Thierry Smolderen & Alexandre Clérisse verwiesen: Das Imperium des Atoms, 2014 in deutscher Übersetzung bei Carlsen erschienen. Diesmal setzt der feine Retro-Stift von Clérisse bereits 1952 an. Das sogenannte `Atomzeitalter´ beginnt. Science-Fiction-Autor Paul nimmt mittels telepathischer Gabe Kontakt zu einem galaktischen Helden aus der fernen Zukunft auf. Gangster-Geschäftsmann Zelbub versucht, Paul mittels Hypnose unter seine Kontrolle zu bringen um so Profit aus der Zukunft zu schlagen... Auch wer in den vielen Rückblenden und Wendungen der Geschichte den Faden verliert und nicht alle Details der Hommmage (u.a. an die Werke eines obskuren US-Autoren namens Cordwainer Smith oder die Artikel des Psychotherapeuten Robert Lindner (The Jet-Propelled Couch) goutieren kann, wird sich immer noch an der stupenden Gestaltung dieser 144 Seiten freuen. Postmodernistische Architektur, Space Age- & Sci-Fi, Fifties-Mode & -Design sowie Kunst-Verweise gibt es hier im Überfluß. Ab S.133 tritt (auf dem Planeten Shayol) unvermittelt etwa das Triadische Ballett aus dem Bauhaus-Kontext auf. Insgesamt wunderbar außerirdisch - auch das Prägecover ist ein Gedicht. www.carlsen.de |
TIPP |
Wonder Woman Anthologie / Wilson
V.A. / Panini * Daniel Clowes / Reprodukt
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Achtung, Superheldin im Anflug! Passend zum Filmstart der an der Kinokasse mittels ihres überwiegend weiblich besetzten Produktions-Stabes überragend performenden Amazonen - Prinzessin gibt Panini die deutsche Fassung einer neuen DC-Anthologie zu Wonder Woman heraus. Ein erster Coup ist das Vorwort von Lynda Carter, die WW von 1975-1979 in der gleichnamigen US-Fernsehserie verkörperte. Nachdem das Comic-Autoren-Ehepaar Marston 1941, nur drei Jahre nach Superman, ihr Wonder Woman mitsamt Wahrheits-Lasso in die Obhut eines ersten von vielen folgenden Zeichnern gegeben hatte (eines schon etwas älteren Herrn namens Harry G. Peter), folgten aus heutiger Sicht weniger hölzerne Bilder erst etwa ab 1958 - mit den Zeichnungen von Ross Andru und Mike Esposito. Insgesamt sind hier 18 abgeschlossene, zwischen 1942 und 2015 entstandene Comic-Abenteuer enthalten, die die Entwicklung der Figur illustrieren und die Leserin etwa darüber reflektieren lassen, wieviel die auf ihre spezielle Art emanzipierte Wunderfrau nicht doch mit einem Playboy-Bunny gemeinsam hat. Soundtrack-CD-Rezension http://panini.de |
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"Als Kind hat man so viel vor sich, alles ist ein Versprechen. Später bleibt nichts davon übrig." Frisch im deutschen Kino: die Verfilmung von Daniel Clowes Misanthroppen-Comic Wilson mit Woody Harrelson in der Titelrolle und dem ironischen Untertitel Der Weltverbesserer. Der einsam verbitterte Egomane und Schwätzer Wilson nimmt Kontakt zu seiner Ex-Frau auf, nachdem sein Vater als ihm Fremder stirbt und auch sonstige Sozialkontakte längst abgebrochen sind. Pippi (!) hat derweil ihr gemeinsames Kind, das sie erst abtreiben lassen wollte, zur Adoption freigegeben - Wilson erfährt, dass er `Vater´ ist. Nicht die erste Graphic Novel von Clowes (Patience), die verfilmt wird - bei Ghost World mit Steve Buscemi & Scarlett Johansson gelang dies besser als jetzt mit Regisseur Craig Johnson, der versucht, die Hauptfigur eher als liebenswerten Spinner zu portraitieren. Dessen Wilson fehlt (trotz