reviews 28 - 8-9 - 06 pop/rock

     
     pop / rock :  
     
    * soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electronica * world * audiobook *

    Melt! / Party-Keller 2 / FM 4 - Soundselection 14
     
     Various Artists - Unter Schafen / Alive / Compost / SonyBMG Austria
     
     

    Der Compilation-Dreier : Das von der Intro-Mannschaft ins Leben gerufene und bestechend organisierte Melt!-Festival auf dem von (badetauglichem) Wasser eingefassten Ferropolis-Areal (Gräfenhainichen in der Nähe von Dessau) war in diesem Jahr wetter- und programmtechnisch ohne Frage einer der Höhepunkte der Konzertsaison. Die Kulisse der ehemaligen Braunkohlebagger alleine ist tagsüber wie nachts schon fast die Anreise wert - in diese Kulisse schmiegte sich ein Top-Line-Up, daß noch mehr als in den letzten Jahren stilistisch in die Breite ging, also weg vom reinen Indie-Geschrammel. Bezeichnend, daß ein Sampler mit immerhin 17 Tracks nur einen Ausschnitt aus der an zwei Tagen angetretenen Künstlerriege präsentieren kann. Die Abglanz-Konter-CD bis zur nächsten Live-Ausgabe.
    www.unterschafen.de www.meltfestival.de www.ferropolis.de

    Der Rare Groove-Spezialist Florian Keller mit Folge zwo aus seinem Münchner Party-Keller, den Opener macht uns wie bei der ersten Compilation wieder ein gut abgehangener Reggae-Track, dann übernimmt der Funk in all seinen Facetten. Mit "Organ Donor" von Lefties Soul Connection wird ebenfalls Verbindung zum ersten Teil gehalten, wo das Moroder Original zum DJ Shadow-Sample enthalten war. Interessanterweise spürt Keller Boogie & Funk ohne Scheuklappen in anderen verwandten Musikrichtungen hinterher, was uns diesmal Afrobeat, Disco & einen warmen souligen Ausklang beschert - "Unconditional Love".
    www.party-keller Radio-Show on: http://samurai.fm/partykeller

    FM4, der Zündfunk jenseits der Alpen, schickt mittlerweile auch schon die 14. Folge seiner Cd-Zusammenstellungen mit der gleichen, bewusst heterogenen Musikauswahl abseits des Chart-Mainstreams anderer Privat- und Formatsender - auf einer Doppel-CD zusammengestellt. CD 1 bietet einen internationalen Streifzug durch die FM4 Charts und Playlists, also gibts einige Überschneidungen mit dem oben ausgelobten Melt!-Programm. Gleiche Wellenlänge sozusagen, plus Matisyahu, Deus, Hard-Fi, YeahYeah Yeahs etc.
    CD2 verschafft der jungen Ösi-Musiklandschaft eine Plattform. 8 Tracks sind quasi FM4 Eigengewächse, stammen sie doch aus dem FM4 Soundpark, dem wichtigsten Internet-Forum für österreichische Musik. "Österreich ist geil"..mag ja sein, bei diesem ironischen Lustwandler-Opener fragt man sich nur, warum nirgends angegeben ist, daß der Backing-Track doch wohl Linton Kwesi Johnsons "Inglan Is A Bitch" ist ?? Soviel Zeit muss sein. Die Cover-Version von Falcos Hit "Junge Römer" ist hier exclusiv vertreten.
    http://fm4.orf.at/ http://shop.orf.at/fm4/
     


    listen & order



    listen & order


    listen & order

     
     Lambchop - Damaged
     
     City Slang / Rough Trade

     
     

    Beim Nürnberger Bardentreffen bestand nach mehreren ausverkauften Deutschland-Konzerten einmal Gelegenheit das hochgelobte Bandkollektiv um Sänger und Songwriter Kurt Wagner umsonst und draussen zu erleben. Und wenn nicht grad die Turmglocke zu läuten wagte, hatte Wagner den andächtig lauschenden Hauptmarkt für sich, seine brüchigen, leisen Vocals und seinen kaum variierten ruhigen Soundteppich, der auch das neue Album "Damaged" ausfüllt und auf Platte mit differenzierterem Klangbild unserer bescheidenen Meinung nach allemal besser funktioniert als bewegungslos-"live". Gegründet 1986 als Trio in Nashville, wurde seine Band Lambchop Band über die Jahre und sieben Alben zu einem wahren Musiker-Sammelbecken, aus dem sich Wagner für die Untermalung seiner diesmal wieder persönlicher geprägten Lyrik bedienen kann. "Damaged" ist eine in der Grundstimmung traurige, introvertierte Platte für mehrfaches Hören, die wohlweislich nicht im Herbst oder Winter veröffentlicht wurde. Weniger Songs als musikunterlegte Texte, Flächen, die teilweise noch etwas bis zur Einordnung brauchen, "Meisterwerk" werden wieder genügend andere rufen.