Clowes maßgeblicher Mitarbeit) eben der Kniff, aus Comic-Strip-artigen Einseitern, abwechselnd realistischer, in Farbe und Strich reduziert oder im Funny-Stil gestaltet, eine Geschichte zu puzzeln. Wilson entdeckt sich als `Familienmensch´, was darin mündet, dass er den Adoptiveltern `seine´ Tochter entführt. Auch der resultierende Gefängnisaufenthalt hat wenig Effekt auf die Selbstwahrnehmung des hoffnungslosen Falls, Wilson lässt seine Mitmenschen bis zur letzten Seite nicht zu Wort kommen. In der bitteren Ehrlichkeit liegt die Stärke dieses seit 2010 u.a. bei Eichborn und in der Comic Edition der SZ verlegten Werkes. Wohl dem, der sich hier nicht - und sei es nur in Spurenelementen - selbst erkennt. Wilson könnte das wohl nicht passieren, er fragt von der bei Reprodukt zum Filmstart spendierten Banderole "Wer zur Hölle ist Woodrow Harrelson ? www.reprodukt.com |
Contro Natura – Band 1 – Das Erwachen
Mirka Andolfo / Panini
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Schweinedame Leslie lebt in einer von anthropomorphen Tieren bevölkerten Welt, die verdächtig an Orwells 1984 erinnert: Staatliche Überwachung ist allgegenwärtig und auch das Paarungs-Verhalten der Bürger wird kontrolliert. Zwar leben die Tiergattungen – ob Hund, Katze, Ziege oder Krokodil – friedlich nebeneinander, doch das Gesetz erlaubt ausschließlich Beziehungen zwischen Individuen derselben Spezies. Wer bis zu seinem 25. Geburtstag nicht selbst einen gefunden hat, für den organisiert der Staat fürsorglich ein Date mit einem „passenden“ Partner. Bei Gesetzes-übertretung heißt die Anklage: Contro Natura – Wider die Natur! Leslie führt eigentlich ein angepasstes Leben, wohnt zusammen mit Mäusedame Trish in einer WG, hat Freunde und einen Job als Kellnerin. Ihr 25. Geburtstag naht und Leslie hat ein Problem: sie quälen Träume, in denen sie sich in den Armen eines mysteriösen weißen Wolfes wiederfindet... Mirka Andolfo schafft es, aktuelle Themen wie Rassismus, staatliche Überwachung und Intoleranz gegenüber Homosexualität in eine wunderschön gezeichnete Fabel mit sexy Protagonisten zu überführen. Altmeister Milo Manara hat die Geschichte mit ihren erotisch inszenierten Figuren so gut gefallen, dass er nicht groß zu einem Variantcover überredet werden musste. - gb |
Lucky Luke Hommage 2 - Jolly Jumper Antwortet Nicht
Guillaume Bouzard / Ehapa
Noch freier als zuletzt Matthieu Bonhomme in seinem trefflichen Der Mann, der Lucky Luke erschoss setzt sich Guillaume Bouzard mit Morris' Comic-Erbe auseinander. Der Pariser Zeichner & Autor der zweiten Hommage anlässlich des 70. Lonesome Cowboy-Jubiläums, ist in Frankeich als Fluide Glacial- Dargaud- oder Spirou-Autor etabliert, in Deutschland aber noch weitgehend unbekannt. Weit mehr als über die reduzierten, wie flüchtig hingeworfen wirkenden Zeichnungen punktet seine skurrile Beziehungs-Story um Luke und dessen abgeklärten Rittpartner Jolly Jumper mit von in anarchischem Spirit durchgezogenen running gags. Luke kommt dabei nicht allzu gut weg, das wird schon auf Cover & Rückseite des Bandes deutlich. Sein Pferd ignoriert ihn und das mit dem `den-eigenen-Schatten-erschießen´ war ebenso eine gebrauchte Idee, wie das gelbe Hemd zu wechseln. Fortan erkennen ihn weder Gefängnispersonal noch die Daltons, deren (teilweisen) Hungerstreik Luke doch untersuchen soll. Alles beim Alten eigentlich nur bei Joe Dalton, der Luke immer noch rund um die Uhr ans Leder will. Auch dies eine Verbeugung in Richtung Maurice de Bevere, von dessen Riesenschulter herunter Bouzard den einsamen Cowboy genüsslich dekonstruiert. |
Die Präsidentin
Francios Durpaire & Farid Boudjellal / Jacoby & Stuart
Frankreich zuerst? "Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Gegebenheiten ist rein zufällig, es sei denn, sie folgt einfach aus der Anwendung des Programms des Front National" heisst es zu Beginn. Auch wenn einige der Annahmen des Historikers & Autoren Francois Durpaire als Ausgangsbasis für einen Wahlsieg Marine Le Pens links des Rheins nicht eingetroffen sind, und insbesondere von der transatlantischen Realität eingeholt wurden - sein Szenario ist nach wie vor nah genug an den Geschehnissen im Nachbarland (und diese hochaktuell in einem Deutschland mit einer AfD im künftigen Bundestag), um es Anno 2017 nach dem Stichwahl-Sieg Emmanuel Macrons gegen Le Pen mit Interesse zu lesen. Der langjährige Tagesthemen-Moderator & Frankreich Kenner Ulrich Wickert schrieb im Mai 2016 ein zweites Vorwort für die im Späsommer des gleichen Jahres erschienene deutsche Fassung: "Sinn dieser politischen Fiktion ist es, den Leser erschaudern zu lassen. Und das gelingt erschreckend gut..." Der algerischstämmige Zeichner Farid Boudjellal taucht Durpaires Polit-Fiction in ein düsteres Schwarz-Grau-Weiß harter Kontraste. Obwohl innerhalb der oft wortlastigen Panels mit Totalen, Foto- und Karten-Hintergründen, sowie Fernsehbild-Optik variiert wird, erwartet die interessierten Leser hier keine allzu leichte Kost. Eher ein durchzuackernder Polit-Hammer, auch mal schwer im Magen liegend - wie so manche gesellschaftliche Wahrheit heute. Wie meinte Wickert? "Es bleibt dem aufgeklärten Staatsbürger nur eins: Das Bewusstsein, handeln zu müssen, bevor es soweit kommt." |
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Die gesammelten Abenteuer des Growesirs Isnogud - Band 10
René Goscinny & Jean Tabary / Laurent Vassilian & Nicolas Tabary - Egmont
"Ich will Kalif werden anstelle des Kalifen!" Bekanntermaßen der schwarze Herzenswunsch des so unangenehmen wie unterhaltsamen Großwesirs Isnogud - ähnlich mordlustig wie Joe Dalton und ebenso chronisch erfolglos, beim Hauptanliegen auf der Stelle tretend. Ursprünglich 1962 aus den Federn von Asterix-Vater René Goscinny und des Zeichners Jean Tabary geflossen (der nach Goscinnys Tod ab 1977 alleine übernahm). Nach dessen Tod 2011 landeten die Rechte wiederum bei Anne Goscinnys Verlag IMAV éditions, wo seit 2012 von Laurent Vassilian geschriebene und von Tabarys Sohn Nicolas gezeichnete neue Bände unter dem Reihentitel Die neuen Abenteuer des Großwesirs Isnogud erscheinen. Lange hieß die Serie früher Die Abenteuer des Kalifen Harun al-Pussah, doch verblassen der tumbe Herrscher oder Isnoguds Diener Tunichgud natürlich hinter dem Anti-Helden & hochrangigen Giftzwerg. Die bisher neunbändige, bis 2010 erschienene Isnogud-Gesamtausgabe, wird nun mit Band 10 fortgesetzt. Zeichentrickserien-Intro * www.egmont-comic-collection.de |
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Das Schräge Mädchen
/ schreiber&leser