     

    listen & order
     
     
    Soffy O - "the beauty of it"
    Virgin / EMI

     
     

    Sophia Larsson Oklind aka Soffy O. (of TokTok fame) mit einem von Mocky (with a little help from Jamie Lidell here & there), Produzent der Stunde, hübsch rundgemachten Pop-Album, das eine Menge Leute interessieren könnte. Zumal vor allem beim Gesang immer wieder Prince als Soundideal durchschimmert, der die eigenen Platten ja nicht mehr so gut hinbekommt. Hier hat es zumindest bei den Tracks unserer Playlist genügend Melodie und nicht zuviel Electroclash, 60s Reminiszenzen wie bei der ersten Single "Everybody´s Darling", Cobra Killer-Background-Vocals - das Songwriting von Mocky alias D. Salole macht den Unterschied zu den bisherigen One-Hit-Wonder-Aktivitäten der schwedischen Berliner Szene-Elektro-Missy aus.
    Play Tracks 1, 2, 4, 6, 7, 8.


    Mark Foggo´s Skasters - You Shot Me
    Skanky´ Lil Records / Cargo

    "You Shot Me" ist das mittlerweile 12. Studioalbum des Liverpooler Ska-Arbeiters Mark Foggo, der uns grade noch ein kurzes Football-Intermezzo auf CD reingereicht hat. Hat sich Foggo auch im Format-Kontext seines bewährten Sounds mit vielen seiner früheren Kompositionen vom Gros des immergleich skankenden Ska-Fußvolks abzuheben vermocht, funkt nach den ersten drei abwechslungsreichen Tracks hier nicht mehr viel. Was nicht überrascht, hatte das in Belgien residirende Live-Energiebündel im Grunde doch bereits Ende der 80er Jahre seinen Foggo-Sound gefunden - es bleibt ja immer noch der Pub-Circuit, wo der Ruf als Killer-Performer zu verteidigen ist. Einige deutsche Livedaten im August & September.
    Check out markfoggo.com Play Tracks 1, 2, 3, 8.
     

    listen & order






    listen & order
     
     Sufjan Stevens - The Avalanche
     
     Rough Trade / Sanctuary

     
     
    Mit Sufjan Stevens´ "Outtakes And Extras From The Illinois Album" wird endgültig die besinnliche Ecke dieser Populär-Rubrik eingeläutet. Come on feel the Illinoise - die zweite: War schon das sozusagen reguläre "Illinois"-Album eine gelungene, aber prallvolle Angelegenheit, wundert es doch ein wenig, daß sich Stevens nicht ans Aufholen bei seinem erklärten Vorhaben macht, alle Bundesstaaten der USA musikalsch abzuarbeiten, sondern schon einem der ersten "Abgehakten" ein 75-minütiges Supplement (durchaus mit einigen Längen) folgen lässt. Aber wo soll der Mann hin mit seiner Energie... Wieder einige einfallsreich arrangierte Pop/Folk-Perlen, aber auch Füller-Instrumentals und Alternativ-Versionen, die wohl nur Hardcore-Fans gebrauchen können. Weniger wäre mehr gewesen... Play Tracks 1, 2, 5, 6, 14, 20

     

    listen & order
     
     
     
    Thea Gilmore - Harpo´s Ghost
    Sanctuary

    Wie Sufjan Stevens hat auch die im Sound sehr amerikanische Britin Thea Gilmore ein Album mit dem Titel "Avalanche" veröffentlicht, was inzwischen mehr als zwei Jahre her ist - dazwischen lagen persönliche Probleme bis zur Depression, die mit dem neuen Album "Harpo´s Ghost" überwunden scheinen: Eingängiger Singer/Songwriter-Rock mit Folkwurzeln und hymnischen Refrains, die die Grenze zum Mainstream längst überquert haben. Stimmlich zwischen Tori Amos und Suzanne Vega angesiedelt, ist Joni Mitchell ein vielgenanntes Vorbild, nur ist die Gilmore eben viel rockiger unterwegs. Im September und Oktober erstmal ausgiebig im UK, wo man mit dem Billigflieger derzeit nur unter Entsagungen hinkommt. Deutschland-Gigs können bei dem Material aber nicht mehr lang auf sich warten lassen.
    www.thegilmore.com