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Seit 1983 haben der belgische Zeichner François Schuiten und der französische Autor Benoît Peeters einen kompletten fiktiven Kosmos geschaffen: die Welt der Geheimnisvollen Städte – auf dem technischen Stand des viktorianischen Zeitalters, angereichert mit fantastischen Elementen. Nun hat schreiber&leser eine weitere Episode aus diesem Steampunk-Universum in einer Neu-Edition aufgelegt. In Das schräge Mädchen macht die honorige Familie von Rathen einen Ausflug in den Vergnügungspark und wagt sich auf eine höllische Achterbahn. Nach der wilden Fahrt ist die halbwüchsige Tochter Mary nicht mehr dieselbe: Sie steht und geht plötzlich schräg – und bringt ihre Eltern damit in Verlegenheit. Für Mary beginnt eine Odyssee als Außenseiterin. Erst der Gelehrte Axel Wappendorf erkennt die Ursache des Übels und äußert eine gewagte Hypothese zu dem Fall: Marys Körper gehorcht der Schwerkraft eines anderen Planeten. In dieser anderen Welt zweifelt der Maler Augustin an seinen Werken, die niemand versteht. Seine Geschichte wird von Schuiten/Peeters parallel als Fotocomic angelegt. Zu einer runden Sache fügt sich das Ganze, als sie einen temporären Durchgang zwischen beiden Universen schaffen und die beiden Außenseiter Augustin und Mary aufeinandertreffen lassen. - gb |
Asterix Balinat
René Goscinny & Albert Uderzo / Ehapa
Ach Du jrüne Neune! Die Wartezeit bis zum für Oktober angekündigten neuen Asterix-Band kann sich ein Teil der Millionen Fans zumindest mit dem vorliegenden Berlinerisch-Sammelband verkürzen. Asterix Balinat fasst die beiden 1998 bzw. 2002 erschienenen Einzelbände Die Platte Jottwede (Die Trabantenstadt) und Asterix und det Pyramidenluda (Asterix und Kleopatra) zusammen. Für letzteren war u.a. Dieter Hallervorden als Übasetza-Koryphäe tätig, ein Name, der sich immer noch verkaufsfördernd auf dem Cover auswirken dürfte. Schon die Einstiegs-Doppelseite macht Laune - um det jallische Kaff sind die Röma-Jarnisonen Pankum, Mittum, Moabitum und Schalottnbum uffjereiht. Noch einije Jallier jefällich? Een kleener ausjeschlafena Kämpfa, der keen Schiss kennt, in Hinkelstein-Untanehma Obelixens Bejleitung befindet sich Idefix, der schlaue Hund, ferner Miraculix, der Schemiker im Dorf oder Troubadix, über den die Meinungen bekanntlich jeteilt sind. Abschließend hier der Majestix-Spruch: "Wer sich vor seine Olle nich fürchtet, weeß de Erleichterunk nich zu schätzn, wenna zun´ Waffn jerufn wirt." www.egmont-comic-collection.de |
Die Adler Roms Band 5
Enrico Marini / Carlsen
Die fünfte Folge von Enrico Marinis Alleingang Die Adler Roms ist zur in deutschen Landen stets mit besonderem Interesse analysierten und gern mystifizierten `Varusschlacht´ vorgestoßen. Arminius wird wieder zu Hermann der Cherusker und kämpft dergestalt offen gegen seinen Ziehbruder Marcus. Der Schweizer Autor & Zeichner (u.a. Olivier Varése, Gipsy, Der Stern der Wüste) navigiert in seiner Römer-Serie weiter irgendwo zwischen Moebius- und Manga-Einfluss - im Bestreben, großes Kino zu inszenieren. Detaillierte Schlachtenpanoramen (hier gar eine opulente Doppelseite, mit jeweils einem der Brüder links wie rechts beim Hauen und Stechen), blutige Kampfszenen und eingestreute erotische Begegnungen mit starkem Fantasy-Touch sind weiterhin Marinis Metier und dürften in dieser Zusammensetzung - trotz oder eben wegen der Brutalität? - weiterhin ausreichend Interessenten finden. Glossar und Imperium-Romanum-Karte finden sich einmal mehr auf der Habenseite. |
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