    Minor Majority - Reasons To Hang Around
    Strange Ways / Indigo

    Minor Majority, die Band um Songwriter Pål Angelskår hat im heimischen Norwegen bereits Goldstatus erreicht. Da dies beim derzeitigen Markt und der dünnen Bevölkerungsdichte um die Fjorde rum noch nicht so richtig zum regelmäßigen Ofenheizen reicht, knüpft man grosse Hoffnungen an die Rezeption im Ausland, insbesondere bei uns, wo ja auch die stets ihre Fühler nach Skandinavien ausstreckenden Macher von Strange Ways residieren. Das vierte Minor Majority-Album "Reasons to Hang Around" liefert gleich ein rundes Dutzend solcher Gründe. Schöne, stimmige, ein bißchen verhangene Musik mit Nähe zu beispielsweise den Tindersticks, REM oder auch den seligen America. Musik, die im September auch auf zunächst vier Deutschland-Terminen (leider nicht wirklich in Süddeutschland) live zu erleben ist. Play all Tracks. http://www.strangeways.de/kuenstler/platten/86928/
    http://www.minormajority.no/
     




    listen & order






    listen & order
     
     

    Jesse Harris - Mineral
    Content / Edel

    Und noch einmal Singer/Songwriter-Stuff: Gitarrist Jesse Harris hat zu Norah Jones´ immens erfolgreichem Debütalbum fünf Titel als Autor beigetragen, das hilft nicht unerheblich bei eigenen Plattenverträgen oder der Buchung der Compass Point Studio in Nassau (Bahamas) fürs eigenproduzierte erste Solo-Album. Als Studiomusiker schon länger gut beschäftigt und nach Alben mit seiner früheren Band „The Fernandinos“ scheint Harris mit 32 in der Triobesetzung mit Larry Goldings (piano, organ, vibes, kalimba ) und Kenny Wollesen (drums, percussion, marimba ) angekommen zu sein, die einen ungemein detailreichen Sound, der nach deutlich mehr Manpower klingt, aus den Boxen klingen lässt. Der New Yorker arbeitet bereits an den Songs für den Soundtrack des ersten Ethan Hawke-Films „The Hottest State“. Willie Nelson, Emmylou Harris, Norah Jones, Feist u.a. sind für diese Tracks vorgesehen.
    www.jesseharrismusic.com

    Son of the Velvet Rat - Playground
    monkeymusic

    Da ja "Quiet the new loud" ist derzeit (Preis für die dämlichste neue Schublade), Folk also Konjunktur hat, legen sich stille Sänger aller Nationen derzeit americana-mässig voll ins Zeug. Georg Altziebler, der Mann hinter "Son of the Velvet Rat" kommt aus Graz und hüllt sich bevorzugt in einen rechtschaffen traurigen Nebel, um dahinter vollverinnerlicht und so Cohen-mäßig getragen & female background-vocal-verstärkt hervorzusingen. Taugliche Melodien in feiner Instrumentierung hat es durchaus, nur der Gesang ist oft einen Tick zu maniriert, jeder Atmer wird zelebriert, auch wenn alles mal zur Abwechslung eine Stimmlage höher stattfindet. Herausragende Tracks: "Raedy To Go" & "Jet Pilot".
    "Da muss es einen Flecken Wüste inmitten der Alpen geben (Berliner Zeitung). www.velvetrat.mur.at


     






    listen & order





    listen & order
     
     The Low Frequency In Stereo - The Last Temptation of...Vol.1
     
     Rec 90 / Cargo
     
     

    Das Astronautencovertäuscht eher - schwerelos ist hier wenig - "The Last Temptation of...Vol.1" ist auch nicht etwa das erste, sondern bereits das dritte Album der Norweger um Sängerin Hanne Eidsvag Andersen - Vergleiche mit Stereoab (so bei "Axes") wurden sicher schon zur Genüge gezogen, dennoch ist der Sound meist rhythmusbetonter (wildes Garagen-Drumming), gitarrenlastiger & rockiger. Doors-Orgel, Can, B-52´s (im Wechselgesang von "3.21"), mal Psychedelik-Gegniedel (1o minuten "Last Temptation"), das bei den letzten beiden Songs dann auch zu lang gerät, mal Surf bei den Gitarrensounds sind weitere Zutaten. Mal sehen was vom Retro-Ensemble das nächste Mal angerührt wird. Play Tracks 3, 4, 5, 6, 8.
     

    listen & order
     
     Sorgente - First...And Then
     
     Soulshine / Groove Attack

     


    Das lange vorbereitete Debüt „First...and then“ der sieben Münchner von Sorgente bietet eine tanzbare-Melange aus Hip Hop, Funk, Dancehall Reggae, Salsa und 90´s Pop - Stakka Bo, Manu Chao, Jamiroquai, Public Enemy - ziehen in einer ganz schnellen ungeprüften Soundalike-Assoziationskette vorbei - bis auf letztere selber mittlere Verwurster bekannter Trends um sie herum. Bis zu Santana oder Hendrix reichen zitierte Einsprengsel, nicht mal James Brown-Samples haben ausgedient. Originär ist hier nix, Spass machen soll die Mischung. Live sicher nicht schlecht - nur: 1a-Melodien für die eigenen Werke kann man sich nicht ganz so einfach ausleihen, deswegen bleibt hier auch zuwenig hängen, um länger gefesselt zu sein. Richtungsdiskussion dürften bei dieser Band vorprogrammiert sein - and then ?
    www.sorgente.com Play Tracks 2, 3, 5, 6, 11.


    Bossa n´Marley
    Bossa n´Stones
    Various Artists - Chet / Sony BMG

    Caipirinha con Ganja... Nun also das Nouvelle-Vague-Konzept der Neo-Chanson-Bossafizierung auf von uns gegangene bis schon länger tätige Säulenheilige der Populärkultur angewendet und die Erotikschraube angezogen - mit lecker Bikinibelly-Covers machen wir ne Serie draus...weibliche Anschmiege-Flüsterstimme auf die meist verlangsamten bis sacht angehousten a) Reggae-Klassiker seiner Bobness, b) Stones-Rocker appliziert und fertig. Schliesslich ist auch auf Ibiza langsam Verkaufsflaute in Sachen Beach-Lounge. In den Beipack-Pressetexten bemüht man sich noch erstaunlich intensiv um a) Marley´s Freiheitsgedanken oder b) die gemeinsame 60´s-Herkunft von Bossa und dem Sound der Stones - okay...(vor allem bei Herrn Jaggers Geschmack bzgl. südamerikanischer Rundungen sind wir da wieder beisammen, beim kleinen Sound-Seitensprung!), aber natürlich ist das kommerzielle Potential der fix mit 19-jährigen Fantasy-Name-Studiosängerinnen fabrizierten Sound-Mixtur die treibende Kraft beim Tun von Mr. Miko Jackson, Producer der süssen Soße, dem die ganze Sache vermutlich nicht nur finanziell pass macht, zumal auch Ideen nicht ohne Reiz aufkamen wie das Sticky-Finger-Zitat vom Cover zwo. Die beidemal durch meist zu offensichtlich-gehauchten Bacardi-Räkel-Vocals von z.B. Uschi (!) Realsatire vorbeischrammenden Smooth-Versionen ( "Anndschäey"!!, "Start e Up" oder was soll sich da bei "Get up, Stand up" & dem vibrierenden Rastaman wohl aufrichten?..) werden sicherlich extrem gut verkaufen - wer mag schon keine Eiskrem? In Südamerika erklärtermassen bereits bei Platin, wird die zweite Folge der "Bossa n´ Stones" schon vom findigen, mittlerweile in Babelsberg tätigen Importeur v. Straten als Import angeboten, während die deutschen Rechteerwerber Chet/SonyBMG/Kosmo noch die erste Folge durchpromoten.
    TV-Vertoner und Satireschreiber werden es lieben - mal sehen, wann sich der erste deutsche Studiohorst bei Versuchen, die Fehlfarben, oder Lindenberg durch Uschis Bossa-Wolf zu drehen, an den auf einmal brutal verständlichen Texten blutige Nase abholt...
     

    listen & order









    listen & order


    listen & order